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# taz.de -- Geschlossene Grenzen für den Handel: Nigeria schottet sich ab
> Offiziell sollten die Grenzen für Güter zunächst geschlossen bleiben, um
> den Schmuggel zu bekämpfen. Doch das Land isoliert sich immer mehr.
Bild: Marktstand in Abuja
Lagos/Abuja taz | Anfangs klang es wie ein schlechter Scherz. Doch Nigerias
Landesgrenzen bleiben tatsächlich bis auf Weiteres für alle Güter
geschlossen – auch die, die nicht auf der Import-Verbotsliste des Landes
stehen. Das hat Hameed Ali, Leiter des Zolls, bestätigt.
Schon im August waren die Grenzübergänge teilweise dichtgemacht worden, um
so vor allem den Schmuggel von Reis zu bekämpfen – so die offizielle
Begründung. „Die Nachbarländer importieren fast alles ohne Einschränkungen,
was sie wiederum nach Nigeria bringen“, kritisiert Tunji Ogunyemi,
Professor für Geschichte an der Universität Ile-Ife. Stärken soll das
Verbot zudem die lokale Produktion. „Das bringt Arbeitsplätze für unsere
Jugend. Wir müssen unsere Industrie und unsere Farmer schützen“, sagt der
Professor.
Im Alltag klappt das nur teilweise. Auf einem Markt in der Megacity Lagos
hat ein junger Händler tiefgefrorene Hähnchen in seiner Kühltruhe liegen.
Heimische Produktion? Olamide, der ein breites Silberkettchen trägt und
eher in einen Club passt, lächelt schräg: „Im weiteren Sinne. Aus Benin.“
Aufgrund der geschlossenen Grenzen musste er die Preise etwas anheben. Wie
und wo er sie über die Grenze bekommt, will er lieber nicht sagen. Die
Hähnchen sind Schmuggelware.
Unter den Sanktionen leidet vor allem Benin, das als Nigerias Vorratskammer
gilt. Protest regt sich aber auch in Ghana, wo Benjamin Yeobah von der
ghanaischen Händlervereinigung jüngst den nigerianischen Alleingang scharf
kritisierte. „Ein Geschäftsmann hat gerade in Nigeria Güter gekauft.
Aufgrund der neuerlichen Entscheidung durfte er sie aber nicht ausführen“,
sagte Yeobah im Fernsehen. „Der Zwischenhändler hat die Waren nicht
zurückgenommen, weshalb der Geschäftsmann ohne Geld und Güter zurück nach
Ghana kam.“
Die Entscheidung steht auch im Widerspruch zu allen Vereinbarungen der
Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas. Ihre Forderungen, die
Grenzen wieder zu öffnen, werden allerdings ignoriert. Bis heute sieht
Außenminister Geoffrey Onyeama keine Gesetzesverletzung. Per Twitter
verkündete er, dass sich die Maßnahmen nicht gegen andere Länder, sondern
kriminelle Aktivitäten richten.
## „Nigerianer sind überall in Westafrika“
Diese Ansicht teilt in Abuja der Leiter der nigerianischen
Einwanderungsbehörde, Mohammed Babadede. „Die Menschen können weiterhin
reisen.“ Die Reisefreiheit gilt als eine der wichtigsten Errungenschaften
der Regionalorganisation. Die Maßnahme sei sogar im Sinne der Ecowas, weil
so Grenzen besser überprüft würden, so Babadede.
Dabei haben Nigeria und Benin erst im Juli und nach zähem Ringen das
[1][afrikanische Freihandelsabkommen] unterzeichnet, mit dem endlich der
Handel auf dem Kontinent angekurbelt werden soll. Laut UN-Konferenz für
Handel und Entwicklung lag der Handel innerhalb Afrikas zwischen 2015 und
2017 gerade einmal bei 2 Prozent. Auch wenn es für die Umsetzung von AfCFTA
zahlreiche Hürden gibt, gilt das Abkommen doch als Meilenstein.
Weitere Tendenzen zu Abschottung und Nationalismus sieht Professor Tunji
Ogunyemi jedoch nicht. „Nigerianer sind überall in Westafrika. Man könnte
es sich gar nicht leisen, im Sinne von Trumps Politik nationalistisch zu
werden.“ Für die Nachbarländer fühlt sich das mittlerweile jedoch anders
an.
27 Oct 2019
## LINKS
[1] https://au.int/en/cfta
## AUTOREN
Katrin Gänsler
## TAGS
Nigeria
ecowas
Handel
Kolumne Stadtgespräch
Essen
Nigeria
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