# taz.de -- Prozess wegen Vergewaltigung: Entschädigung wegen Vergewaltigung | |
> Japans Gesicht der MeToo-Bewegung, Shiori Ito, erringt vor Gericht einen | |
> Sieg. Sie erhält nun umgerechnet 27.000 Euro Entschädigung. | |
Bild: Shiori Ito im Gericht in Tokio: Die zwei japanischen Schriftzeichen stehe… | |
Mit einem leichten Lächeln hielt Shiori Ito ein Plakat mit den zwei | |
japanischen Schriftzeichen für „Prozess gewonnen!“ in die Kameras. Ein | |
Zivilgericht in Tokio hatte ihrer Entschädigungsklage gegen den 53-jährigen | |
Noriyuki Yamaguchi stattgegeben. Der prominente Fernsehreporter soll sie | |
erst betäubt und dann vergewaltigt haben. Ihren Vorwurf hatte die heute | |
30-jährige Journalistin in dem Buch „Black Box“ öffentlich gemacht. Dadur… | |
wurde sie in Japan zum Gesicht der [1][MeToo-Bewegung] gegen den Missbrauch | |
von Frauen. | |
Nun muss Yamaguchi sie mit umgerechnet 27.000 Euro entschädigen. Das ist | |
zwar dreimal weniger, als Ito gefordert hat, aber der Sieg zählt für sie | |
offenbar mehr. „Ehrlich gesagt weiß ich nicht, wie ich mich fühlen soll“, | |
gestand sie mit tränenerstickter Stimme. Erst als einer ihrer Unterstützer | |
sie umarmte, habe sie das Gefühl bekommen, dass etwas zu Ende gegangen sei. | |
Im April 2015 hatte Yamaguchi versprochen, ihr bei der Suche nach einer | |
Anstellung als Journalistin zu helfen. Bei dem Abendessen in einem | |
Restaurant wurde ihr plötzlich schwindelig. Als sie mit Schmerzen im | |
Unterleib in einem Hotelzimmer aufwachte, lag der Mann nackt auf ihr. Sie | |
zeigte ihren Vergewaltiger an, aber die Staatsanwaltschaft stellte das | |
Verfahren ein. Die Beweislage sei zu dünn. Es gab auch den Verdacht, dass | |
Yamaguchi wegen seiner engen Kontakte zu Premierminister [2][Shinzo Abe] | |
nicht angeklagt wurde. | |
## Beschuldigte streitet alles ab | |
Der Beschuldigte wies die Vorwürfe immer zurück. Ito sei betrunken und der | |
Sex einvernehmlich gewesen. Deswegen verklagte er sie seinerseits wegen | |
Verleumdung auf 1 Million Euro Entschädigung. Aber Richter Akihiro Suzuki | |
wies diese Klage zurück. Ito habe kein Motiv für eine falsche Anklage, | |
entschied der Richter. Außerdem habe Yamaguchi seine Aussage geändert, das | |
mache ihn unglaubwürdig. Nach dem Urteil kündigte der Verurteilte an, in | |
Berufung zu gehen. „Alle meine Aussagen wurden konsequent geleugnet und | |
alle Worte von Frau Ito als Wahrheit gesehen“, sagte er. | |
Dessen ungeachtet fand der Richter klare Worte. Dass die Journalistin offen | |
über ihre Vergewaltigung gesprochen habe, sei im öffentlichen Interesse | |
gewesen, weil sie damit die Lage der Opfer von Sexualverbrechen verbessern | |
wollte. Offiziell hat Japan eine der niedrigsten Vergewaltigungsquoten der | |
Industrieländer. | |
[3][In Wirklichkeit schämen sich fast alle Opfer so sehr], dass sie den | |
Täter nicht anzeigen. Doch Ito brach dieses Tabu und musste deswegen | |
zahlreiche Hasskommentare in den sozialen Medien ertragen. Bis heute leidet | |
die Journalistin unter Panikattacken und unkontrollierten Rückblenden zur | |
Tatnacht. „Der Sieg im Gericht löscht nicht aus, was zuvor passiert ist“, | |
meinte sie. „Ich muss immer noch herausfinden, wie ich mit meinen Narben | |
umgehen kann. Es ist also noch nicht vorbei.“ | |
Ihren Mut, den Täter öffentlich anzuklagen, erklärt Ito mit der | |
MeToo-Bewegung im Ausland. Die Proteste der westlichen Frauen hätten ihr | |
die Kraft gegeben, sich gegen ihren Vergewaltiger zu stellen. | |
18 Dec 2019 | |
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## AUTOREN | |
Martin Fritz | |
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