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# taz.de -- Die Wahrheit: Ein Block, zwei Welten
> Im Spätkauf geht es zu wie in der Serie „4 Blocks“. Ist doch der Chef der
> Bruder des Hauptdarstellers. Behauptet der Chef, der Bruder von allen
> ist.
Bild: In Hamburg-Dulsberg geboren als Sohn von „Gastarbeitern“: Film-Regiss…
Mit dem Spätkauf fing es an. Den haben die freundlichen jungen,
libanesisch-hintergründigen Herren im ehemaligen Sonnenstudio „Sunny Days“
aufgemacht. Den Namen haben sie einfach beibehalten. Dann haben sie im Haus
daneben einen Frisörsalon eröffnet, den sie der Einfachheit halber auch
„Sunny Days“ nannten, was ja eine geradezu wohltuende Abwechslung zu all
den „Hairlich“- und „Mata Haari“- und „Haare Krishna“-Friseursalons
darstellt.
Es folgte ein Spielautomatenladen mit dem durchaus philosophisch anmutenden
Namen „Sunny Nights“, und schließlich haben die Frauen der Jungs daneben
einen Aufbackshop eröffnet, nachgerade zwingend „Sunny Mornings“ geheißen.
Da stehen die Ladys nun zu zweit, die eine verschleiert, die andere mit
blau gefärbten Haaren, Tattoos und knallpinken Queen-Nails mit
Silberglitzern an den Fingern, und verkaufen belegte Brötchen und immer nur
halb aufgetaute Berliner. Wenn man die aber bei ihrem ordnungsgemäßen Namen
„Berliner“ bestellt, schallt einem von beiden Damen sofort ein empörtes
„Wallah, das ist Pfannkuchen, wir sind hier in Berlin, hier heißt das
Pfannkuchen, du Schwabe!“ entgegen. Dabei bin ich aus Westfalen.
Es ist halt unser ganz eigener Block, denke ich manchmal, und lustigerweise
sieht der Spätkauf-Chef auch genauso aus wie der Hauptdarsteller aus der
Serie „4 Blocks“. „Ey, kennst du ‚4 Blocks‘?“, fragte er mich eines…
an der Kasse unvermittelt, als ich mein Sixpack auf den Tresen stellte. Als
ich verneinte, sagte er: „Musst du unbedingt gucken, Bruder! Ist voll cool.
Mein Bruder ist Toni, der Hauptdarsteller.“ – „Ja klar, Bruder“, sagte …
und er erwiderte: „Nee, mein richtiger Bruder, Bruder!“
Dann habe ich aus Neugier tatsächlich „4 Blocks“ geguckt, und es war
wirklich voll cool, aber ich bin seither nicht sicher, ob zu viel Nähe zu
den Sonnenkindern eine gute Idee ist. Neulich wollte ich dort einen Schwung
Zwei-Cent-Briefmarken kaufen, weil ich noch alte 68-Cent-Marken zu Hause
hatte, und der Sonnenchef drückte mir einen ganzen Block in die Hand. Als
ich bezahlen wollte, sagte er mit diesem gönnerhaften Paten-Ton wie Toni in
„4 Blocks“: „Lass mal, Bruder. Für diese bescheuerten Zwei-Cent-Marken w…
ich kein Geld, nimm einfach, so viele du brauchst.“
Ich bedankte mich verblüfft – und war wirklich dankbar, weil ich befürchtet
hatte, sie könnten die bescheuerten Zwei-Cent-Marken gar nicht führen und
ich müsste mir wegen dem Quatsch einen Tag frei nehmen, um in den Vorhof
der Hölle zu gehen, in die letzte verbliebene Postfiliale des ganzen
Stadtteils. Aber er sagte nur: „Kannst sicher auch mal was für uns tun,
Bruder.“ Als ich ihn daraufhin irritiert ansah, lachte er und sagte:
„Kleiner Scherz, Dicker. Nur weil mein Bruder bei ‚4 Blocks‘ mitspielt,
musst du keine Angst haben.“
Ich lachte mit, und als ich rausging, rief er mir noch nach: „Aber ‚4
Blocks‘ ist alles nach wahren Begebenheiten, krass authentisch!“
14 Feb 2020
## AUTOREN
Heiko Werning
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