# taz.de -- Gala der Berliner Hausprojekte: Eine Villa, ein Weg, eine Party | |
> Bei der Gala „Kein Haus weniger“ im Festsaal Kreuzberg trafen sich die | |
> Hausprojekte Berlins. Das Programm dauerte fast so lang wie der | |
> Häuserkampf. | |
Bild: Miethaie zu Fischstäbchen – das kann man feiern (Archivbild) | |
Auf einer [1][animierten Karte im Internet] finden sich alle besetzten | |
Häuser in Berlin seit 1970. Mit einem Zeitstrahl kann der Verlauf | |
nachvollzogen werden. Dass die Frage danach, wem die Stadt gehört und dem | |
Sinn von Miete und Privateigentum in Berlin gestellt und beantwortet wird, | |
leuchtet auf dieser Seite schnell ein. Ein Leben ohne | |
Großgrundbesitzer*innen und Monatsmiete scheint möglich. | |
Auf diese Erfolgsgeschichte der Berliner Hausprojekte in allen Stadtteilen | |
berufen sich die Veranstalter von „[2][Kein Haus weniger]“: Am Sonntag | |
trafen sich nun Besetzer*innen von gestern und heute zur Gala im Festsaal | |
Kreuzberg. Zusammen mit einer Vielzahl von Unterstützer*innen aus der | |
Mietenbewegung, der Kulturproduktion und der Wissenschaft luden sie dazu | |
ein, sich für die vergangenen und künftigen Kämpfe zu feiern. Auch für | |
jene, die verloren wurden. | |
Rund 591 per Klick gezählte Gäste zahlten am Abend eine Spende am Eingang, | |
ungezählte kamen ohne Obulus hinein. Rund 150 Veranstalter*innen und Helfer | |
hatten seit dem Nachmittag alles vorbereitet. Im Nebensaal mit | |
Stante-Pede-Bühne wurden Speisen von den beteiligten Gruppen feilgeboten. | |
Schautafeln zeigten die einzelnen Geschichten der Hausprojekte. | |
„Wo eine Villa ist, ist auch ein Weg“, verkündete ein Transparent über der | |
Galerie im Festsaal. Die beiden Moderatorinnen der Gala, Gisela Sommer und | |
Jackie O. Weinhaus, führten durch den fünfstündigen Abend mit Musik und | |
kurzen Ansprachen, der ein Hin- und Hergehen zwischen Saal, Nebenräumen und | |
Veranda möglich machte. Trotz des zum Herumlaufen und Plauschen einladenden | |
Arrangements hielten Musiker wie „Pastor“ mit seinem an die spätmodernen | |
Disco-Rap-Orgien der Gruppe „Deichkind“ erinnernden Kunstperformance das | |
Publikum kontinuierlich im Saal. | |
Mit Applaus wurde auch nicht gespart für die Ansprachen von Vertreter*innen | |
der Hausprojekte. So machte etwa Kai von Anti-Akelius klar, dass die | |
„14.500 Wohnungen in 900 Berliner Häusern“ des Akelius-Konzerns zu einer | |
Vernetzung mit anderen renitenten Mieter*innen des Konzerns „in Hamburg, | |
London, Toronto und New York“ geführt haben. „Die Häuser müssen in | |
Selbstverwaltung überführt werden!“, ist die Forderung des | |
Mieter*innenvertretung, „Gemeineigentum“ oder „Kollektivbesitz der | |
Projekte“ sind die Zielvorstellungen. Mieten dürften „die Instandhaltung | |
nicht übersteigen“. | |
„Nach 15 Jahren Aktivismus ist das eine verdientes Fest!“, resümiert Patty | |
von der digitalen Ökoinitiative „Bits und Bäume“, der bei den Veranstalte… | |
von „Staub zu Glitzer“ nochmal aushilft, um den Abend über die Bühne zu | |
bringen. Peter Lucas, Projektveteran, der zusammen mit einer freien | |
Performancegruppe aus den Projekten der Mansteinstraße und der Lottumstraße | |
gekommen ist, freut sich ebenfalls: „Utopia bleibt machbar!“. | |
Lavendel von einer Antifa-Jugendgruppe aus Charlottenburg will | |
weitermachen. Denn was die von den Veranstalter*innen verlinkte oben | |
genannte Karte auch zeigt, ist, dass viele Hausprojekte wieder vertrieben | |
worden sind, die Zahl aber insgesamt hoch bleibt und wieder wächst. | |
Auf der Stegreif-Bühne macht eine Sängerin auch auf selbst verursachte | |
Probleme aufmerksam. „Kein Gott, kein Staat, keine Arbeit, kein Geld“, | |
singt sie gekonnt. Denn bei der Selbstverwaltung sinken Produktivität und | |
Konsummöglichkeiten. An die Stelle des Marktes tritt die Moral. Die | |
erheblichen Getränkepreise des Festsaals und die disziplinierte | |
Organisation führten immerhin zu einem überwiegend nüchternen und durchweg | |
gelungenen Festakt ohne Sponsoren. | |
17 Feb 2020 | |
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[1] http://berlin-besetzt.de/ | |
[2] /Prominente-unterstuetzen-linke-Projekte/!5655605 | |
## AUTOREN | |
Anselm Lenz | |
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