# taz.de -- Trauern um Kobe Bryant: Innocent und Anna | |
> Ich habe Basketball geliebt, weil mein Vater Basketball geliebt hat. Und | |
> plötzlich nimmt der Tod eines Basketballers mich mehr mit als erwartet. | |
Bild: Kobe Bryant während einem Spiels zwischen den Rockets und den Lakers im … | |
Mein Leben lang habe ich Basketball geliebt. Nie gespielt, obwohl jeder | |
mich im Sportunterricht für ein Naturtalent hielt und in seiner Mannschaft | |
haben wollte. Das habe ich davon, dass ich Schwarz und groß bin und ab und | |
zu ein „Chicago Bulls“-Shirt trage. | |
Ich habe Basketball geliebt, weil mein Vater Innocent diesen Sport geliebt | |
hat, und Innocent war mein Held. Er war Schuldirektor, Sportlehrer und ein | |
talentierter Basketballspieler. Ich war als Kind bei fast jedem Spiel | |
dabei. Ich habe Basketball geliebt, weil mein Cousin Louis lange für die | |
ruandische Nationalmannschaft gespielt hat und ich meinen Cousin so | |
dermaßen cool finde. Wir in seinem Zimmer NBA-Spiele auf VHS geschaut und | |
er hat mich die Namen der Mannschaften abgefragt. | |
„Washington?“ – „Wizards!“ | |
„Boston?“ – „Celtics!“ | |
Heute betreibt mein Cousin eine Basketballschule und trainiert neben seinem | |
Sohn Malvin viele andere Kinder. Ich liebe die Videos, in denen mein Cousin | |
und sein Sohn gemeinsam Basketball spielen. Den Stolz. Die Verbindung, die | |
sie zueinander haben. Ich spüre trotzdem einen Stich. Weil ich mir wünsche, | |
ich hätte so viel Zeit mit meinem Vater gehabt. | |
Am Sonntag ist der Basketballstar [1][Kobe Bryant] bei einem | |
Helikopterabsturz gestorben. Auch seine 13 Jahre alte Tochter Gianna | |
–„Gigi“ – kam dabei ums Leben. Der Tod Kobes hat mich ungewöhnlich hart | |
getroffen. Also für einen Prominenten, den ich nicht kannte. Ich stelle mir | |
vor, wie er Gigi festhält. Wie die letzten Minuten in diesem Helikopter | |
waren. | |
Basketball. Väter und ihre Kinder. Kobe und Gigi. Louis und Malvin. | |
Innocent und Anna. | |
Ich habe, als mein Vater umgebracht wurde und ich Schüsse gehört habe, | |
meine Mutter gefragt: „Ist das Papa?“ Früher habe ich mir oft vorgestellt, | |
wie es wäre, hätte ich meinen Vater festhalten können in den schwersten | |
Minuten seines Lebens. | |
## Die Trauer und die Scham | |
Als mich die Nachricht von Kobes Tod erreicht hat, konnte ich es erst nicht | |
glauben. Ich wollte darüber reden, aber ich wusste nicht, mit wem. Es gilt | |
irgendwie als albern und peinlich, Promis hinterherzutrauern. Und bei Kobe | |
kam auch schnell die Kritik, dass man ihn nicht unreflektiert verehren | |
sollte. | |
Ich will Opfer [2][sexualisierter Gewalt] nicht vor den Kopf stoßen – oder | |
fordern, dass sie warten sollen, bis wir mit dem Trauern fertig sind. Ich | |
wurde als Kind sexuell missbraucht. Ich kann trotzdem nicht für alle | |
sprechen. Nicht für alle Opfer sexualisierter Gewalt, nicht für alle | |
Schwarzen. | |
Ich bin traurig und verletzt. Über diesen plötzlichen tragischen Tod. Über | |
den fehlenden Raum zum Trauern. Ich schäme mich auch für die Gedanken, die | |
ich hatte, als ich traurig und wütend war. Es nervt mich, dass ich | |
vorschnell und etwas unempathisch reagiert habe, mir die richtigen Worte | |
fehlen. Trauern ist kompliziert. Menschen sind kompliziert. | |
Und es wäre schön, wenn wir in solchen Zeiten mehr Rücksicht aufeinander | |
nehmen könnten. | |
30 Jan 2020 | |
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## AUTOREN | |
Anna Dushime | |
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