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# taz.de -- CDU-Chefin nach dem Thüringen-Desaster: So kühn wie dreist
> Annegret Kramp-Karrenbauer setzt sich in Thüringen in ihrer Partei nicht
> durch. Stattdessen stellt sie nun Forderungen an SPD und Grüne.
Bild: Annegret Kramp-Karrenbauer nach der Sitzung des CDU Präsidiums im Konrad…
Berlin taz | Am Freitag hat das CDU-Präsidium getagt. Die Mitglieder waren
zu einer Sondersitzung nach Berlin gerufen worden, um über die Ereignisse
der zurückliegenden Woche und über weitere Strategien zu beraten. Auslöser
der Krise war die Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich [1][zum
Thüringer Ministerpräsidenten mit Stimmen der rechten AfD sowie der CDU am
Mittwoch.] CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer steht seither unter Druck.
Manche in der Partei unterstellen ihr, teils medial befeuert,
„Führungsversagen“. In der Präsidiumssitzung soll daraufhin
Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus der Kragen geplatzt sein. „Nicht die
Bild-Zeitung entscheidet, wer hier bei der CDU führt“, wetterte er.
Nach dreieinhalb Stunden schließlich trat die Parteivorsitzende mit einer
Idee an die Öffentlichkeit, die kühn wirken soll, letztlich aber dreist
ist. Annegret Kramp-Karrenbauer fordert nun SPD und Grüne in Thüringen auf,
eineN KandidatIn für das Ministerpräsidentenamt zu benennen. „Wir erwarten,
dass es eine Bereitschaft von SPD und Grünen gibt, einen Kandidaten oder
eine Kandidatin zu präsentieren, der oder die als Ministerpräsident oder
Ministerpräsidentin das Land nicht spaltet, sondern eint.“ Erst wenn solch
ein Versuch scheitere, seien Neuwahlen „unausweichlich“.
Das Ganze trug Kramp-Karrenbauer so selbstbewusst vor, als habe nicht
gerade die CDU Thüringen mit der dortigen AfD dem FDPler Kemmerich ins Amt
des Ministerpräsidenten verholfen.
## Mike Mohring verliert sein Amt
Für Mike Mohring haben die Ereignisse der letzten Tage schwerwiegende
Folgen. Direkt nach Kramp-Karrenbauers Pressekonferenz verschickte die
CDU-Fraktion im Thüringer Landtag eine Erklärung, laut der Mike Mohring
nicht erneut als Fraktionschef kandidieren wird. Man habe sich auf
„Neuwahlen zum Fraktionsvorstand mit neuen Personen Ende Mai verständigt“.
Es ist ein schmachvoller Abgang.
In der Fraktionssitzung Donnerstagnacht, zu der auch die Bundesvorsitzende
angereist war, soll Mohring scharf angegriffen worden sein. Es soll von
„unabgestimmten Alleingängen“, einer „fehlenden Einbindung der
Abgeordneten“ und „bewusster Täuschung“ die Rede gewesen sein.
Angesichts der geschlossenen Zustimmung zu einem Ministerpräsidenten
Kemmerich nahezu aller Fraktionsmitglieder wirkt diese Kritik zwar
wohlfeil. Letztlich aber trägt Mohring die Verantwortung für den
Abgrenzungs- und Anbiederungskurs seiner Partei in sämtliche Richtungen.
Unter den WählerInnen hat das Ansehen von CDU und FDP erheblich gelitten.
## Umfragedesaster für die Union
Laut einer aktuellen Forsa-Umfrage würde die Linke im Fall einer Neuwahl
deutliche Zugewinne verbuchen, während die CDU fast die Hälfte ihrer
WählerInnen verlöre. Die FDP von Kemmerich käme nicht einmal mehr in den
Landtag. Die Linke würde sich demzufolge auf 37 Prozent verbessern. Auch
Ramelows bisherige Koalitionspartner SPD (9 Prozent) und Grüne (7 Prozent)
könnten leichte Zugewinne verbuchen. Die AfD würde sich ebenfalls leicht
von 23,4 auf 24 Prozent verbessern.
Die CDU stürzt in der Umfrage hingegen von 21,7 Prozent am Wahltag auf nur
noch 12 Prozent ab. Vor diesem Hintergrund wirkt Mike Mohrings Widerstand
gegen die Neuwahlwünsche seiner Bundespartei noch plausibler.
Wie geht es nun weiter? In ihrer Erklärung vom Freitag machen die Thüringer
CDU-Abgeordneten klar, wie wichtig ihnen die Herstellung stabiler
Verhältnisse sei. Dafür scheinen sie sogar bereit, Ramelow durch Enthaltung
doch noch ins Amt des Ministerpräsidenten zu verhelfen. Wörtlich heißt es:
„Wir werden Initiativen, die darauf abzielen, im gewählten Thüringer
Landtag eine Regierung zu bilden, nicht blockieren. Die CDU-Fraktion im
Thüringer Landtag wird einen von der Linken aufgestellten
Ministerpräsidenten entsprechend ihren Grundsätzen nicht aktiv ins Amt
wählen.“ Und weiter: „Im Ergebnis heißt dies, sich bei den möglichen
parlamentarischen Verfahren zu enthalten.“
An diesem Samstag treffen sich in Berlin SPD, CDU und CSU zum
Koalitionsgipfel. Die SozialdemokratInnen hatten nach den Ereignissen von
Erfurt ein solches Treffen gefordert.
7 Feb 2020
## LINKS
[1] /FDP-stellt-Thueringer-Ministerpraesident/!5658263
## AUTOREN
Anja Maier
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