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# taz.de -- Entspannung in Kamerun: Oppositionsführer Kamto frei
> Kameruns greiser Präsident Paul Biya lässt Oppositionsführer Maurice
> Kamto und andere aus der Haft frei. Jubel in der Hauptstadt Yaoundé.
Bild: Da hielt er sich für Kameruns neugewählten Präsidenten: Maurice Kamto …
Abuja taz | Endlich sind sie frei. Am Samstag hat ein Militärgericht in
Kamerun den Oppositionsführer [1][Maurice Kamto], den Rapper Valsero und
100 weitere Führer und Unterstützer der größten Oppositionspartei MRC
(Bewegung für die Renaissance Kameruns) aus der Haft entlassen.
Auf den Straßen der Hauptstadt Yaoundé trafen sich spontan zahlreiche
Menschen, um das zu feiern. Sie sangen, klatschten und jubelten. Kamto ließ
sich von seinen Anhängern nach Hause begleiten und kündigte in einer
Ansprache „eine neue Etappe unseres Kampfes“ an.
Angekündigt hatte Präsident Paul Biya (86) erstmals am Mittwochabend, 333
politische Häftlinge zu begnadigen. Einen Tag später gab er über Twitter
bekannt, dass die Verfahren gegen die MRC-Politiker und deren Anhänger
nicht weiterlaufen. Nach einer Terminverschiebung hätten diese am Dienstag
vor einem Militärgericht beginnen sollen.
Kamto (65) war bei der [2][Präsidentschaftswahl 2018] mit 14,2 Prozent der
Stimmen Zweiter geworden, hatte das aber [3][nicht anerkannt] und zu
Protesten gegen die Regierung aufgerufen. Wäre es zu einem Verfahren
gekommen, dann hätte ihm im schlimmsten Fall die Todesstrafe gedroht.
„Als ich davon erfuhr, konnte ich das gar nicht glauben. Es war ein
merkwürdiges Gefühl“, sagt in Erlangen Layoko Siewe über die neue
Entwicklung in Kamerun. Auch [4][ihr Ehemann Wilfried] wurde bei einem
Heimatbesuch im Februar verhaftet. Seitdem kämpft Layoko Siewe für seine
Freilassung.
Noch bleibt der Deutsche zwar in Haft, da er Ende August wegen angeblichen
Fluchtversuchs während einer Gefängnismeuterei zu einer dreijährigen
Gefängnisstrafe verurteilt worden war. Layoko Siewe klingt jedoch
erleichtert. „Die Anwälte sind guter Hoffnung, dass er ebenfalls bald aus
dem Gefängnis kommt.“
## „Nationaler Dialog“ soll Konflikt lösen
Die Kehrtwende des Präsidenten Biya, der seit 1982 an der Macht ist, hängt
mit dem am 10. September angekündigten großen nationalen Dialog zusammen.
Er sollte den Konflikt in den anglophonen Regionen Nordwest und Südwest
lösen, in denen mittlerweile rund 3.000 Menschen ums Leben gekommen und
fast 600.000 in die Flucht getrieben worden sind.
Aus der Region Südwest heißt es von Augenzeugen, dass dort längst
Bürgerkrieg herrsche. Die Bewohner hätten Schwierigkeiten, Nahrungsmittel
zu finden, und die Angst vor der Armee und vor den separatistischen
Rebellengruppen sei gleichermaßen groß.
Die Skepsis, ob sich durch die fünftägigen Gespräche – organisiert von
Premierminister Joseph Dion Ngute, der aus dem anglophonen Landesteil
stammt – etwas ändert, bleibt groß. Die Maßnahmen werden als bloße
Beschwichtigung gesehen.
Teile der Zivilgesellschaft, Vertreter der Religionsgemeinschaften und
Oppositionspolitiker wie Cabral Libii hatten den Dialog zwar grundsätzlich
begrüßt und betont, dass jeder Lösungsversuch genutzt werden müsse. Schon
während einer seiner seltenen Fernsehansprachen hatte Biya einer Spaltung
Kameruns allerdings eine Absage erteilt.
Befürworter einer unabhängigen „Republik Ambazonien“ haben deshalb gar
nicht erst am Dialog teilgenommen. Sie kritisierten außerdem, dass es an
internationaler Mediation fehle.
Auch waren Separatistenführer Sisiku Ayuk Tabe sowie neun weitere
Unterstützer erst im August zu lebenslangen Haftstrafen sowie zu
Geldstrafen von knapp 400 Millionen Euro [5][verurteilt] worden.
6 Oct 2019
## LINKS
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[4] /Deutscher-in-Kamerun-inhaftiert/!5619689/
[5] /Justiz-in-Kamerun/!5619909/
## AUTOREN
Katrin Gänsler
## TAGS
Kamerun
Paul Biya
Maurice Kamto
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Schwerpunkt Flucht
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