# taz.de -- Vorstoß bei Drogenpolitik in Berlin: Der Rausch im Lieferservice | |
> Eine Berliner Grüne plädiert für eine Eigenbedarfsregel – auch bei harten | |
> Drogen. Dabei kann eine Partei, die sich für Nachhaltigkeit einsetzt, | |
> schwerlich Koks bagatellisieren. | |
Bild: Begehrte Ware zum Naserümpfen | |
Für eine lebenswerte Stadt braucht es für manche mehr als günstige Mieten. | |
Koks zum Beispiel. Wer demnächst seine Miete um 100 Euro im Monat absenkt, | |
kann sich locker ein Gramm Kokain dafür leisten. Der Taxi-Fahrer des | |
Vertrauens bringt vielleicht auch zwei. Man könnte fast glauben, | |
SPD-Fraktionschef Raed Saleh hätte genau das im Sinn gehabt, als er den | |
Mietendeckel als „gut für die Wirtschaft und die Konjunktur“ bezeichnete. | |
Rückendeckung für diese Form der Investition kommt zumindest von den | |
Grünen. Deren drogenpolitische Sprecherin Catherina Pieroth forderte diese | |
Woche eine Eigenbedarfsregelung auch für sogenannte harte Drogen. Eine | |
Grenze für Kokain und Heroin könnte etwa bei 3 Gramm liegen. Ähnlich wie | |
bei Cannabis – hier liegt die Grenze in Berlin bei 15 Gramm – sollten | |
Staatsanwaltschaften die Verfahren dann einstellen. „Das wäre eine | |
Entlastung für Polizei, Gesellschaft und alle Beteiligten“, so Pieroths | |
nachvollziehbare Begründung. | |
Statt der Verfolgung der Konsumenten könnte sich die Polizei auf die | |
Händler fokussieren, etwa auf ein Phänomen, das sie zuletzt verstärkt | |
beobachtet: [1][Drogenkuriere, die auf Anruf oder Nachricht] die gewünschte | |
Menge direkt vor die eigene Tür fahren. Von Mai bis Oktober wurden bereits | |
35 Ermittlungen zu Koks-Taxen aufgenommen, ein ganzes Kommissariat sei mit | |
entsprechenden Ermittlungen beschäftigt. Die Fahrer scheinen aufgeschreckt: | |
Mehrere taz-Interviewanfragen wurden negativ beschieden. | |
Das Geschäft läuft dennoch prächtig weiter; europaweit steigt die Nachfrage | |
nach Kokain, was auch auf einen rapiden Preisverfall in den vergangenen | |
beiden Jahrzehnten zurückzuführen ist. Die Droge hat sich aus den Clubs der | |
Reichen und Schönen ausgebreitet, bis zu einer arbeitenden, auch | |
alternativen Klientel. Dass aber ausgerechnet die Grünen die Droge | |
entkriminalisieren wollen, ist auch ein Treppenwitz. Eine Partei, die sich | |
Nachhaltigkeit und einen bewussten Umgang mit der Natur auf die Fahnen | |
schreibt, kann schwerlich Koks bagatellisieren. | |
Aber sie ist in guter Gesellschaft: Linke, Veganer, Menschenfreunde koksen | |
sich in Massen die Nasen blutig und ignorieren in ihrem Rausch, welche | |
katastrophale Folgen mit dem Anbau und dem Vertrieb der Droge verbunden | |
sind. Dazu gehören die großflächige Zerstörung des Regenwaldes, die | |
Versklavung von Koka-Bauern und ein Drogenkrieg der Kartelle untereinander | |
und gegen staatliche Armeen und Polizeien, der mittlerweile zu | |
Hunderttausenden Toten und Geflüchteten geführt hat. Egal, Hauptsache, man | |
spendet für Sea-Watch und isst Tofu-Wiener. | |
Raed Saleh ist – das muss man fairerweise sagen – keiner dieser Ignoranten: | |
„Ich halte das für eine verrückte Idee“, sagte er zu dem Grünen-Vorschla… | |
Aber Mietabsenkungen hielt die SPD ja auch für verrückt. Und Argumente für | |
eine neue Handhabe gibt es ja wirklich. | |
26 Oct 2019 | |
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## AUTOREN | |
Erik Peter | |
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