# taz.de -- Rassismus bei der Wohnungssuche: Vermieter muss blechen | |
> Ein Mann in Augsburg will seine Wohnungen nur an Deutsche vermieten. | |
> Einen abgelehnten Interessenten muss er nun finanziell entschädigen. | |
Bild: Der Fall ist speziell, Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt verbreitet. … | |
München taz | Ein-Zimmer-Apartment, 40 Quadratmeter, 394 Euro kalt, Garage | |
auf Wunsch. Dieses Angebot findet Hamado Dipama in der Augsburger | |
Allgemeinen Zeitung. Dipama wohnt in München, möchte aber nach Augsburg | |
ziehen. Aus privaten Gründen, aber auch weil das Integrationsnetzwerk, für | |
das er arbeitet, von dort aus koordiniert wird. Die Beschreibung der | |
Wohnung klingt gut. Könnte genau das Richtige sein. Doch dann steht da noch | |
etwas in der Anzeige: „an Deutsche“. Der aus Burkina Faso stammende Dipama | |
ruft dennoch an. | |
Am 30. April um 13.30 Uhr war das. Dipama weiß es noch genau, weil er | |
hinterher so aufgewühlt und wütend war, dass er sofort ein Protokoll | |
angefertigt hat. Der 45-Jährige lebt schon seit 17 Jahren in Deutschland, | |
spricht sehr gut Deutsch. Der Vermieter aber hört bei dem Telefonat den | |
Namen und den Akzent und macht schnell klar, dass Dipama als Mieter für ihn | |
nicht in Frage komme. | |
Dipama verklagt den Mann, vor dem Amtsgericht Augsburg treffen sie dann im | |
Oktober erstmals aufeinander. Dabei kommt es zu skurrilen Szenen. Der | |
81-jährige Vermieter spricht den Kläger mit „Herr Obama“ an und | |
rechtfertigt sich damit, dass er keine „dschihadistischen Kämpfer aus | |
Obervolta“ in seiner Wohnung dulde. Obervolta wurde Burkina Faso zu | |
Kolonialzeiten genannt. Außerdem begründet er die diskriminierende | |
Formulierung in der Anzeige mit Erfahrungen, die er mit einem kriminellen | |
Mieter aus der Türkei gemacht habe. | |
## Der Richter belehrt den Vermieter mit deutlichen Worten | |
„Verbrechen und Vergehen werden von Menschen begangen, nicht von | |
Staatsangehörigen“, entgegnet ihm darauf Richter Andreas Roth und stellt | |
klar: „Diese offene Benachteiligung von Ausländern ist schlichtweg nicht | |
hinnehmbar.“ In seinem Urteil am Dienstag gab er dem Kläger deshalb recht | |
und sprach ihm die geforderte Entschädigung von 1.000 Euro zu. Grundlage | |
des Urteils ist das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz aus dem Jahr 2006. | |
Das Gericht verurteilte den Beklagten, der eigenen Angaben zufolge mehr als | |
zwanzig Wohnungen vermietet, außerdem zur Unterlassung künftiger | |
Diskriminierungen. Sollte er erneut in Anzeigen Wohnungen nur für Deutsche | |
anbieten, droht ihm ein Ordnungsgeld. | |
Dipama ist mit dem Urteil sehr zufrieden, bedauert allerdings, dass es im | |
Fall dieses Vermieters keinerlei Lerneffekt gegeben habe. „Der Richter hat | |
ihm ja sogar noch mal die Gelegenheit gegeben, das Bild zu korrigieren. | |
Stattdessen hat er aber nur seine rassistischen Ansichten dargelegt. Ich | |
glaube, dieser Mann steckt immer noch sehr tief in seinem kolonialistischen | |
Weltbild.“ | |
## „Mit Kopftuch keine Wohnung“ | |
Der Fall ist durchaus speziell, Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt | |
dagegen sehr verbreitet. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes hat dazu | |
im April 2015 eine Studie vorgelegt. Das Ergebnis: Rassistische | |
Diskriminierung finde auch „unter den besten Voraussetzungen“ statt. Will | |
heißen: Selbst wenn eine Testperson bei Vermietern besonders beliebte | |
Kriterien erfülle, etwa weiblich, ledig, jung und finanziell abgesichert | |
sei, kommt es zu Benachteiligungen, wenn sie „nichtmehrheitsdeutsch“ sei. | |
Anders als in dem Augsburger Fall trete die Diskriminierung meist aber erst | |
gegen Ende des Bewerbungsprozesses in Erscheinung. Besonders stark falle | |
dies bei sichtbarer Religionszugehörigkeit von Muslimen und Juden ins | |
Gewicht. Oder wie es in der Studie heißt: „Mit Kopftuch keine Wohnung“. | |
Klar, sagt Hamado Dipama, es gebe bei der Wohnungssuche sehr viele Opfer | |
von Diskriminierung, die sich nicht dagegen wehren könnten, weil ihre Fälle | |
nicht so offensichtlich seien. Aber wenn sich Vermieter schon trauten, das | |
in die Anzeige zu schreiben, müsse man dagegen vorgehen. „So etwas darf | |
nicht salonfähig werden.“ Nach einer Wohnung in Augsburg sucht Dipama indes | |
noch immer. | |
10 Dec 2019 | |
## AUTOREN | |
Dominik Baur | |
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