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# taz.de -- Regisseurin über den Start der Berlinale: „Freude, Aufregung, Ü…
> „Kids Run“ von Barbara Ott eröffnet die renommierte Sektion „Perspekti…
> Deutsches Kino“ der Berlinale. Was geht ihr vor der Premiere durch den
> Kopf?
Bild: „Ich habe ein Faible für Zorn und Aggression“: Regisseurin Barbara O…
taz: Frau Ott, sind Sie sehr aufgeregt?
Barbara Ott: Ja. Klar. (lacht)
Ihr Film „Kids Run“ wird kommenden Freitag auf der [1][Berlinale gezeigt],
als Weltpremiere und Eröffnungsfilm der renommierten Sektion Perspektive
Deutsches Kino.
Ich bin hin- und hergerissen zwischen ganz stolz sein und der Freude, dass
das geklappt hat. Dann bin ich natürlich aufgeregt. Und manchmal habe ich
ein bisschen Angst und mir ist ein bisschen übel.
„Kids Run“ ist Ihr erster Film in Spielfilmlänge. Besser als mit einem
Berlinaleauftritt kann es dafür eigentlich gar nicht laufen.
Klar ist das super.
Wann haben Sie die Nachricht bekommen, dass Ihr Film dort läuft?
Das weiß ich gar nicht mehr so genau. Irgendwann Ende vergangenen Jahres.
Wie lange haben Sie an dem Film gearbeitet?
Ziemlich lange. Es fing 2014 an, 2018 haben wir gedreht, dann kamen Schnitt
und Ton, und und und...
[2][„Kids Run“] handelt von einem mit seinem Leben überforderten,
aufbrausenden Vater dreier Kinder. Er schuldet seiner Ex-Freundin Geld; die
droht ihm, die gemeinsame Tochter wegzunehmen. Kein wirkliches
Feel-Good-Movie. Wie kamen Sie auf den Stoff?
Mich interessiert das Elternsein per se – und das Überfordert sein als
Eltern: dieser Kampf, wie man Arbeit, Job, Geld verdienen, Kinder erziehen
auf die Reihe kriegt. Und mich interessiert die Vaterfigur. Das sind
Menschen, von denen man oft ein Klischee im Kopf hat: Die seien aggressiv,
prollig, kriegen nichts auf die Reihe, sind schlimm zu den Kindern. Ich
finde es toll, diese Schichten langsam abblättern zu lassen, dem Mann in
die Seele zu schauen, zu verstehen, wie er denkt und fühlt. Und die
Zuschauer dahin zu bringen, dass sie mit ihm denken und fühlen. Er ist ja
kein schlechter Mensch.
„Kids Run“ ist auf eine Art eine Weiterentwicklung Ihres vielfach
ausgezeichneten Kurzfilms „Sunny“. Manche Szenen gleichen sich, auch der
jeweilige Protagonist ist sehr ähnlich: Ein viel zu junger Vater zwischen
Arbeitslosigkeit, Kinderbetreuung und Alltag. Haben Sie gedacht: Mit
„Sunny“ hatte ich so einen Erfolg, jetzt mache ich daraus einen Langfilm?
Der überragende Erfolg von „Sunny“ trägt mich noch heute durch diese
Filmwelt. Und es stimmt: „Kids Run“ ist wie „Sunny“ zehn Jahre später,
inzwischen mit drei Kindern. Es war immer noch meine Sehnsucht, diese
Geschichten zu erzählen, von diesen Menschen.
Stecken dahinter eigene Erfahrungen mit solchen Männerfiguren?
Ich hatte einen Kindergartenfreund, der aus eher prekären Verhältnissen
stammte und ein Stigma trug, aus dem er nie rausgekommen ist. Ich glaube,
dass er ein Antrieb ist für mich. Und wenn man, so wie ich, die Bücher
selber schreibt, ist mit Sicherheit irgendwas Autobiografisches dabei.
Die Männer in den Filmen sind anfangs Prototypen von Personen, die nicht
mehr gebraucht werden. Sie sind gewalttätig, arbeiten in prekären Jobs, die
immer überflüssiger werden.
Wenn man genauer hinschaut, sind das Männer in typischen Frauenrollen: Sie
kümmern sich um die Kinder. Und wenn sie darum kämpfen, Kinder und Jobs zu
vereinbaren, finde ich das eine Herausforderung, die eher Frauen als Männer
betrifft.
Einige Szenen in beiden Filmen zeigen sehr drastisch Gewalt. Sie selbst
sagen, „Kids Run“ sei „mitunter schwer zu ertragen“. Warum soll, warum …
man sich als ZuschauerIn das anschauen?
Um zu verstehen, dass manche Menschen, die einem nicht so nahe sind,
dennoch Parallelen zu uns allen aufweisen. Wenn man den Bezug zu sich
selbst findet, stellt man fest, dass die Menschen, die sich in bürgerlichen
Schichten bewegen dürfen, gar nicht so weit davon entfernt sind von jenen,
die man oft mit einem abschätzigen Blick betrachtet. Letztlich habe ich ein
Faible für Zorn und Aggression. Aber der Film trägt auch ganz viel Liebe in
sich.
Zwischen „Sunny“ und „Kids Run“ liegen sieben Jahre. Warum verging so v…
Zeit dazwischen?
Ein Drehbuch zu entwickeln, Förderung zu organisieren – das dauert einfach
ein paar Jahre. Ich schreibe die Bücher selbst. Das liebe ich und
gleichzeitig hasse ich es.
Warum?
Es ist einfach total anstrengend, alles aus sich selbst hervorzuholen und
es irgendwo hinzubringen, wo es dann eine Geschichte wird – oder man
zumindest glaubt, dass es eine Geschichte wird.
Dass Ihr Film auf der Berlinale so prominent läuft, ist ein großer Erfolg.
Eine Garantie, dass er auch ins Kino kommt, ist es allerdings nicht – wie
viele Regisseure sogar auf der Berlinale ausgezeichneter Filme erleben
mussten.
In meinem Fall ist das zum Glück anders: Wir haben einen Verleih, der Film
wird im Herbst in die Kinos kommen. In wie vielen er dann laufen wird und
wie lange, das kann ich natürlich jetzt nicht sagen.
Was erhoffen Sie sich noch von den Filmfestspielen?
Dass der Film gesehen und von den Zuschauern verstanden und gemocht wird.
Und dass er später noch auf ein paar anderen Festivals weltweit läuft.
Eine Weltpremiere, das klingt super dramatisch, klingt nach Glamour, rotem
Teppich, Blitzlichtgewitter. Gibt es da von der Produktionsfirma eigentlich
noch mal Tipps – etwa, welches Kleid Sie tragen sollten?
Ich werde kein 2.000-Euro-Kleid tragen. Und ich glaube, es gibt in dieser
Filmreihe der Berlinale nicht mal einen roten Teppich für die Premiere
(lacht). Kurz bevor es los geht, treffe ich mich mit meiner Produzentin und
sage ihr: „Wir freuen uns jetzt auf die nächsten zwei Wochen“.
19 Feb 2020
## LINKS
[1] /Beginn-der-Berlinale-2020/!5663497
[2] http://www.filmstarts.de/kritiken/263825.html
## AUTOREN
Bert Schulz
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