| # taz.de -- Postzustellung an Werktagen: Montag in Gefahr | |
| > Heute schon in den Briefkasten geguckt? Geht es nach der FDP, kann man | |
| > sich das Nachschauen am Anfang der Woche künftig sparen. | |
| Bild: Bald montags frei? | |
| Bonn/Berlin dpa | Bei der Reform des Postgesetzes könnte die | |
| [1][Briefzustellung an Montagen künftig wegfallen]. In einem Antrag | |
| schreibt die Bundestagsfraktion der FDP, dass diese Zustellung keine | |
| Pflicht mehr sein soll. Die Liberalen knüpfen dies an die Bedingung, dass | |
| die Deutsche Post samstags deutlich mehr Briefe ausliefern muss. Bisher | |
| müssen die Briefträger der Post an einem Werktag mindestens 80 Prozent der | |
| Sendungen zustellen, die am Vortag eingeworfen worden sind. Diesen Wert | |
| will die FDP für Samstage auf 95 Prozent steigern. Das soll verhindern, | |
| dass große Briefmengen tagelang liegen bleiben. | |
| Bisher müssen die Briefträger der Deutschen Post an jedem Werktag unterwegs | |
| sein, mit der Gesetzesnovelle könnte sich das ändern. Der Einfluss der | |
| Liberalen auf das Gesetzgebungsverfahren ist angesichts ihrer | |
| Oppositionsrolle im Bundestag zwar begrenzt. Dennoch verdeutlicht der | |
| parlamentarische Antrag der FDP, dass ein Ende der Montagszustellung längst | |
| kein Tabu mehr ist. [2][Postthemen sind unter Politikern eigentlich ein | |
| heißes Eisen], weil viele Verbraucher und damit Wähler ihre Gewohnheiten am | |
| Briefkasten nicht ändern wollen. | |
| Anfang August hatte das vom CDU-Politiker Peter Altmaier geführte | |
| Bundeswirtschaftsministerium ein Eckpunktepapier zu der anstehenden | |
| Postgesetz-Reform vorgelegt. Teile des Gesetzes sind schon mehr als zwei | |
| Jahrzehnte alt, sie gelten angesichts fortschreitender Digitalisierung und | |
| sinkender Briefmengen als überholt. In seinem Eckpunktepapier schreibt das | |
| Ministerium unter anderem, man wolle untersuchen, „ob die Zustellung an | |
| sechs Tagen weiterhin erforderlich ist“. Dabei verweist es auf EU-Regeln, | |
| denen zufolge an nur fünf Tagen pro Woche zugestellt werden muss. Bis | |
| Jahresende will das Wirtschaftsministerium einen Gesetzentwurf vorlegen – | |
| daran arbeite man „mit Hochdruck“, sagt eine Sprecherin. | |
| Sollen die Briefkästen an Montagen leer bleiben dürfen? Das Eckpunktepapier | |
| stellt die Frage, beantwortet sie aber nicht. Ja, sagt die FDP. Nein, heißt | |
| es hingegen von der SPD. „Eine Verkürzung der Zustellung von sechs auf fünf | |
| Tage die Woche ist ohne Frage eine Verschlechterung für die Bürgerinnen und | |
| Bürger“, sagt der Vizechef der SPD-Bundestagsfraktion, Sören Bartol. „Wir | |
| lehnen diese ab.“ | |
| ## Linke und Grüne argumentieren ähnlich | |
| Ein Nein kommt auch von der AfD, von den Grünen und von der Linken. Der | |
| Linkspolitiker Pascal Meiser verweist darauf, dass gerade erst eine saftige | |
| Portoerhöhung genehmigt worden sei und dass die Post-Beschwerden ansteigen | |
| – aus seiner Sicht wäre es daher völlig unangemessen, nun den Montag zu | |
| streichen und der Post das Geschäft somit zu erleichtern. Ähnlich | |
| argumentiert die Grüne Katharina Dröge. | |
| Der wirtschaftspolitische Sprecher der Fraktion von CDU und CSU im | |
| Bundestag, Joachim Pfeiffer, gibt zu bedenken, dass man in Deutschland | |
| schärfere Zustellpflichten habe als in anderen EU-Staaten. „Angesichts der | |
| umfassenden Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft werden wir | |
| genau prüfen müssen, ob das noch zeitgemäß ist.“ Der Politiker stellt zwar | |
| keine Abschaffung der Montagszustellung in Aussicht, aber immerhin | |
| Änderungen. Er könne sich durchaus vorstellen, dass Kunden zum Beispiel für | |
| eine Montagszustellung „einen kleinen Betrag mehr“ bezahlen. Die | |
| fraktionsinterne Diskussion zu dem Thema sei aber noch nicht so weit, es | |
| gebe hierzu noch keine Einigung, sagt Pfeiffer. | |
| Ein Knackpunkt ist die Frage, ob ein Montags-Aus zu nicht hinnehmbaren | |
| Verzögerungen im Briefverkehr mit Gerichten führen würde – dass also | |
| dadurch Fristen nicht eingehalten werden. Solche Gerichtsschreiben müssen | |
| laut Gesetz in Papierform zugestellt werden. „Solange der Staat, etwa bei | |
| Behörden- oder Gerichtskommunikation, den klassischen Briefverkehr zwingend | |
| voraussetzt, darf es keine Einschränkung der Briefzustellung geben“, sagt | |
| der Vize-Chef der AfD-Fraktion im Bundestag, Leif-Erik Holm. „Erst muss der | |
| Staat die Kommunikation mit Ämtern und Gerichten digitalisieren, dann | |
| können wir über eine Abschaffung der Sechs-Tage-Zustellpflicht reden.“ | |
| ## Wirtschaftlicher Ballast | |
| Für die Post ist die Montagszustellung wirtschaftlich gesehen Ballast. Denn | |
| ihre Zusteller decken zwar auch an diesem Tag alle Haushalte ab, haben aber | |
| nur wenige Briefe dabei. 2018 warfen die Briefträger des Bonner Konzerns | |
| 7,7 Milliarden Briefe und Karten in Postfächer, davon 87 Prozent von | |
| Firmen. Unternehmen verschicken ihre Sendungen üblicherweise von Montag bis | |
| Freitag – am Wochenende geben sie so gut wie keine Sendungen auf. Somit | |
| kommt montags fast nur Privatpost an, die aber nur 13 Prozent der | |
| Gesamtmenge ausmacht. | |
| Wer die Wortmeldung der FDP als Schützenhilfe für die Deutsche Post wertet, | |
| liegt daneben. Denn die geforderte Vorgabe, die Briefmengen am Samstag in | |
| die Höhe zu schrauben, dürfte für den Bonner Konzern ein Kraftakt sein. Der | |
| federführende Verfasser des Antrags, der FDP-Abgeordnete Reinhard Houben, | |
| sagt, der Wegfall der Montagspflicht wäre für die Firma finanziell gesehen | |
| ein großer Vorteil, weil sie dann weniger Personal bräuchte. „Das darf aber | |
| kein Geschenk ohne Gegenleistung werden.“ Im Gegenzug müsse sich die | |
| Samstagszustellung verbessern. „Wir wollen keine Verschlechterung für den | |
| Briefkunden – insgesamt muss die Leistung gleich oder besser werden als | |
| bisher.“ | |
| Der Liberale sieht die Rolle der Post in der Branche kritisch – aus seiner | |
| Sicht ist sie ein „Quasi-Monopolist“, der fairen Wettbewerb und damit ein | |
| sehr gutes Angebot für Kunden behindert. Laut Bundesnetzagentur kommt die | |
| Deutsche Post DHL auf einen Umsatz-Marktanteil von 85 Prozent im | |
| Briefgeschäft. Houben plädiert beispielsweise dafür, dass das | |
| „Umsatzsteuerprivileg“ wegfällt – diese Regelung begünstigt nach seiner | |
| Darstellung die Post, da die Deutsche Post DHL bei bestimmten Großkunden | |
| keine Umsatzsteuer abführen muss, etwa bei Banken, Versicherungen und | |
| Behörden. Dadurch könne sie ihre Dienstleistungen billiger anbieten als die | |
| Konkurrenz, was den Wettbewerb behindere. | |
| 20 Oct 2019 | |
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| [2] https://www.nrz.de/wirtschaft/verbraucher/post-kunden-beklagen-leere-briefk… | |
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