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# taz.de -- 70 Jahre KP Chinas: Revolution im Zeichen der Mütze
> Maos Mütze ist seit langer Zeit verbunden mit der chinesischen
> Revolution. Ihre Geschichte erzählt viel über politische Symbole in der
> Kleidung.
Bild: Die Mütze, das Lächeln, der Mao
„Mütze grün, mit rotem Stern“. Oder: „Nur die besten Mützen, echt getr…
von Rotgardisten“ – mit diesen Slogans bewirbt Taobao, Chinas größte
Online-Verkaufsplattform, in diesen Tagen groß die Mao-Mütze. Abgebildet
ist sie in allen nur erdenklichen Varianten. Es gibt sie klassisch in Grün,
Blau, Grau und Schwarz, aber auch modisch zweifarbig oder gar bunt. Und
auch die Form ist unterschiedlich. Mal ist der Schirm lang, bei anderen
kurz, bei der Männerversion sitzt sie weniger ballonförmig auf dem Kopf als
bei der Version für Frauen. Aber auf keiner fehlt er: der rote Stern. Bei
der günstigeren Variante ist er aus Plastik, bei der etwas teureren aus
Blech. Aus Letzterem bestand einst das Original.
Am 1. Oktober 1949 hatte Kommunistenführer Mao Tse-tung auf dem berühmten
Tor vor dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking die Volksrepublik
ausgerufen. Die nach ihm benannte Mütze ist aber schon um einiges älter.
Dass die Mao-Mütze derzeit wieder vermehrt in Peking zu sehen ist, hat
sicherlich zu tun mit dem Nationalfeiertag, [1][den die chinesische Führung
anlässlich des 70. Jahrestags der Gründung der Volksrepublik] mit großer
Militärparade in diesem Jahr besonders feierlich begehen will. Reliquien,
die an den „großen Steuermann“, den Langen Marsch und an die Roten Garden
erinnern, finden zu solchen Anlässen in China regelmäßig Abnehmer.
Doch das ist es dieses Mal nicht allein. Die Mao-Mütze ist auch als
Mode-Accessoire wieder angesagt. „Sie ist praktisch und cool“, sagt Gao
Nan. Die 26-jährige Studentin besitzt eine graublaue Version, die etwas
bauchiger wirkt als das Original. „Im Dutt zusammengebunden kriege ich
sogar meine langen Haare drunter.“ Bei einem Baseball-Cap sei das nicht
möglich.
## Späte Namensgebung
Bei dem Accessoire handelt es sich genau genommen um eine klassische
Schieber- und Ballonmütze, wie sie seit dem Zeitalter der
Industrialisierung auch in Europa und anderswo von der Arbeiterklasse
getragen wurde. Was sie so praktisch machte: Selbst lange Haare ließen sich
einfach verstauen, damit sie bei der Arbeit etwa nicht ins Räderwerk von
Maschinen gerieten. Die Kommunisten sahen ihre Basis in der Arbeiterklasse.
Und dort, wo kommunistische Parteien an die Macht kamen, wurde die
Arbeitermütze entsprechend geadelt, so ab 1949 mit Maos Machtergreifung
auch in China.
In China selbst war die Mao-Mütze lange Zeit gar nicht nach dem
kommunistischen Diktator benannt. Die Mütze war lediglich Teil eines
Outfits, das wiederum nach Sun Yat-sen benannt war, dem Gründer der
Republik China von 1912. Zu jener Zeit hielt auch der westliche
Kleidungsstil Einzug in China. Beamte, Generäle und Geschäftsleute brachen
mit der klassischen Kleidung der Qing-Dynastie. Bei Männern war das ein
langes Gewand, dazu eine Kappe auf den zu einem langen geflochtenen Zopf
gebundenen Haaren. Der Kopf war an der Seite geschoren. Frauen trugen den
traditionellen Qipao, ein eng sitzendes, ebenfalls langes Gewand mit
hochgeschlossenem Kragen und Schlitzen an der Beinseite. Beide Gewänder
waren unpraktisch für den Alltag.
Um nach dem Sturz des Kaiserhofs der Republik ein neues Gesicht zu geben,
beauftragte Republikgründer Sun Schneider mit der Erstellung eines neuen
Anzugs. Dieser war im Unterschied zum westlichen Jackett bis nach oben
zugeknöpft und hatte einen Stehkragen.
Das Outfit wurde als Zhongshan Zhuang bekannt, benannt nach seinem
Auftraggeber Sun, der auf Chinesisch Zhongshan heißt. Sun machte in seiner
Amtszeit den Anzug zum Pflichtkleidungsstück der chinesischen Beamten. Auch
Mao mochte diesen Anzug. Er passte aus seiner Sicht bestens zum
Kommunismus: Die Uniform ist einfach geschnitten und aus solider,
preiswerter Baumwolle. Sie besteht aus einer bequemen Hose und einer Jacke
mit vier Außentaschen. Um dem Ganzen noch einen proletarischen Anstrich zu
verpassen, ließ der große Vorsitzende das Outfit mit ebenjener
Arbeitermütze ergänzen.
## Ein Dress für alle
Während der Anzug ohne Mütze unter dem Republikgründer Sun für den Umbruch
nach dem Kaiserreich stand, wurde der Anzug unter Mao mit Mütze zum Symbol
der Revolution. Sie passte zu allen Anlässen, zur Arbeit ebenso wie zur
Hochzeit. Zudem symbolisierte sie Gleichheit, Bodenständigkeit und kleidete
sowohl Männer als auch Frauen.
Während der Kulturrevolution hatte fast die gesamte Bevölkerung diesen
Dress an. Mao machte das Outfit auf diese Weise weltweit bekannt, sodass
der Anzug ihm in der westlichen Welt seinen Namen verdankt – und damit auch
die Mütze.
Mao selbst soll der Legende nach die nach ihm benannte Mütze aber gar nicht
so oft getragen haben. Wozu auch – möchte man meinen. Schließlich hatte er
schon in frühen Jahren nur noch lichtes Haar; viel zu schützen, etwa vor
einem Räderwerk von Maschinen, gab es auf dem Haupt Maos also nicht. Ein
anderes Gerücht klingt hingegen ein wenig plausibler. Er soll sich, so
heißt es tatsächlich, nicht gern gewaschen haben. Und jedes zusätzliche
Kleidungsstück hätte seinen Körpergeruch nur verstärkt.
1 Oct 2019
## LINKS
[1] /70-Jahre-Volksrepublik-China/!5627083
## AUTOREN
Felix Lee
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