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# taz.de -- Turn-WM in Stuttgart: Russlands doppeltes Turnerchen
> Am Freitag steht das Mehrkampffinale an. Favoriten sind Artur Dalaloyan
> und Nikita Nagorny. Die sind gute Freunde und sehen sich verdammt
> ähnlich.
Bild: Wirbelt auch ohne seinen Kumpel Nikita: Artur Dalaloyan
Stuttgart taz | Sie heißen Nikita und Artur. Und am Freitag, im Finale der
besten Mehrkämpfer bei der Turn-WM in Stuttgart, werden sie wieder
auftreten. Und wieder könnten sie gewinnen. „Kampfeslustig“ sei er mit
Blick auf diesen Wettkampf, so hat es Artur Dalaloyan am Mittwoch
beschrieben.
Kurz zuvor hatten erst er und dann Nikita Nagorny ihre Schwünge und Salti
an der Reckstange souverän absolviert. Es waren die letzten Übungen eines
großartigen Mannschaftsfinales, das Russland zum ersten Mal in der
Geschichte gewann. Zuletzt hatte 1991 die Sowjetunion diesen
prestigeträchtigen Wettbewerb gewonnen. In diesem Jahrhundert war es
zumeist eine Auseinandersetzung unter Asiaten: China oder Japan? [1][Im
letzten Jahr] hatte China sich denkbar knapp gegen Russland durchgesetzt.
Ausgerechnet jetzt, ein Jahr vor den Olympischen Spielen in Tokio, kommen
die Russen. „Ich kann jetzt sagen, dass ich zum ersten Mal seit einem Jahr
ruhig schlafen kann“, sagte Dalaloyan mit Blick auf die letztjährige
Niederlage: „Das hat uns das ganze Jahr über motiviert, noch mehr zu
arbeiten, stärker zu werden und größere Ziele zu erreichen.“
## „Lüg doch nicht!“
Artur Dalaloyan kam 1996 in Tiraspol, der Hauptstadt des international
nicht anerkannten Transnistriens beziehungsweise de jure der zweitgrößten
Stadt Moldaus auf die Welt. Mit seiner aus Moldau stammenden Mutter und dem
armenischen Vater zieht er bald nach Sibirien. In einem Interview erzählte
Dalaloyan, er habe als Junge in Nowosibirsk Kurse in Töpfern, Judo und
Turnen belegt: „Dann haben sie meinen Eltern erklärt, dass ich ein
natürliches Talent fürs Turnen habe und ernsthaft trainieren sollte.“ Ein
halbes Jahr später zieht die Familie nach Moskau, Artur kommt in die
Trainingsgruppe von Alexander Kalinin und wird immer besser. Doch er nimmt
das Turnen nicht ganz so ernst wie gewünscht.
Bereits Mitglied der Junioren-Nationalmannschaft fliegt Dalaloyan wegen
Disziplinlosigkeit 2016 kurzzeitig aus dem Olympia-Kader für Rio. Damals
habe er eingesehen, dass er hart arbeiten müsse, wenn er es im Turnen zu
etwas bringen will, sagte Dalaloyan, als er bei der Weltmeisterschaft in
Doha vor einem Jahr Mehrkampf-Weltmeister geworden war.
Sein Teamkollege Nikita Nagorny wurde im letzten Jahr Dritter. Nun in
Stuttgart zeigte er eines der spektakulärsten Elemente auf der Bodenfläche:
einen [2][dreifachen Salto] rückwärts. Beide verbringen längst die meiste
Zeit ihres Lebens im Trainingszentrum Am Runden See nahe Moskau. Sie sind
gut befreundet und werden gern verwechselt, wie Artur berichtet: „Jeder
verwechselt uns. Eigentlich gehen Nikita und ich immer zusammen zum Essen,
aber irgendwann ist er vorgegangen, und als ich dann vor dem Koch stand,
sagt der zu mir: 'Du hast doch gerade gegessen!’ Ich hab ihm erklärt, dass
ich gerade vom Training komme, und er sagt: ‚Lüg nicht! Gib doch einfach
zu, dass du noch Hunger hast!‘ “
Am heutigen Freitag ist der Wettstreit zwischen Nikita und Artur völlig
offen. Die Setzliste will, dass Dalaloyan als vorletzter Turner ans Reck
geht, danach kommt nur noch Nagorny.
Auf die Frage, ob er als Titelverteidiger mehr Druck verspüre, sucht der
23-Jährige nach dem richtigen Begriff: „Ich würde nicht sagen, dass es
Druck ist. Im Gegenteil, es ist der starke Wunsch, die Motivation, die Lust
– ja, die Lust nach dem Sieg zu streben.“
11 Oct 2019
## LINKS
[1] http://www.gymmedia.de/Geraetturnen/48-TURN-WM-der-Maenner-2018
[2] https://www.youtube.com/watch?v=is5-YlPwTGQ
## AUTOREN
Sandra Schmidt
## TAGS
Turnen
Russland
Schwerpunkt Sport trotz Corona
Homophobie
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