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# taz.de -- Für einen FC Bayern mit mehr Herz: Fehler, die liebt das Publikum
> Der FC Bayern wird oft Meister, aber nie Meister der Herzen. Was helfen
> könnte? Fehler machen. Also, Lewandowski, schieß doch mal daneben!
Bild: So ist er einem doch gleich sympathisch: Bayerns Lewandowski trauert um e…
Amine Harit zeigt aktuell, wie die Liebe in Zeiten der Bundesliga
funktioniert. Was wird dieser Mann geliebt! Und das natürlich nicht
zuvörderst, weil er mit Schalke gerade ein paar überaus passable Spiele
absolviert und vier Tore geschossen hat.
Nein, Harit wird geliebt, weil er gesündigt hat. Partynächte, Ausflüge ins
Casino, Unpünktlichkeit; eben das, was früher das Portfolio jedes
ernstzunehmenden Bundesligaspielers schmückte, aber im Hochleistungsfußball
keinen Platz mehr findet. Nicht dauerhaft jedenfalls, nur als kleine
Flucht. Er wird geliebt also, weil er sich Freiheiten genommen und auf den
rechten Pfad zurückgefunden hat, der Harit.
Kein Spieltag vergeht ohne Bekundungen des jungen Mannes, wie sehr ihm
jetzt die Familie am Herzen liegt (Vater ist er geworden), wie er sich
seiner Fehler schämt und dass er das Vertrauen zurückzahlt. Die Bundesliga
läuft da nicht viel anders als die Kirche, ohne reuige Sünder ist der Laden
nur die Hälfte wert. Großmütig vergibt der Fan.
Aus diesem Mechanismus erklärt sich auch die relative Gleichgültigkeit
gegenüber Robert Lewandowski, der gerade mit zehn Toren nach sechs
Spieltagen einen neuen Bundesliga-Rekord aufgestellt hat, aber dabei so
verdammt makellos ist. Ein Held ohne Brüche, der dem TV keine Laster
schenkt, menschlich nur, wenn er mal das Tor verfehlt; achten, ja, aber wer
liebt den? Das tun auch die Bayern-Fans nur mit Mühe. Er lässt sie zu klein
wirken.
Sowieso, der FC Bayern: Nach sechs Spieltagen sind wir also zurück auf dem
üblichen Stand der Dinge. Stramm marschiert die Bundesliga auf den
Zehn-Titel-am-Stück-Rekord des BFC Dynamo zu, wenn nicht noch rechtzeitig
die Superliga kommt. Mancher wünscht sich gar, den FC Bayern hätte es nie
gegeben. Aber das verkennt den Kern im Fußball, das Harit-Phänomen: Give
me drama, Baby!
## David gegen Goliath hat im schnöden Alltag
Das Mantra einer möglichst ausgeglichenen Bundesliga ist allgemein
akzeptiert. Spiele gleichwertiger Gegner wollen wir vermeintlich sehen, bei
denen vorher niemand weiß, wie sie ausgehen. Aber das ist vermutlich großer
Blödsinn. Studien jedenfalls deuten auf anderes hin. Die Spiele möglichst
gleichwertiger Mannschaften? Finden Fans uninteressant. Bei näherem
Nachdenken leuchtet das ein, Augsburg gegen Düsseldorf ist halt kein
Knaller. Großen Zulauf kriegen solche Duelle nur, wenn es um etwas Großes
geht, den Abstieg, die Meisterschaft und so.
Anders dagegen die ungleichen Duelle: die liebt das Publikum. Nachweislich
gehen Fans eher ins Stadion, wenn ein Team favorisiert ist. David gegen
Goliath hat im schnöden Alltag Konjunktur, bloß muss das unterlegene Team
eine gewisse Siegchance haben, denn Bayern gegen Vestenbergsgreuth ist eben
nur im Ausnahmefall ein spannendes Spiel. Stars sorgen für noch mehr Quote.
All das lässt nur eine Schlussfolgerung zu: Tut doch nicht so. Sehnsucht
nach Gleichheit ist Selbstbetrug. Ihr wollt sie doch auch in der Liga
haben, die Bayern. Ja, es ist Liebe.
Viel schöner wäre es aber eigentlich, wenn die Rolle des Goliaths wechseln
würde. Wenn demokratisch jeder mal zwei, drei Saisons der überlegene
Arschloch-Klub wäre, auch der SC Paderborn. Das wäre doch mal eine
Liga-Reform. Denn acht Bayern-Meisterschaften in Folge will ja niemand
sehen, heimlich nicht mal Bayern-Fans. Aktuell sieht alles trotzdem danach
aus. Das ist der logische Schritt in Richtung Superliga. Sie werden
einander vermissen, der FC Bayern und die Bundesliga. Helfen kann dagegen
eigentlich bloß einer: Amine Harit mit Schalke 04. Das wäre doch eine
Heldengeschichte. Und der FC Bayern wird Meister der Herzen.
1 Oct 2019
## AUTOREN
Alina Schwermer
## TAGS
FC Bayern München
Fußball
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Uli Hoeneß
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