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# taz.de -- Nachwuchs im Fußball: Kinder an den Ball
> Bald schon könnte ein heute 15-Jähriger in der Bundesliga zum Einsatz
> kommen. Die Altersgrenze für Fußballprofis in Deutschland soll gesenkt
> werden.
Bild: Juwel vor der Kapitalisierung: Dortmunds Superjunge Youssoufa Moukoko
Seit etwa drei Jahren wird Youssoufa Moukoko begafft wie ein einzigartiges
Zirkustier. Wunderkind wird er stets genannt. Im Alter von zwölf Jahren
spielte er bereits in der U17 von Borussia Dortmund die gegnerischen
Abwehrreihen schwindelig. Derzeit trifft der 15-Jährige in der U19 fast
schon nach Belieben. An seine 22 Tore in 14 Partien kommt keiner in der
Liga nur annähernd heran. Seine Kunststückchen werden emsig in den sozialen
Netzwerken geteilt. Moukoko ist zur Projektionsfläche vieler geworden, die
sich einen Weltstar aus Dortmund und Deutschland erträumen. Nun könnte er
bald in der Bundesliga debütieren.
Borussia Dortmund will auf der DFL-Mitgliederversammlung Ende März einen
Antrag stellen, die Altersgrenze nach unten zu setzen. Bislang galt die
Regel, dass frühestens B-Junioren des älteren Jahrgangs nach Vollendung des
17. Lebensjahres mitkicken dürfen. Künftig sollen auch 16-Jährige wie in
der Premier League mitmischen dürfen.
Supertalente wie Moukoko gibt es immer wieder. In der Welt der klassischen
Musik werden Wunderkinder von ihren Eltern schon lange von einem
Konzertsaal zum nächsten kutschiert, das Publikum labt sich am frühreifen
Könnertum. „Zu früh“ gibt es nicht.
Den Drang zur Jugendlichkeit im bezahlten Fußball befürwortet Gladbachs
Sportdirektor Max Eberl vorgeblich aus biologischen Gründen. Die
16-Jährigen seien heute weiter als früher. Glaubwürdiger und ehrlicher
erscheint dagegen das Plädoyer des Dortmunder Nachwuchskkoordinators Lars
Ricken. Er beklagte den Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen großen Ligen,
wo jüngere Spieler bereits eingesetzt werden dürfen. Dies führe dazu, dass
sich die Jungtalente häufig gegen die Bundesliga entscheiden würden.
## Kickendes Humankapital
Dabei geht es nicht allein um den Verlust fußballerischer Qualität, sondern
um den Verlust wertvoller Kapitalanlagen. Erinnert sei etwa an die fast 50
Millionen Euro, die Schalke 04 einst als Ablösesumme für ihr 17-jähriges
Top-Talent Donis Avdijaj festlegen ließ. Heute spielt der 23-Jährige
übrigens nahezu unbeobachtet in der schottischen Liga.
Eine Herabsetzung des Einstiegsalters wird gewiss kaum dazu führen, dass
die Schülerquote in der Bundesliga in die Höhe schnellt. Bereits jetzt hat
die deutsche Eliteklasse im Vergleich zu den anderen großen europäischen
Ligen den jüngsten Altersdurchschnitt, obwohl die Konkurrenz noch Jüngere
einsetzen könnte. Sechzehnjährige auf dem Rasen werden die absolute
Ausnahme bleiben. In der Hauptsache würde die neue Regelung vor allem die
fortschreitende Kapitalisierung des Jugendbereichs ermöglichen.
Groß war das Entsetzen einst, als die [1][Hoffenheimer] zwei 13-Jährige
Talente aus Berlin verpflichteten. Die Deutsche Fußball-Liga äußerte sich
missbilligend. Es sei nicht gut, Jugendliche aus ihrem famliären und
schulischen Umfeld zu reißen. Man dachte über Abwerbeverbote und
Selbstverpflichtungen nach. Auch von Fürsorgepflicht der Vereine war die
Rede. Verschiebt die Liga nun die Einstiegsgrenzen nach unten und erhöht
damit den Kapitalwert von jugendlichen Talenten, wird automatisch auch der
Druck auf die Scouts steigen, noch früher begabte Kinder an die Vereine zu
binden.
Auch jetzt sind kritische Stimmen zu vernehmen. Interessanterweise äußerte
sich Julian Nagelsmann, der Trainer von RB Leipzig, skeptisch. Er wies auf
den Widerspruch hin, einerseits sich über die mangelnden
Entwicklungsmöglichkeiten von Führungspersönlichkeiten zu beklagen und
andererseits Spieler so früh schon einem solchen Druck auszusetzen. RB
Leipzig ist dafür bekannt, schon sehr frühzeitig junge Spieler von anderen
Vereinen abzuwerben, um sie in ihren [2][Jugendakademien für den
Profisport] zu trimmen. Vor zwei Jahren erst lockte man ein 13-jähriges
Talent von Hertha BSC zu sich. Man darf gespannt sein, wie sich Leipzig bei
der Abstimmung auf der DFL-Versammlung verhalten wird.
24 Jan 2020
## LINKS
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## AUTOREN
Johannes Kopp
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