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# taz.de -- Rechnungshof fordert Gebührenerhöhung: Die Party wird teuer
> Folge der Rolling-Stones-Affäre: Der Bezirk Altona verlangt höhere
> Gebühren für Veranstaltungen auf öffentlichen Flächen. Veranstaltungen
> bedroht.
Bild: Haben den Stadtpark (zu) günstig gemietet: Rolling Stones
Hamburg taz | Das Hamburger Afrika-Festival wird diesen Sommer wohl zum
letzten Mal stattfinden – und Schuld sind die „Rolling Stones“. Zumindest
indirekt. Denn die sieben Bezirksämter haben beschlossen, in Zukunft
genauer hinzuschauen, wenn sie Gebühren für Veranstaltungen auf
öffentlichen Flächen erheben, eine Folge [1][der Affäre um das
Stones-Konzert im Stadtpark 2017].
Damals ging es nicht nur um fragwürdige Freikarten-Gefälligkeiten in den
Behörden, sondern auch um die verhältnismäßig geringe Gebühr, die der
Konzertveranstalter für die Nutzung des Parks an die Stadt zu zahlen hatte.
Das hat im Bezirk Altona jetzt Konsequenzen. Dort findet seit 17 [2][Jahren
das Afrika-Festival „Alafia“ statt]. Immer am letzten Augustwochenende:
Bühnen, Basar und Kulinarik in der Großen Bergstraße. Mit mehreren
Zehntausend Besuchern zählt Alafia zu den drei größten afrikanischen
Kulturfestivals in Norddeutschland. „2021 müssen wir es nach aktuellem
Stand aber sein lassen“, sagt Organisationsleiter Gerhard Heiland.
Beim Versuch, die Veranstaltung für diesen Sommer zu beantragen, habe er
aus dem Bezirksamt erfahren, dass die Gebühren sich in zwei Schritten
erhöhen werden. Bisher zahlten sie für das Afrika-Festival etwa 3.000 Euro,
für dieses Jahr rechnet Heiland mit 7.000 Euro, für 2021 mit 9.000. „Wir
organisieren das ehrenamtlich als Verein und verdienen selbst keinen Cent“,
sagt Heiland. „Wir können das so schon kaum wuppen. Wenn die Gebühren
steigen, ist einfach Schluss.“
## Kulturelle Vielfalt im Bezirk
Dass die Kosten steigen werden, bestätigt das Bezirksamt Altona. Als Folge
der Rolling-Stones-Affäre hatte der Rechnungshof von allen Bezirksämtern
gefordert, den Gebührenrahmen für die Nutzung öffentlicher Flächen voll
auszunutzen, um die Einnahmen der Stadt zu erhöhen.
In Altona stellte sich dabei heraus, dass bei vielen Veranstaltungen die
Gebühren seit Jahren weit unter dem rechtlich Möglichen lagen.
Non-Profit-Veranstalter, wie eben die Organisatoren des Alafia-Festivals,
hatten diese Praxis als eine Art stille Übereinkunft mit dem Amt gedeutet:
Die Veranstalter gewährleisten kulturelle Vielfalt im Bezirk, und im
Gegenzug nutzt die Bezirksverwaltung den Spielraum bei der Gebührenerhebung
zugunsten der Veranstalter.
Aus dem Bezirksamt Altona allerdings heißt es nun: „Bei der Festlegung von
Gebühren für Veranstaltungen wurde nicht großzügig verfahren.“ Es sei zud…
zu berücksichtigen, dass „die Erhebung von Sondernutzungsgebühren kein
Instrument der Kulturförderung ist“. Demnach hat das Amt also einfach nur
geschludert – die Kulturszene profitierte zufällig.
Federführend für die Gebührenpraxis aller sieben Bezirksämter ist das
Bezirksamt Mitte. Dessen Sprecherin Sorina Weiland legt durchaus Wert
darauf, dass auch in Zukunft zwischen kommerziellen und nicht kommerziellen
Veranstaltungen unterschieden wird. „Die gut laufende Glühweinbude soll
ruhig abdrücken“, sagt sie, „bei kleinen Kunstbühnen ist das etwas
anderes.“
Wie viel zu zahlen ist, richtet sich nach der Art der Nutzung –
Gastronomie, Verkaufsstand, Bühne oder Freifläche – und auch nach der Lage
der genutzten Fläche. Hamburg ist dafür in fünf sogenannte Wertstufen
aufgeteilt: Auf den teuersten Flächen, etwa am Jungfernstieg, kostet der
Quadratmeter bis zu 1,70 Euro pro Tag, in der günstigsten Stufe maximal 75
Cent.
## Noch weitere Veranstaltungen betroffen
Das Afrika-Festival liegt in Wertstufe II. Das bedeutet: 15 Cent für
kulturelle Nutzung bis maximal 1,25 Euro für Gastronomie. Beim Festival
mischt sich beides. „Das Essen gehört halt auch zur Kultur“, sagt Angelina
Akpovo, die künstlerische Leiterin von Alafia. Wenn das Amt jetzt für
Essensstände konsequent den Gastronomiebetrag aufrufe, sei die
Veranstaltung am Ende. „Das ist fürchterlich deprimierend für uns in der
Black Community“, sagt sie.
Betroffen ist aber nicht nur das Afrika-Festival. Das Musikfest „Sommer in
Altona“ musste kürzlich einen fünfstelligen Betrag für die vergangenen drei
Jahre nachzahlen, der Veranstalter des Open-Air-Kinos im Schanzenpark wehrt
sich sogar juristisch gegen die neuen Forderungen und der Organisator des
„Schanzenzelts“ hat festgestellt, dass neuerdings der Radius der
Abspannseile für das Zirkuszelt mit in die Flächenberechnung für die
Gebühren zählt.
Auch das größte Hamburger Kultur- und Stadtteilfest, die Altonale, gerät
wegen der Gebührenerhöhung unter Druck. Geschäftsführerin Heike Gronholz
setzt auf Gespräche mit dem Bezirksamt, um eine für alle Seiten vertretbare
Lösung im Umgang mit nicht kommerziellen Veranstaltungen zu finden.
Das Afrika-Festival wird auf jeden Fall noch ein letztes Mal stattfinden –
diesen August. „Wir haben gesagt, wir machen das einfach, egal wie“, sagt
Organisationsleiter Heiland. Angelina Akpovo ergänzt: „Wir wollten noch
einmal zeigen, wie vielfältig afrikanische Kultur ist. Und dass niemand
Angst vor uns schwarzen Menschen haben muss.“
8 Feb 2020
## LINKS
[1] /Rolling-Stones-Ticket-Affaere/!5640042
[2] https://www.alafia.de/
## AUTOREN
Thilo Adam
## TAGS
Rolling-Stones-Affäre
Hamburg
Vorteilsnahme
Schwerpunkt Korruption
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