# taz.de -- Vorwürfe gegen Staatliche Ballettschule: Neue Spitze gegen Schule | |
> In einem Brief an Senatorin Scheeres (SPD) fordert ein Vater weitere | |
> Konsequenzen. Verwaltung weist Kritik an Aufarbeitungskommission zurück. | |
Bild: Eine Schülerin der Staatlichen Ballettschule bei einem Auftritt bei der … | |
BERLIN taz | Nach Vorwürfen von Trainingsdrill und Kindeswohlgefährdung an | |
der Staatlichen Ballettschule Berlin melden sich jetzt Eltern zu Wort und | |
fordern weitere Konsequenzen. „Ich kann bisher nicht ausreichend erkennen, | |
dass Sie mit der Aufklärung den richtigen Weg eingeschlagen haben“, | |
schreibt ein Vater in einem offenen Brief an Bildungssenatorin Sandra | |
Scheeres (SPD). | |
In dem Schreiben von Sonntag, das der taz vorliegt, fordert der Vater eines | |
Schülers die Freistellung der stellvertretenden Leiterin Antje Seike und | |
des Leiters der Fachrichtung Bühnentanz, Marek Rózycki. Vergangenen Montag | |
hatte Scheeres bereits den Schulleiter Ralf Stabel und den künstlerischen | |
Leiter Gregor Seyffert mit sofortiger Wirkung freigestellt. | |
Solange Teile der alten Schulleitung noch im Amt seien, könne eine | |
wirkliche Aufarbeitung der Vorwürfe aber nicht gelingen, glaubt der Vater. | |
Die alte Leitung sei immerhin Teil ebenjener Machtstrukturen an der Schule | |
gewesen, die Kritik von SchülerInnen immer unterdrückt habe. | |
Im Januar hatte zuerst der RBB von überharten Trainingsmethoden, nicht | |
eingehaltenen Pausenzeiten nach dem Jugendschutzgesetz und Bodyshaming an | |
der Eliteschule des Sports in Prenzlauer Berg berichtet. Immer wieder gebe | |
es Fälle von Magersucht und Essstörungen. Vor allem aber würde die | |
Schulleitung Kritik lieber abbügeln, als die Kinder im Zweifel zu schützen. | |
Kritisiert wird in dem Elternbrief auch die Zusammensetzung der von | |
Scheeres Ende Januar eingesetzten Kommission, die die Vorwürfe prüfen und | |
Handlungsempfehlungen für die Schule erarbeiten soll: Die Kommission sei | |
alles andere als unbefangen, da sie zum großen Teil mit Leuten besetzt sei, | |
die Scheeres’ Behörde unterstehen. | |
## Kommission nicht unabhängig genug? | |
Tatsächlich ist nach taz-Informationen die Hälfte der achtköpfigen | |
Kommission mit ExpertInnen besetzt, deren oberster Dienstherr die | |
Bildungsverwaltung ist oder die zumindest eng verbandelt sind mit der | |
Behörde als Auftraggeber. Zum Beispiel sitzt der Leiter eines | |
Schulpsychologischen Beratungs- und Betreuungszentrums (Sibuz) mit am | |
Tisch; die Sibuz sind bei der Verwaltung angegliedert. Auch der Leiter | |
einer anderen Berliner Eliteschule des Sports sitzt mit in der Kommission, | |
sowie ein Jurist, der die Verwaltung in arbeitsrechtlichen Belangen | |
vertritt. | |
Die Befürchtung ist also, dass grundsätzliche Fragen nach der Berechtigung | |
von Eliteschulen erst gar nicht gestellt werden – oder die | |
Kommissionsmitglieder nicht mit der nötigen Konsequenz gegen die eigene | |
Dienstherrin vorgehen mögen. | |
Im Hause Scheeres konnte man die Kritik an der Zusammensetzung der | |
Kommission am Montag nicht nachvollziehen. „Es geht uns ja gerade um eine | |
systemische Betrachtung“, so ein Sprecher. Deshalb sei es sinnvoll, sowohl | |
interne als auch externe ExpertInnen dort zu versammeln. Immerhin seien ja | |
auch eine Vertreterin der Kinderrechtsorganisation Save the Children und | |
ein Vertreter vom Kinderschutzzentrum dabei. | |
Erste Kritik am beginnenden Aufarbeitungsprozess war bereits vergangenen | |
Dienstag laut geworden. Der Vertreter der Bildungsverwaltung, Christian | |
Blume, sah sich heftiger Kritik nach seinem Auftritt auf einer | |
Vollversammlung der Schule ausgesetzt. Der Eindruck, den SchülerInnen wie | |
auch Eltern gewannen: Blume, und damit auch die Senatorin, stehe nicht | |
hinter den SchülerInnen, sondern kritisiere die lange „anonym“ gebliebenen | |
BeschwerdeführerInnen. Blume hatte von „Unterstellungen“ gegenüber der | |
Schulleitung gesprochen und dass es „schwierig“ sei, wenn Vorwürfe anonym | |
blieben. | |
Ein Sprecher von Scheeres versuchte diesen Eindruck zwar schnell wieder | |
einzufangen. Doch die Causa Ballettschule hat inzwischen auch das | |
Abgeordnetenhaus erreicht. | |
Die jugendpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Marianne | |
Burkert-Eulitz, hatte gemeinsam mit ihrer Linken-Kollegin Regina Kittler | |
und der SPD-Bildungspolitikerin Maja Lasić „mehrere Stunden lang“ mit | |
Betroffenen gesprochen. Burkert-Eulitz hatte nach dem Auftritt Blumes | |
ebenfalls Zweifel am Aufklärungswillen der Bildungsverwaltung geäußert. | |
Dass „sehr viel Vertrauen verlorengegangen“ sei, zeige nun auch der offene | |
Brief, sagte sie der taz. | |
## Angst vor Eskalation | |
Scheeres’ Sprecher wiederum betonte, der Brief sei „offenbar eine | |
Einzelmeinung“. Das jedenfalls hätten Elternvertreter „mit Mandat der | |
Gesamtelternvertretung“ versichert, die am Montagvormittag in der | |
Bildungsverwaltung vorstellig wurden. Die Elternvertreter hätten jetzt die | |
Befürchtung, dass eine öffentliche Eskalation durch offene Briefe die | |
Aufarbeitung nur weiter erschwere – eine Haltung, die zumindest der | |
Senatorin zupass kommen dürfte. | |
Kittler wiederum kritisierte das lange Beharren der Bildungsverwaltung auf | |
der vermeintlichen „Anonymität“ der Beschwerdeführenden. „Es gab immer | |
Personen, die wussten, dass sich niemand die Vorwürfe aus den Fingern saugt | |
und dass das glaubhaft ist.“ Sie wisse, dass schon seit dem vergangenen | |
Frühjahr SchülerInnen versucht hätten, über die Vertrauenslehrerin | |
„Botschaften“ von Missständen an die Schulleitung zu übermitteln. | |
Offensichtlich ohne Erfolg. | |
In jedem Fall ist man jetzt gründlich aufgewacht in Scheeres’ Verwaltung. | |
So wurden der bisher für die Ballettschule zuständigen behördlichen | |
Schulaufsicht zwei Mitarbeiterinnen der Schulaufsicht Treptow-Köpenick zur | |
Seite gestellt – quasi als eine „externe“ Kontrollinstanz. | |
Der Vater kündigt in seinem Brief an, gegen die bisher für die | |
Ballettschule zuständige Aufsicht eine Dienstaufsichtsbeschwerde einlegen | |
zu wollen. | |
24 Feb 2020 | |
## AUTOREN | |
Anna Klöpper | |
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