# taz.de -- Vor dem Duell gegen Gladbach: In Unterzahl gegen Verharmloser | |
> Auch der AS Rom hat mit rassistischen Fans zu kämpfen. Aber im | |
> Unterschied zu den meisten Klubs in Italien stellt er sich dieser | |
> Verantwortung. | |
Bild: Roma-Verteidiger Juan Jesus machte rassistische Anfeindungen öffentlich | |
Rom taz | Es ist wieder passiert: Am Sonntag waren wieder Affenlaute in | |
einem Stadion der italienischen Serie A gegen einen schwarzen Spieler zu | |
hören. Schuldig waren diesmal einige Anhänger der AS Roma, Opfer der | |
englische Sampdoria-Profi Ronaldo Vieira. Der Klub hat sich sofort via | |
Twitter bei dem Spieler entschuldigt: „Der Verein duldet keine Art von | |
Rassismus und wird die Behörden unterstützen, damit die Täter identifiziert | |
und verbannt werden.“ | |
An diesem Donnerstag nun ist Borussia Mönchengladbach zu Gast beim AS Rom. | |
Es geht um Punkte für die Europa League. Der Vorfall vom letzten Wochenende | |
steht im Widerspruch zu der strikten antirassistischen Haltung, die der | |
Klub entwickelt hat. Zum Ausdruck kommt diese nicht nur durch Erklärungen, | |
sondern auch durch konkretes Handeln. | |
Am 27. September hat nämlich die Roma auf die Beschimpfungen gegen | |
Verteidiger Juan Jesus sofort reagiert. Der Brasilianer hatte in den | |
sozialen Netzwerken eine Aufforderung mit rassistischem Inhalt | |
veröffentlicht, die er von einem „Fan“ unter Benutzernamen „Pomatinho“ | |
erhalten hatte: „Verdammter Affe, du musst aus Rom verschwinden.“ Obendrein | |
hatte Juan Jesus einen Appell an die Roma gerichtet: „Ihr wisst, was mit | |
einem derartigen Fan zu tun ist. Ich bin stolz, so zu sein, wie ich bin“, | |
schrieb er auf Twitter. | |
[1][Die Antwort des Klubs] kam prompt. Der Account des „Fans“ wurde den | |
Betreibern und der Polizei gemeldet, die Roma verhängte ein lebenslanges | |
Stadionverbot. Zum ersten Mal wurde in diesem Fall jener Verhaltenskodex | |
angewendet, den 2017 die Regierung, der Fußballverband (FIGC), das | |
olympische Komitee (Coni) und die Klubs unterschrieben. Ziel war, die Klubs | |
in der Lage zu bringen, Menschen zu identifizieren und eventuell zu | |
bestrafen, die vor allem im Stadion an rassistischen Vorfällen schuldig | |
sind – wie es beispielsweise in England üblich ist. | |
## Im Ermessen der Vereine | |
Über Rassismus wird derzeit im italienischen Fußball jedes Wochenende | |
gesprochen. Dabei geht es vor allem auch um die Frage der Verantwortung. | |
Einerseits kann das Sportgericht wegen rassistischen Verhaltens Strafen | |
verhängen, aber keine individuellen. Sanktioniert wird der Klub. Die | |
Polizei kann andererseits die einzelnen Täter identifizieren und bestrafen, | |
aber nur bei klaren Vergehen oder nach einer Anzeige. Alle weiteren | |
Schritte liegen im Ermessen der Klubführungen. Doch bisher ist nur die Roma | |
als aktiv handelnder Verein aufgefallen. | |
Vor ein paar Wochen erst wurde die Partie zwischen Atalanta Bergamo und dem | |
AC Florenz wegen rassistischer Beschimpfungen gegen Fiorentina-Profi | |
Henrique Dalbert vom Schiedsrichter Daniele Orsato kurzzeitig unterbrochen. | |
Die Klubverantwortlichen aus Bergamo verharmlosten das Geschehen. „Es ist | |
kein Rassismus, auch ich werde im Stadion immer beschimpft“, kommentierte | |
etwa Trainer Gian Piero Gasperini. Präsident Antonio Percassi verlor nicht | |
einmal ein Wort darüber. Atalanta musste zwar eine 10.000-Euro-Strafe | |
bezahlen, aber nur weil der Schiedsrichter den Vorfall im Spielbericht | |
vermerkte. Andernfalls wäre das Ereignis unbestraft geblieben – wie es | |
übrigens in Cagliari passiert ist. | |
Dort wurde Inter-Mailand-Stürmer Romelu Lukaku rassistisch beleidigt, doch | |
der Schiedsrichter unterbrach das Spiel nicht. Folgen hatte der Vorfall | |
keine. Cagliari-Präsident Tommaso Giulini beschwichtigte: „Cagliari ist | |
keine rassistische Stadt. Ich wünsche mir, dass die Polizei die Täter | |
identifiziert.“ | |
## Schwalbe schlimmer als Rassismus | |
Rechtfertigungen und Verharmlosungen hört man von Verantwortungsträgern | |
häufig. „Affenlaute gegen schwarze Spieler sind schlecht, aber noch | |
schlechter ist, wenn jemand, der jährlich drei Millionen verdient, sich im | |
Strafraum fallen lässt und mit einem geschundenen Elfmeter zufrieden ist“, | |
sagte der Coni-Präsident Giovanni Malagò. „Ausgepfiffen werden auch | |
Spieler mit normaler weißer Haut“, kommentierte Claudio Lotito, Präsident | |
von Lazio Rom, just ein paar Tagen bevor die Uefa wegen Zeigens des | |
Hitlergrußes im Block der Lazio-Fans beim Europa-League-Spiel gegen Stade | |
Rennes Ermittlungen einleitete und schließlich die Curva Nord sperrte. | |
Die Ermittlungen der Turiner Staatsanwaltschaft gegen Juventus-Ultras haben | |
offenbart, dass rassistische Sprechchöre auch [2][als Mittel der | |
Erpressung] eingesetzt werden. Denn die Vereine fürchten Sanktionen durch | |
die Verbände. Die Juventus-Ultras machten sich das zunutze. Zunächst hatte | |
der Klub keine Anzeige erhoben, erst vor Kurzem hat er zur Festnahme der | |
Erpresser beigetragen. | |
Bei Inter Mailand veröffentlichten die Ultras nach den Beleidigungen gegen | |
Lukaku eine Erklärung, dass „die Affenlaute gegen einen schwarzen Spieler | |
eigentlich keine rassistische Äußerung sind, sondern eine Art Respekt und | |
Angst vor dem Spieler selbst“. Der Verein, der letztes Jahr eine | |
antirassistische Kampagne organisierte, hat die Meldung nicht kommentiert. | |
23 Oct 2019 | |
## LINKS | |
[1] https://twitter.com/ASRomaEN/status/1185964422994501635 | |
[2] /Kriminalitaet-in-der-Kurve/!5628797 | |
## AUTOREN | |
Valeria Meta | |
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