# taz.de -- Einheitsfeierei, Wahlen und Brexit: Probleme und Lösungen in Europa | |
> Über keine Koalition unter Kurz, den Brexit und verschenkte Feiertage in | |
> Deutschland. Wenigstens wird die CDU jetzt queer und Barbies | |
> geschlechtsneutral. | |
Bild: Nach den Italien-Wahlen warb Merkel für eine proeuropäische Regierung. … | |
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche? | |
Friedrich Küppersbusch: Trump stand noch nie so schlecht da. | |
Und was wird besser in dieser? | |
Schlecht dastehen kann er gut. | |
Am 3. Oktober war der Tag der Deutschen Einheit. Haben Sie gefeiert? | |
Gartenarbeit, Radsport, Home Office. Und an den verschenkten 9. 11. denken, | |
den deutschen Multifunktionsgedenktag. Kanzler Kohl wollte damals einen | |
eigenen Feiertag, und um der Wirtschaft zu schmeicheln nahm er einen | |
Sonntag. Nachfolger Schröder erwog, ihn immer sonntags abzuhalten, um mit | |
den Steuermehreinnahmen Haushaltslöcher zu füllen. Das misslang, doch einen | |
beliebigeren Feiertag findet man kaum. | |
Nach seinem Wahlsieg in Österreich begibt sich [1][Sebastian Kurz in die | |
Koalitionsverhandlungen]. Bekommt Österreich dasselbe in Grün – oder in | |
Blau? | |
Mehrheitlich wünschen sie sich eine Koalition mit den Grünen, gern auch den | |
liberalen Neos als Drittem im Bunde. Weniger angesehen ist die Groko und am | |
wenigsten noch mal rechts-rechts. Nachdem Kanzlerin Merkel in Italien | |
vermonstert wurde, weil sie versucht haben soll, eine proeuropäische | |
Regierung herbeizutelefonieren, schweigt Berlin diesmal dröhnend. Maut, | |
Verkehrsstruktur, vor allem europäische Migrations- und Finanzpolitik: Eine | |
Umfrage unter deutschen Bundeskanzlern ergäbe ein ähnliches Ergebnis. | |
Der ehemalige [2][österreichische Vizekanzler Heinz-Christian Strache] hat | |
derweil seinen Rückzug aus der Politik angekündigt. Auf nach Ibiza? | |
Das Beunruhigende an Straches abschließendem Festival des Selbstmitleids: | |
Der wirksamste Hebel gegen Rechtsextremisten scheint, sie an der Regierung | |
zu beteiligen. So zerlegten sich FPÖ und Haider unter zwei | |
Schüssel-Koalitionen, diesmal FPÖ und Strache. Was aus dem österreichischen | |
Beispiel zu lernen ist, möchte man lieber nicht lernen. | |
Der britische Premier Johnson sagt über den Brexit, die Briten fühlten | |
sich, „als ob sie zum Narren gehalten werden“. Er hat’s also bemerkt. Was | |
jetzt? | |
Johnson rührt ein Gebräu aus „Wir sind das Volk“ und „Basta“. Darin T… | |
folgend, der gegen alle Checks und Balances eine Karte seiner Wahlerfolge | |
postet. Problem: das funktioniert. | |
Das wiedervereinigte Deutschland ist 29 geworden. Jetzt kann es noch ein | |
Jahr richtig auf den Putz hauen, dann muss es langsam mal an | |
Unfallversicherung und Reihenhaus denken. Ihre Tipps? | |
Das letzte Jahr nutzen, reihenweise Koreaner einzufliegen. Die gucken sich | |
den Osten an, und wenn sie dann zurück daheim erzählen: „Puh … | |
Wiedervereinigung …. muss echt nicht …“ haben wir noch mal einen neuen | |
Diskussionsansatz. Man könnte auch Johnson den Hinweis einflüstern, sein | |
Back-Stop-Problem löse sich bei einer Wiedervereinigung Irlands in Luft | |
auf. Wenn man Briten lachen hören will. | |
Seehofer sagt der Türkei weiter Unterstützung beim Flüchtlingspakt zu. Ist | |
das, wie die Linke sagt, „ein neuer Kniefall vor Erdoğan“? | |
Wenn die Türkei und Griechenland nicht mitspielen, droht Seehofer: „Dann | |
werden wir das erleben, was wir auch 2015 erlebt haben – dann werden die | |
Menschen überall in Europa sein.“ Was ein origineller Ansatz ist, eine | |
europäische Flüchtlingspolitik durchsetzen, nach der die Menschen überall | |
in Europa sein werden. | |
Die Berliner CDU will die Position der Interessenvertretung Lesben und | |
Schwule in der Union (LSU) stärken. Wie queer hätten wir denn die CDU | |
gerne? | |
Einem Klischee nach gilt es bei der Berliner CDU als Modernisierungsschub, | |
wenn sie nicht Edith Hancke und Harald Juhnke plakatiert. Eine | |
Denkmalschutzsekte Alter Westen, die nun aufholen will: mehr Listenplätze | |
für Frauen, 24-Stunden-Kitas, Rad statt Auto und eben queere Themen. Was | |
man auch als Sozi-Strategie lesen kann: Unsere alten Themen funktionieren | |
nicht mehr, die neuen sampeln wir uns von der Konkurrenz, und dazwischen | |
hilf uns Gott. | |
Der Barbie-Hersteller Mattel produziert jetzt auch [3][geschlechtsneutrale | |
Puppen]. Die Spielzeuge lassen sich divers anziehen und stylen. Würden Sie | |
eine kaufen? | |
Stimmt, das ist ein Geschäft zwischen Erwachsenen. Mattel führt Testreihen | |
mit Achtjährigen an, die sich selbst als „genderfließend“ bezeichnet habe… | |
In dem Alter fiel mir eine stillgelegte Puppe meiner Schwester zu, weil sie | |
im Spielgetümmel eines Beines verlustig gegangen war. Sie wurde nach einem | |
Kriegsversehrten im Nachbarhaus „Onkel-Kocherscheidt-Puppe“ gekost, was | |
Onkel Kocherscheidt zu einem gezielten Wurf mit der Krücke veranlasste. | |
Kinder erklären sich mit Spielzeugen die Welt, die Welt erklärt sich in | |
Spielzeugen den Kindern. Dabei ist Kindern jeder Übergriff erlaubt, der | |
Welt keiner. Mattel hat fülligere Barbies angeboten, Barbies mit Kopftuch | |
oder Heidi Klum. Es ist einfach ein Geschäftsmodell. | |
Und was machen die Borussen? | |
Da bin ich noch sehr unentschieden. | |
Fragen: Simon Sales Prado, Heba Alkadri | |
6 Oct 2019 | |
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## AUTOREN | |
Friedrich Küppersbusch | |
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