Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Opioid-Konzern beantragt Insolvenz: Jetzt wird abgerechnet
> Dem Unternehmen Purdue wird vorgeworfen, mit seinem Schmerzmittel
> Oxycontin ein Wegbereiter der Drogenkrise in den USA gewesen zu sein.
Bild: Purdue flutete die USA mit dem Schmerzmittel – und trägt Mitschuld an …
Stamford/Berlin dpa/taz | Mit dem Schmerzmittel Oxycontin hat Purdue Pharma
Milliarden gescheffelt – und Hunderttausende süchtig gemacht. Nun versucht
der US-Pharmakonzern über einen Vergleich die vielen Klagen zu umgehen und
hat Gläubigerschutz beantragt.
Mit dem Verfahren nach Kapitel 11 des US-Insolvenzrechts wolle Purdue die
mehr als 2.000 Klagen beilegen, wie das Unternehmen am Montag in Stamford
im US-Bundesstaat Connecticut bestätigte. Damit würden laufende Klagen
gestoppt und gebündelt vor Gericht verhandelt.
Die Firma soll in eine Stiftung der öffentlichen Hand überführt werden. Zur
Abgeltung der Schadenersatzforderungen hat sich Purdue offenbar zu einem
Vergleich in Höhe von rund 10 Milliarden Dollar bereit erklärt.
Ob diese Vereinbarung durchkommt, ist allerdings offen. Denn vielen Klägern
reicht diese Summe nicht. Unter den Klägern sind zahlreiche Bundesstaaten,
Städte und Landkreise. Sie hatten in den vergangenen Jahren den
Monsteranteil der durch die Opioid-Epidemi verursachten Gesundheitskosten
zu tragen.
## Hunderttausende Drogensüchtige
Durch sein Schmerzmittel Oxycontin ist der Name Purdue wie kein anderer
Pharmakonzern mit der verheerenden Opioid-Epidemie in den Vereinigten
Staaten verbunden. Diese Epidemie hat in den vergangenen 20 Jahren laut
US-Behörden zu Hunderttausenden Toten durch Überdosierung geführt.
Konkret wird dem Pharmakonzern und deren Eigentümerfamilie Sackler
vorgeworfen, Schmerzmittel unter Verschleierung der Suchtgefahren „mit
rücksichtslosen und aggressiven Methoden vermarktet“ zu haben. Damit wurde
[1][aus Sicht der Kläger] ein wesentlicher Grundstein für Drogensucht
gelegt, was wiederum den Tod von rund 400.000 US-Bürgern mit herbeigeführt
habe.
## Oxycontin war zeitweise umsatzstärkstes Arzneimittel
Von John Purdue Gray und George Frederick Bingham 1892 gegründet, befindet
sich das Unternehmen vollständig im Besitz der Erben von Mortimer und
Raymond Sackler. In Deutschland gehört der Familie die Schwesterfirma
Mundipharma. Oxycontin kam 1995 auf den Markt und zählte eine Zeit lang zu
den umsatzstärksten Arzneimitteln der Welt.
Bereits im Jahr 2007 wurde Purdue wegen unzureichender Warnungen vor
Suchtgefahren zur Strafzahlung von rund 634 Millionen Dollar verurteilt Im
Januar 2019 klagte als erster US-Bundesstaat Massachusetts in einem
275-seitigen Memo acht Mitglieder der Sackler-Familie an.
## Sackler-Clan hat „Blut an ihren Händen“
Derartige Klagen erhoben bis zum September 2019 nahezu alle
US-Bundesstaaten sowie rund 2.000 Kommunalverwaltungen. [2][Josh Shapiro,
Generalstaatsanwalt von Pennsylvania, sagte], „ich denke, es handelt sich
um eine Gruppe scheinheiliger Milliardäre, die logen und betrogen, um einen
ansehnlichen Gewinn zu erzielen. Ich glaube wirklich, dass sie Blut an
ihren Händen haben.“
Sollte der Vergleich zustande kommen, wird die Familie Sackler ihre
Eigentümerschaft an Purdue Pharma aufgeben. Rund 3 Milliarden Dollar der
Vergleichssumme soll die Familie Sackler privat aufbringen, weitere rund
1,5 Milliarden durch den Verkauf einer anderen Firma zahlen.
## Sackler-Clan droht glimpflich davonzukommen
Doch Kritikern geht der Vergleich nicht weit genug. Sie sind der Meinung,
dass die Sacklers glimpflich davonkommen würden. Das gesamte Vermögen der
Sackler-Familie wurde durch Forbes auf 13 Milliarden Dollar geschätzt. Die
Familie bestreitet dieses hohe Vermögen.
Hinzu kommt: Der Staat New York hat im März Purdue und Mitglieder des
Sackler-Clans wegen Betrugs angeklagt. Hunderte Millionen Dollar wären aus
dem Konzern über Offshore-Firmen auf Privatkonten des Clans geleitet
worden, um sie vor dem Zugriff des Staates bei Schadensersatzansprüchen zu
verbergen. Am Freitag hat die New Yorker Staatsanwaltschaft weitere schwere
Vorwürfe erhoben und den Clan beschuldigt, eine Milliarde Dollar unter
anderem auf Schweizer Bankkonten versteckt zu haben.
„Während unser Land sich von dem Massensterben erholt, das die Sacklers mit
ihrer Gier angerichtet haben, versucht die Familie sich aus der
Verantwortung zu ziehen“, sagte New Yorks Generalstaatsanwältin Letitia
James.
17 Sep 2019
## LINKS
[1] /Opioid-Urteil-in-den-USA/!5618033
[2] https://abcnews.go.com/Health/wireStory/opioid-talks-impasse-purdue-bankrup…
## AUTOREN
Felix Lee
## TAGS
Drogen
Arzneimittel
Epidemie
USA
Pharma
Drogen
USA
John Bolton
Sucht
USA
Schwerpunkt USA unter Donald Trump
Sucht
## ARTIKEL ZUM THEMA
Netflix-Serie „Painkiller“: Sucht statt Gesundheit
„Painkiller“ erzählt von der Geschichte des Opiods OxyContin. Ein wichtiges
Thema, aber die Serie setzt das nicht immer kunstvoll um.
Urteil gegen Johnson & Johnson: Milliardenstrafe wegen Brüsten
Der Pharmakonzern Johnson & Johnson muss einem Mann in den USA
Schadenersatz zahlen, weil ihm als Nebenwirkung Brüste gewachsen sein
sollen.
Sicherheitsberater der US-Regierung: Fünf Optionen für Bolton-Nachfolge
Erstmals hat sich US-Präsident Trump dazu geäußert, wer nächster
US-Sicherheitsberater werden könnte. Es gibt eine Überraschung.
Impfen gegen die Sucht: Das Immunsystem überlisten
Die Entwicklung von Impfstoffen gegen Opioidsucht steckt noch in den
Anfängen. Die bisher vorliegenden Ergebnisse sind nicht erfolgversprechend.
Opioid-Urteil in den USA: Ein schwaches Signal
Das Urteil gegen Johnson & Johnson hätte eine Wende einleiten können.
Stattdessen setzt es ein anderes Zeichen: Man kommt davon.
Kommentar Trumps Plan gegen Drogen: Geschwafel von Law and Order
Die guten Ansätze in Trumps Anti-Drogen-Programm sind nicht finanziert. Die
anderen Teile sind nicht nur unsinnig, sondern auch gefährlich.
US-Künstlerin über Schmerzmittelsucht: „Deine Seele gerät in Finsternis“
Das Schmerzmittel Oxycontin hat die Fotografin Nan Goldin fast umgebracht.
Nun hat sie den Kampf gegen die Herstellerfirma aufgenommen. Ein Gespräch.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.