# taz.de -- Schlammschlacht bei Hertha BSC: Berliner Witzverein Hertha | |
> Mit einer geleakten Brandschrift kämpft Jürgen Klinsmann um seinen Ruf. | |
> Er lässt dabei Hertha BSC und Manager Michael Preetz sehr schlecht | |
> aussehen. | |
Bild: Böse Attacke: Jürgen Klinsmann (l) wirft Michael Preetz (r) Inkompetenz… | |
Als die drei wichtigsten Männer von Hertha BSC vor knapp zwei Wochen an die | |
Presse traten, waren die Rollen klar verteilt. Auf der einen Seite stand | |
der dumme Junge Jürgen Klinsmann, der seinem Hormonspiegel nicht gewachsen | |
war. Auf der anderen Seite übten sich Präsident Werner Gegenbauer, Manager | |
Michael Preetz und Lars Windhorst im gemeinsamen sehr erwachsenen | |
Kopfschütteln. „Das kann man als Jugendlicher vielleicht machen, aber im | |
Geschäftsleben sollte so etwas nicht passieren.“ So tadelte Windhorst | |
Klinsmann, weil dieser [1][nach nur 76 Tagen via Facebook seinen | |
Trainerjob] völlig überraschend kündigte. | |
Klinsmann wurde auch von Vereinsseite als Zielscheibe für Spötter | |
freigegeben. Die Lage ist jedoch etwas komplizierter. Der Sport-Bild wurde | |
ein [2][22-seitiges Dokument (Sport-Bild)] zugespielt, das Klinsmanns Sicht | |
der Dinge widerspiegelt. Das vom Springer-Verlag als „Geheimes Tagebuch“ | |
gelabelte Schriftstück dürfte wiederum der Hertha jede Menge Spötter | |
bescheren. Denn auch Michael Preetz, in dessen Ära der Verein bereits | |
zweimal abstieg, ist eine dankbare Zielscheibe. | |
Klinsmann empfiehlt in seiner Rückschau, die Geschäftsleitung müsse „sofort | |
komplett ausgetauscht werden“. Er wirft Preetz grundsätzlich „jahrelange | |
katastrophale Versäumnisse“ in allen Bereichen vor, die mit Leistungssport | |
zu tun hätten. Der von ihm kontaktierte RB-Leipzig-Macher Ralf Rangnick | |
habe Interesse an Hertha gezeigt, aber eine Zusammenarbeit mit Preetz | |
ausgeschlossen. Konkret bezichtigt Klinsmann Preetz einer miserablen | |
Kaderplanung, der Etablierung einer Lügenkultur und „niveauloser | |
Beleidigungen“ der Schiedsrichter am Spielfeldrand. | |
Der Klub verfüge über eine veraltete, inkompetente medizinische Abteilung, | |
eine inaktive Medienabteilung, einen völlig falsch zusammengesetzten | |
Spielerkader, eine nicht profitaugliche Infrastruktur. Zudem pflege der | |
Verein ein Besitzstandsdenken ohne jegliches Charisma. | |
## Grabenkämpfe bei Hertha | |
Vernichtender ist wohl noch nie ein Bundesligaverein von einem ehemaligen | |
Angestellten auseinandergenommen worden. | |
An einigen Stellen wird sichtbar, wie sehr verletzte Eitelkeiten Klinsmann | |
die Feder geführt haben. So taucht in seiner langen Liste der | |
Enttäuschungen auch der unerfüllte Wunsch auf, seinen Sohn Jonathan | |
Klinsmann als dritten Torwart nach Berlin zurückzuholen. Der zentrale | |
Vorwurf von Jürgen Klinsmann ist, dass seine Vertragsverlängerung, zu der | |
ihn Investor Windhorst überredet hätte, vom Verein bewusst auf die lange | |
Bank geschoben wurde. Klinsmann erzählt in dem Zusammenhang von einer | |
Elefantenrunde mit Gegenbauer, Preetz „und uns“. Zu letzterer Fraktion | |
zählt er Investor Lars Windhorst. | |
Die [3][Kluft zwischen Windhorst und Hertha-Verantwortlichen], die | |
Klinsmann beschreibt, zählt zu den interessantesten Passagen seiner | |
Brandschrift, weil sie so gar nicht zum offiziell gezeichneten Bild der | |
Harmonie passen. Präsident Gegenbauer etwa habe nach einer Partie Windhorst | |
den Zutritt zur Mannschaftskabine verboten. Eine Hertha-Bedingung für eine | |
Vertragsverlängerung von Klinsmann soll auch gewesen sein, dass dieser dann | |
nicht mehr als Vertreter von Windhorst in Erscheinung treten dürfe und | |
ausschließlich für den Verein arbeiten müsse. | |
Die Grabenkämpfe bei der Hertha wird man nach den Klinsmann-Papieren kaum | |
noch kaschieren können. Der Versuch von Jürgen Klinsmann, gegen sein Image | |
als Witzfigur anzukämpfen, hat vorerst zumindest eines erbracht: Hertha BSC | |
wird gerade zum Witzverein. Lustig war schon die Reaktion von Michael | |
Preetz am Mittwoch: „Ich halte das aus, ich bin stabil.“ | |
26 Feb 2020 | |
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## AUTOREN | |
Johannes Kopp | |
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