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# taz.de -- „Tatort“ München: Unechte Bedrohung
> Ein „Tatort“ über den rechtsextremen Anschlag auf das Münchner
> Einkaufzentrum im Jahr 2016. Das hätte ein guter Krimi werden können.
Bild: Batic (Miroslav Nemec) und Leitmayr (Udo Wachtveitl) im Außeneinsatz
Die Frage ist doch die: Taugen reale Ereignisse als Vorlage für einen
Sonntagskrimi? Gibt es ja regelmäßig, sei es der getötete österreichische
Verteidigungsminister (lange her, 1981), der in einem [1][Wiener „Tatort“
2019] wieder auftauchte, ein Serienkiller, der Prostituierte ersticht, wie
in einem Frankfurter Fall der Steier/Mey-Ära, oder die ermordeten
Journalist:innen Jan Kucziak und Daphne Caruana Galizia, die im
[2][RBB-„Polizeiruf“ im Dezember] zitiert wurden.
Und nun eben: „Unklare Lage“. Ein Münchner „Tatort“, der unverkennbar
[3][an den rechtsextremen Anschlag rund um ein Einkaufszentrum vor vier
Jahren] erinnert. Hier wie dort: Ein Täter oder auch zwei sind in München
unterwegs, bewaffnet, über Stunden, Brüder mit Zores in der Schule,
Angststimmung über Stunden in der ganzen Stadt.
Der ARD-Teaser klingt also vertraut: „Droht ein Anschlag? Die Medien
berichten. Auf sozialen Plattformen verbreiten sich blitzschnell Gerüchte.
Die Lage ist unklar, die Bevölkerung aufgeschreckt.“ In Sachen Realvorlage
entscheidend: Die ganze Stadt fühlte sich gemeint, in Echtzeit, die
Erinnerung ist präsent. Das zu zeigen, damit steht und fällt alles.
Was die „Tatort“-Folge von Autor Holger Joos und Regisseurin Pia Strietmann
liefert: durchdeklinierte Polizeiarbeit im Lagezentrum, draußen hetzen die
Kommissare Batic (Miroslav Nemec) und Leitmayer (Udo Wachtveitl)
schnitzeljagdmäßig durch München dem oder den Attentätern nach. Am Schluss
sitzen sie in einer U-Bahn-Station, einer blickt zum anderen – einer hat
geschossen, jemand ist tot.
## An die Realität kommt's nicht ran
Und, so das Bedeutungsaufladungspotenzial der Szene, nichts wird mehr so
sein wie zuvor. Also eben doch: mehr ein Drama für die Kommissare, weniger
das gesellschaftspolitische Drama eines rechtsextremen Anschlags.
Was die Folge nicht liefert: Das Gefühl der Echtzeitbedrohung unserer
Social-Media-Gegenwart. Eine Figur, die diesem sich überschlagenden
Gerüchtechaos profund etwas entgegensetzt – so wie der echte
Polizeisprecher [4][Marcus da Gloria Martins] 2016. Den Eindruck, dass es
sich nicht wie ein Schul-Amoklauf anfühlen soll, wie die Regisseurin im
Presseheft versichert, weil: Tut es halt. Und damit die politische
Motivation eines solchen Anschlags. Stattdessen erklärt die zuständige
Redakteurin, dass derlei Anschläge passieren, „wenn sich junge Menschen in
einer Gesellschaft, die von Schaulust und Selbstinszenierung geprägt ist,
nicht ausreichend wahrgenommen fühlen.“
Danke für nix.
26 Jan 2020
## LINKS
[1] /Tatort-aus-Wien/!5559783
[2] /Polizeiruf-vom-RBB/!5648727
[3] /OEZ-Anschlag-in-Muenchen/!5636150
[4] /Muenchener-Polizei-nach-dem-Amoklauf/!5321674
## AUTOREN
Anne Haeming
## TAGS
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