# taz.de -- Regierungsbildung in Israel: Kein neues Netanjahu-Kabinett | |
> Israels Premier Benjamin Netanjahu scheitert mit der Regierungsbildung. | |
> Jetzt soll sein Widersacher Benny Gantz den Auftrag bekommen. | |
Bild: Die Eröffnungssitzung der Knesset fand bereits am 3. Oktober statt | |
TEL AVIV taz | „Seitdem ich das Mandat zur Regierungsbildung erhalten habe, | |
habe ich unablässig daran gearbeitet, eine große nationale | |
Einheitsregierung zu bilden“, verkündete Benjamin Netanjahu am Montagabend | |
in einer Videobotschaft. Doch seine Bemühungen seien an der Blockadehaltung | |
von Benny Gantz gescheitert. | |
Zwei Tage vor Ablauf der Frist hat Netanjahu nun das Mandat zur | |
Regierungsbildung an Staatspräsident Reuven Rivlin zurückgegeben. | |
Netanjahus rechtsreligiöser Block hatte nicht die benötigten 61 Sitze auf | |
sich versammeln können. Verhandlungen zur Bildung einer Einheitsregierung | |
von Likud und Gantz' Blau-Weiß waren zuvor gescheitert. Blau-Weiß hatte bei | |
den Wahlen die meisten Stimmen gewonnen, nicht aber das größere Lager | |
hinter sich versammeln können. | |
Parteichef Gantz hatte sich geweigert, einer Einheitsregierung unter | |
Netanjahu beizutreten, weil es gegen diesen massive Korruptionsvorwürfe | |
gibt. Außerdem bestand Netanjahu darauf, dass der gesamte rechtsreligiöse | |
Block, nicht nur Netanjahus Partei Likud, Teil der Einheitsregierung wird. | |
## Gantz bekommt 28 Tage Zeit | |
Staatspräsident Rivlin hat angekündigt, das Mandat so bald wie möglich an | |
Gantz weiterzugeben. Der hat 28 Tage Zeit, seinerseits eine Regierung zu | |
bilden. | |
Doch auch Gantz werden nicht viele Chancen zugesprochen. Er gibt sich aber | |
optimistisch. „Zeit für Blau-Weiß“ twitterte er am Montagabend und kündi… | |
an, unter seiner Führung eine Einheitsregierung auf die Beine zu stellen. | |
Netanjahu hat in den letzten Wochen einiges unternommen, um ein solches | |
Szenario zu verhindern, und Loyalitätsbekundungen seines rechtsreligiösen | |
Blocks eingeholt. Er ließ die Mitglieder seines Blocks unterschreiben, dass | |
sie nur einer Regierung unter Netanjahu beitreten werden. Nur Ayelet Shaked | |
und Naftali Bennet von der Partei Yamina unterzeichneten nicht. | |
Eine weitere Möglichkeit für Gantz wäre die Bildung einer | |
Minderheitsregierung mit Unterstützung der arabischen Joint List von außen. | |
Auch dagegen hat Netanjahu in den letzten Wochen Stimmung gemacht. Immer | |
wieder hat er vor einem Deal zwischen Gantz, der Joint List und dem | |
Vorsitzenden von Israel Beitenu, Avigdor Lieberman, gewarnt und davor, eine | |
instabile Minderheitsregierung anzustreben und Neuwahlen zu provozieren. | |
Für den von Korruptionsvorwürfen bedrängten Netanjahu ist jedes Szenario, | |
in dem er nicht als Ministerpräsident in die Neuwahlen geht, keine Option. | |
Denn dann würde er seine Immunität verlieren. | |
## Netanjahu schürt Angst vor der Joint List | |
In seiner Videobotschaft ließ er erneut verlauten, dass Gantz sich mit | |
Abgeordneten der Joint List abgesprochen habe, „die Terrorismus | |
glorifizieren und Israel das Existenzrecht absprechen“. | |
Ayman Odeh, Vorsitzender des Parteienbündnisses Joint List, kommentierte: | |
„Dem Zauberer sind die Tricks ausgegangen und er hat noch einmal die | |
Hetz-Karte gezogen. Ich hoffe, dies wird das letzte Mal gewesen sein, dass | |
Netanjahu als Ministerpräsident gegen die arabische Bevölkerung Israels | |
hetzt.“ | |
Sollte auch Gantz keine Regierung bilden können, kann jedes gewählte | |
Parlamentsmitglied versuchen, innerhalb von drei Wochen 61 | |
Knesset-Mitglieder hinter sich versammeln. Gelingt auch dies nicht, werden | |
Neuwahlen stattfinden – die dritten in diesem Jahr. | |
22 Oct 2019 | |
## AUTOREN | |
Judith Poppe | |
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