| # taz.de -- 30 Jahre nach dem Giftgasangriff im Irak: Der Museumsführer | |
| > Omid Hama Ali Rashid hat das Attentat überlebt – und führt heute durch | |
| > ein diesem Terrorakt gewidmetes Museum. Wie kann ein Menschen das | |
| > aushalten? | |
| Bild: Omid Hama Ali Rashid in der Gedaenkstätte für die Opfer des Giftgasangr… | |
| Halabdscha taz | Omid Hama Ali Rashid stößt die schwere Flügeltür auf und | |
| verlässt den Raum mit den harmlosen Alltagsszenen. „Sie haben jetzt | |
| gesehen, wie schön unsere Stadt einmal war“, sagt er. „Jetzt schauen wir | |
| uns an, was Saddam Hussein mit ihr angerichtet hat.“ Rashid führt Besucher | |
| durch die Gedenkstätte von Halabdscha. Das Monument erinnert an eines der | |
| schrecklichsten Kriegsverbrechen des ausgehenden 20. Jahrhunderts: den | |
| Einsatz von Giftgas gegen die [1][kurdische Bevölkerung im Norden des | |
| Irak]. | |
| Das Licht auf der anderen Seite der Flügeltür ist gedimmt. Nur spärlich | |
| erhellen rote, grüne und blaue Spots die Welt aus Pappmaschee, Wandfarbe | |
| und Kunstblut, die sich vor den Augen der Besucher auftut. Das | |
| Ausstellungskonzept ist vieles, aber nicht subtil. Auf einer Wiese recken | |
| verendete Vögel ihre reglosen Krallen gen Himmel. Auf einer Straße liegen | |
| Männer und Frauen. Ihre Augen sind geschlossen, ihre Lippen blutverkrustet. | |
| Kinder sind in irren Verrenkungen erstarrt. | |
| Vor einem Pick-up-Truck bleibt Rashid stehen. Er zeigt auf die Ladefläche, | |
| die voller Leichen ist. „Da, habe ich gelegen“, sagt er. Die Besucher | |
| starren Rashid an. | |
| Omid Hama Ali Rashid ist nicht nur Museumsführer. Als er das erste Mal in | |
| die Gedenkstätte kam, war auch er Besucher. Er stellte mit Überraschung | |
| fest, dass hier seine eigene Geschichte erzählt wird. Ein tragischer | |
| Zufall? Schicksal? Die meisten Menschen wären nie wieder gekommen, wenn sie | |
| erlebt hätten, was Rashid erlebt hat. Rashid kam wieder, immer montags bis | |
| freitags von 8 bis 13 und von 14 bis 18 Uhr. Seit zehn Jahren. Seither gibt | |
| er Führungen durch die Gedenkstätte, seither nimmt er Menschen mit auf eine | |
| Reise durch die Szenen seines Traumas. Eine Geschichte über die Suche nach | |
| dem Sinn im Wahnsinn. | |
| ## Was am 16. März 1988 geschah | |
| Am Morgen des 16. März 1988 donnerten Kampfjets über Halabdscha. Der Erste | |
| Golfkrieg tobte, und das Baath-Regime von Saddam Hussein ging in der | |
| „Anfal-Operation“ systematisch gegen Kurden vor. Viele von ihnen hatten | |
| sich auf die Seite des Iran gestellt. Gegen elf Uhr schlugen die ersten | |
| Bomben ein. Rauchwolken stiegen auf und ein merkwürdiger Geruch erfüllte | |
| die Stadt. Was viele Bewohner Halabdschas an Knoblauch und frische Äpfel | |
| erinnerte, war ein Gemisch aus Hautkampfstoffen und Nervengiften. Darunter | |
| war Senfgas, das auf die Haut einwirkt und starke Verätzungen und große, | |
| stark schmerzende Blasen zur Folge hat, die nur sehr schlecht heilen. | |
| Werden die Dämpfe eingeatmet, so zerstört das die Bronchien. | |
| Mehr als drei Jahrzehnte danach erinnert sich Rashid noch an die Details | |
| jenes Morgens. „Was schon so lange vergangen ist, fühlt sich nicht fern | |
| an“, sagt er. Rashid war 14. Er suchte mit seiner Familie im Keller Schutz | |
| vor den Bomben. Doch die Luft war dort so stickig, dass sein Vater | |
| entschied, zu fliehen – aus dem Keller, dann raus aus der Stadt. „Als ich | |
| auf die Hauptstraße trat, hatte ich das Gefühl, dass mir jemand Salz in die | |
| Augen gestreut hatte“, sagt Rashid. Senfgas bringt die Zellteilung zum | |
| Stillstand und es ist krebserregend. Wer damit in Kontakt kommt, spürt | |
| seine Wirkung aber oft zuerst an den Augen. Rashid blinzelte und rieb sie | |
| sich vergeblich. Es fiel ihm immer schwerer zu erkennen, was um ihn herum | |
| geschah. | |
| Menschen warfen sich in der Hoffnung, verschont zu werden, auf den Boden. | |
| Sie wussten nicht, dass die Gase schwerer sind als Luft. Sie starben als | |
| erstes. Rashid und seine Familie schafften es auf die Ladefläche jenes | |
| Pick-ups. „Ich habe versucht, meine kleine Schwester zu beschützen“, | |
| erinnert er sich. „Ich habe Alla in den Arm genommen und ihre Hand | |
| gehalten.“ Rashid hielt sie noch, als Alla sich schon nicht mehr regte. | |
| Binnen Stunden verloren 5.000 Menschen das Leben, darunter Rashids gesamte | |
| Familie. Er lag zwei Tage und eine Nacht auf der Ladefläche zwischen ihren | |
| Leichen. Mehrmals verlor er das Bewusstsein. Er war erblindet und durstig. | |
| „Ich rief nach Wasser“, sagt er. „Niemand antwortete.“ | |
| Rashid führt die Besucher der Gedenkstätte in den nächsten Raum. Auf einem | |
| Flachbildschirm läuft ein Fernsehinterview. Ein abgemagerter Teenager | |
| berichtet, was ihm passiert ist, bevor er von der Ladefläche eines Pick-ups | |
| aufgelesen und in ein Krankenhaus im Iran gebracht wurde. „Das bin ich“, | |
| sagt Rashid wieder. Ein paar Schritte weiter hängt ein großformatiges Foto. | |
| Wieder ist der Junge zu sehen. Sein Haar zerzaust, sein Mund halb geöffnet, | |
| ein Bildnis unendlicher Erschöpfung. Rashid ist allgegenwärtig in der | |
| Gedenkstätte. | |
| Als die Führung vorüber ist, setzt sich Rashid in eine Ecke im | |
| Eingangsbereich. Obwohl durch die verglaste Front Licht hineinfällt, wirkt | |
| der Raum düster. Die Wände sind aus schwarzem Marmor. Rashid spürt die | |
| Folgen des Gases noch immer – bei jedem Atemzug. Luftröhre und Bronchien | |
| sind irreparabel verletzt. Auch seine Augen haben sich nie wieder ganz | |
| erholt. Doch die körperlichen Wunden sind nur ein Teil seines Leids. | |
| Rashid hat immer Taschentücher dabei, wenn er seine Schicht in der | |
| Gedenkstätte beginnt. „Mein Kopf ist voller trauriger Erinnerungen“, sagt | |
| er. „Hier zu sein, macht alles noch schwerer.“ Rashid ist trotzdem hier, | |
| jeden Tag. „Ich habe meiner Familie geschworen, stark zu sein.“ | |
| Wer sich unter den Bewohnern Halabdschas nach Omid Hama Ali Rashid | |
| erkundigt, stößt auf große Bewunderung. „Omid ist ein Held“, sagt einer. | |
| Doch auch die Sorge um ihn ist groß. Rashid sähe mit jedem Tag trauriger | |
| aus. Auf seinem Facebook-Profil existiere nichts mehr außer dem Krieg | |
| Saddam Husseins gegen die Kurden. Dass sich Leute um Rashid sorgen, | |
| verwundert nicht. Überall in Halabdscha gibt es Beispiele für Menschen, die | |
| sich in den traumatischen Erlebnissen jener Tage verlieren. Bei den | |
| Giftgasangriffen wurden mehr als 10.000 Menschen verletzt, viele von ihnen | |
| unheilbar. Und diese Menschen sind nur der engste Kreis der Betroffenen. | |
| Etliche leiden unter psychischen Folgen wie Angststörungen und | |
| Depressionen, Aggressionen und Schuldgefühlen. | |
| Der Psychotherapeut Salah Ahmad versucht den Menschen mit seiner Jiyan | |
| Foundation zu helfen, so gut es geht. Ahmad schildert das Ausmaß des | |
| Leidens. „Wir stellen bei Kindern von Überlebenden dieselben Symptome fest | |
| wie bei ihren Eltern“, sagt er. Ahmad spricht von „Sekundärtraumatisierung… | |
| und meint, dass Unbeteiligte emotional durch Depressionen und | |
| posttraumatische Belastungsstörungen der Opfer angesteckt werden. Selbst | |
| bei Menschen, die nie direkten Kontakt zu Opfern der Gases hatten, konnte | |
| er Symptome erkennen. In der Biologie ist dann von Epigenetik die Rede. | |
| Ahmad sagt: „Es ist so, als hätte die Stadt eine Behinderung.“ Und um damit | |
| umzugehen, fehlt es nahezu an allem – Geld, Personal und Aufklärung. | |
| ## Psychotherapeuten sollen den Schmerz lindern helfen | |
| Schätzungen zufolge leidet im Irak jeder fünfte Bürger unter einer | |
| psychischen Erkrankung. Einige Experten vermuten: Dreimal so viele Menschen | |
| haben Depressionen wie im Rest der Welt. Durch die Herrschaft des | |
| selbsternannten [2][Islamischen Staates (IS)] ist die Zahl seelisch | |
| Erkrankter in den vergangenen Jahren explodiert. Und in Halabdscha reicht | |
| das Geld nicht einmal für die Therapie der körperlichen Folgen des | |
| Giftgases aus. | |
| Ahmad und sein Behandler-Team sind auf Spenden und Mittel des deutschen | |
| Auswärtigen Amtes angewiesen, um zumindest das Leid einiger Überlebender | |
| durch Medikamente zu mildern. Die Politik im Irak ist überfordert, und das | |
| bereits damit, sich um die Opfer eines Kriegsverbrechens zu kümmern, das | |
| drei Jahrzehnte zurückliegt. Was das für die Zukunft des Landes bedeutet, | |
| lässt sich kaum erahnen. | |
| Auch Jan Ilhan Kizilhans Arbeit wird durch Geld aus Deutschland ermöglicht. | |
| Der ansonsten in Donaueschingen lehrende Professor baut in der Region | |
| Kurdistan einen Master-Studiengang für Psychotherapeuten auf. Ende des | |
| Jahres haben die ersten Absolventen ihren Abschluss. Laut Kizilhan sind es | |
| die ersten 30 im Irak ausgebildeten Psychotherapeuten, die deutschen | |
| Standards gerecht werden – bei fast 40 Millionen Einwohnern. | |
| Seelische Leiden wurden insbesondere unter dem Baath-Regime tabuisiert. | |
| Laut einer Studie des irakischen Gesundheitsministeriums sind psychische | |
| Probleme für 65 Prozent der Bürger noch immer Ausdruck „persönlicher | |
| Schwäche“. Mehr als die Hälfte sagt, sie würde sich schämen, wenn ein | |
| Familienmitglied darunter leide. Kizilhan vergleicht die Situation mit der | |
| Lage in Europa zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts. | |
| ## „Früher war der Friedhof sauber“ | |
| Die Mittagssonne brennt. Rashid steuert seinen Wagen durch die | |
| staubig-trockenen Straßen Halabdschas. Er fährt an seinem alten Haus | |
| vorbei. „Die Erinnerungen kommen jedes Mal hoch“, sagt er. Er fährt die | |
| Hauptstraße entlang. „Hier waren so viele Menschen.“ Er parkt sein Auto | |
| vorm Friedhof, setzt sich eine schwarze Sonnenbrille auf und passiert das | |
| große Schild am Eingang. „Zutritt für Baathisten verboten“, steht darauf. | |
| Mindestens einmal in der Woche kommt Omid Hama Ali Rashid hierher, immer | |
| dann, wenn er seine Familie besonders vermisst. Dieses Grab sei 1.500 | |
| Märtyrern gewidmet, sagt er, das da drüben 400 und dahinten sei noch eines | |
| für 24. Rashid muss die Inschriften auf den großen weißen Marmorblöcken | |
| nicht mehr lesen. Er kennt sie auswendig. „Früher war der Friedhof | |
| blitzsauber“, sagt er. „Seit der Krise liegt hier überall Müll.“ Mit dem | |
| Aufstieg des IS kollabierte die Wirtschaft der Region Kurdistan. In | |
| Halabdscha, so scheint es, fehlt jetzt sogar das Geld, um die Gräber der | |
| Toten zu pflegen. | |
| Rashid bemüht sich darum, auch ein Leben abseits von Saddams Husseins | |
| Jahrzehnte zurückliegendem Krieg zu führen. Wenn er vom Tennis erzählt, | |
| lächelt er. Musik tut ihm gut. Er spielt die Sitar. Rashid hat geheiratet. | |
| Seine Frau hatte drei Fehlgeburten, für die er die Wirkung der chemischen | |
| Waffen verantwortlich macht. Dann bekamen sie einen Sohn und eine Tochter, | |
| der Rashid den Namen seiner toten Schwester gab. Sie aufwachsen zu sehen, | |
| war nicht immer einfach. „Wenn Alla weint, muss ich das Zimmer verlassen“, | |
| sagt er. „Der Klang erinnert mich zu sehr an meine Schwester.“ Vor Kurzen | |
| wurde ihm noch ein Sohn geboren. Es gehe ihm dadurch spürbar besser, sagt | |
| er. | |
| Doch Rashid hat bis heute Albträume, er spricht von „tausend“ Nächten, in | |
| denen er weinend aufschreckte, und er erzählt von diesem merkwürdigen | |
| Gefühl am Morgen. Wenn er aufwacht, komme es ihm oft vor, als bildeten sich | |
| „kleine Bläschen“ auf seinen Lippen. Rashid hat Probleme, sich Dinge zu | |
| merken – außer jedem Detail des tödlichen 16. März 1988. | |
| ## Psychotherapie hilft | |
| Für viele Menschen, das zeigen Studien, ist eine Psychotherapie die einzige | |
| Möglichkeit, um mit extremen Erlebnissen in der Vergangenheit zurecht zu | |
| kommen. „Traumatisierte Menschen müssen lernen, das Trauma als ein Teil | |
| ihres Lebens wahrzunehmen statt ihr Leben vom Trauma bestimmen zu lassen“, | |
| sagt der Experte Kizilhan. „Sie müssen wieder lernen, Kontrolle über ihr | |
| Gedächtnis zu erlangen.“ | |
| Zunächst sei es wichtig, die Menschen zu stabilisieren, sie in die Lage zu | |
| versetzen, ihren Alltag zu bewältigen. Erst dann gehe es darum, sie mit dem | |
| Trauma zu konfrontieren. Dabei sei es wichtig, ihnen die notwendigen | |
| Werkzeuge an die Hand zu geben, Entspannungsmethoden zum Beispiel. Doch | |
| Kizilhan schränkt ein, dass das so nicht für alle gilt. „Etwa die Hälfte | |
| der Menschen hat eine innere Kraft, die auf ihrer Persönlichkeitsstruktur | |
| beruht, eine Resilienz, die es ihnen ermöglicht, mit ihrem Trauma alleine | |
| fertig zu werden.“ | |
| Zu welcher Gruppe er gehört, kann Rashid nur erahnen. Er hat sich nie in | |
| psychotherapeutische Betreuung begeben. „Es gibt hier nicht ausreichend | |
| qualifizierte Doktoren“, sagt er. „Außerdem halten einen die Menschen in | |
| unserer Gesellschaft für verrückt, wenn man einen Therapeuten aufsucht.“ | |
| Jeden Tag Kunstblut, jeden Tag Leichen aus Pappmaschee, jeden Tag düstere | |
| Erinnerungen – Olmo Gölz findet es befremdlich, dass Rashid in der | |
| Gedenkstätte arbeitet. Der deutsche Islamwissenschaftler warnt jedoch | |
| davor, ihn gleich auf die Rolle des doppelten Opfers festzulegen – als | |
| Opfer des Gases und seines Traumas. „Es könnte gerade diese Arbeit in der | |
| Gedenkstätte sein, die für ihn die Ressource fürs Überleben darstellt“, | |
| sagt Gölz. Sie könnte ein Instrument sein, um dem sinnlosen Tod seiner | |
| Familie und dem eigenen Leid einen Sinn zu geben, einen Ausweg aus Schwäche | |
| und Ohnmacht. In einer seiner Schriften spricht Gölz von der „Ambiguität | |
| des Martyriums“. | |
| Gölz hat sich auf Heldenerzählungen im Nahen Osten spezialisiert, | |
| insbesondere im Kontext des Ersten Golfkriegs. Dabei geht es noch um viel | |
| mehr als den Seelenfrieden Überlebender. „Martyriums-Narrative sind im | |
| Nahen Osten und vor allem bei Minderheiten wie den Kurden von besonderer | |
| Bedeutung“, sagt er. „Sie schaffen eine gemeinsame Identität. Sie ersetzten | |
| für diese Gemeinschaften fehlende nationale Zeichen wie Grenzen oder | |
| Pässe.“ | |
| Ein bekanntes Beispiel ist der kurdische Nationalepos „Mem û Zîn“, eine | |
| shakespearehafte Geschichte zweier Liebender. Mem personifiziert darin das | |
| kurdische Volk, Zîn das kurdische Land. Als Mem ermordet wird, bricht Zîn | |
| auf seinem Grab zusammen und folgt ihm in den Tod. „In der Geschichte wird | |
| auf symbolischer Ebene das heroische Ideal des Selbstopfers für Region und | |
| Gemeinschaft in den Mittelpunkt gestellt“, sagt Gölz. Er erkennt in dem | |
| Martyrium Rashids und seiner Familie aber auch eine viel universellere | |
| Bedeutung. Er erinnert an die Überlebenden des Holocausts. „Vor allem aus | |
| deutscher Sicht ist das persönliche Engagement der Zeitzeugen eine der | |
| wichtigsten Präventionsmaßnahmen“, sagt er. „Ich befürchte, dass wir ihr… | |
| Einsatz noch sehr vermissen werden, wenn es sie nicht mehr gibt.“ | |
| ## Rashid: „Wenn ich hier bin, leide ich jede einzelne Sekunde“ | |
| Rashid sitzt im schwarz marmorierten Eingangsbereich der Gedenkstätte. | |
| Jeden Moment könnten Gäste kommen, die von ihm durch die Ausstellung | |
| geführt werden möchten. Wer ihn danach fragt, ob er je wieder glücklich | |
| wird, hört ihn zuallererst lang und dunkel seufzen. Verliert Rashid sich in | |
| seinen düsteren Erinnerungen? Oder gehört er zu jenen Menschen, die allein | |
| mit den Schrecken der Vergangenheit fertig werden? Vielleicht gar durch die | |
| Arbeit in der Gedenkstätte? | |
| „Wenn ich hier bin, leide ich jede einzelne Sekunde“, sagt er. „Meine | |
| Wunden werden nicht heilen, mein Schmerz wird nicht nachlassen, solange ich | |
| mich immer wieder dieser Situation aussetze.“ Für Rashid ist die Frage nach | |
| seinem eigenen Leben aber nicht die entscheidende. „Ich werde hier | |
| gebraucht“, sagt er. „Keiner kann das so wie ich.“ Sein Platz, davon ist | |
| Rashid überzeugt, ist in der Gedenkstätte – egal was dabei aus ihm wird. | |
| 20 Dec 2019 | |
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