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# taz.de -- VW-Chef diskutiert mit Kritikerin: „Wir meinen das ernst“
> Für Tina Velo vom Protestbündnis „Sand im Getriebe“ sind die
> VW-Elektrofahrzeuge ein „Feigenblatt“. Konzernchef Herbert Diess weist
> das zurück.
Bild: Freundlich im Ton, aber hart in der Sache: Aktivistin Tina Velo und VW-Ch…
Frankfurt/M. taz | Zumindest an einem Punkt waren sich VW-Chef Herbert
Diess und seine Kritikerin Tina Velo einig: Für eine Verkehrswende braucht
es mehr Unterstützung der Politik und eine deutliche Erweiterung des
öffentlichen Verkehrs. „Der öffentliche Nahverkehr ist auszubauen, die Bahn
muss besser funktionieren“, sagte Diess. „Das brauchen wir auf jeden Fall.�…
Tina Velo stimmte zu: „Die Alternativen müssen masssiv ausgebaut werden.“
[1][Diess und Velo waren am Montagabend kurz vor Beginn der Internationalen
Automobilausstellung (IAA) in Frankfurt am Main auf Einladung der taz
aufeinandergetroffen.] Der Chef des weltgrößten Automobilkonzerns
präsentiert dort von Dienstag an die Neuheiten des Unternehmens. Velo ist
Mitinitiatorin einer Protestaktion von Auto-KritikerInnen, die am kommenden
Sonntag den Zugang zur IAA blockieren wollen.
Die Kritik an der Branche könne er sogar nachvollziehen, sagte Diess: „In
der Tat kann man der Automobilindustrie natürlich viel vorwerfen.“ Als er
von den Protesten hörte, sei sein erster Gedanke gewesen: „Die kommen viel
zu spät.“ Denn die Branche habe „die Zeichen der Zeit verstanden“ und
stelle ihre Modellpolitik um. Volkswagen präsentiere auf der Messe vor
allem neue Elektrofahrzeuge, sagte der Vorstandsvorsitzende. „Wir haben
vor, in den nächsten zehn Jahren 50 Prozent unserer Flotte auf
Elektrobetrieb umzustellen.“
Velo (die in Wirklichkeit anders heißt, aber aufgrund von massiven
Bedrohungen nach früheren Aktionen unter einem Pseudonym auftritt) ließ
sich von dieser Ankündigung nicht beeindrucken. „Im Portfolio von Konzernen
wie VW stehen vor allem große, dicke, fette Geländewagen, absolute
Klimakiller – und daran wird sich auch in den nächsten Jahren überhaupt
nichts verändern“, kritisierte sie. Die angekündigten Elektroautos seien
aus ihrer Sicht „ein absolutes Feigenblatt“.
## Rufbusse statt Elektroautos
Das wies Diess entschieden zurück. „Wir meinen das ernst“, versicherte er.
Damit die Elektromodelle von den KundInnen auch angenommen würden, sei aber
Unterstützung aus der Politik nötig – sie müsse dafür sorgen, dass die
Ladeinfrastruktur schnell ausgebaut werde, und steuerliche Anreize für den
Kauf von Elektrofahrzeugen schaffen.
Aus Sicht von Tina Velo löst ein Umstieg auf Elektroautos die massiven
Verkehrsprobleme dagegen keineswegs. „Wir brauchen weniger Autos“,
verlangte sie. In der Stadt seien sie schon heute weitgehend überflüssig,
auf dem Land müssten sie es durch neue Angebote wie Rufbusse werden.
Diess erklärte zwar, das Auto habe „eine Berechtigung auch in Zukunft“.
Doch auch der VW-Chef räumte ein, dass „das Auto in der Stadt für die
Mobilität ein schlechter Kompromiss ist“ und dass man es dort in Zukunft
„nicht in dem Maß“ brauchen werde „wie heute“.
## Zufrieden, aber nicht befriedet
Auch wenn es viele Differenzen gab, zeigten sich beide Seiten zufrieden
über den Austausch. „Das Gespräch lief in einer angenehmen Atmosphäre“,
meinte Diess. Auch Velo sagte: „Es war ein gutes Gespräch.“ Der spontanen
Einladung des VW-Chefs, beim VW-Eröffnungsabend auf der IAA die Vorstellung
des neuen VW-Elektroautos ID3 mitzuerleben, lehnte Velo allerdings dankend
ab.
Sonst hätte sie erlebt, dass der Start ins neue Zeitalter bei Volkswagen
technisch nicht ganz ohne Probleme verlief: Als der Stand, auf dem das neue
Fahrzeug präsentiert wurde, feierlich enthüllt werden sollte, blieb ein
großer Teil der Vorhänge einfach hängen. Diess ließ sich davon nicht die
Laune verderben. Der ID3 sei „mehr als ein neues Modell“, sagte er bei der
Präsentation. „Das ist das Auto, das von uns jetzt erwartet wird.“
Die Kritiker lassen sich davon nicht beeindrucken, sondern tragen ihren
Protest auf die Straße: Am Samstag ist in Frankfurt eine große
Demonstration gegen die Automobilmesse vorgesehen, am Sonntag findet die
von [2][„Sand im Getriebe“ geplante Blockade] statt.
10 Sep 2019
## LINKS
[1] https://www.youtube.com/watch?v=wCb_8RYSdck
[2] https://sand-im-getriebe.mobi/aufruf-iaa-blockieren/
## AUTOREN
Malte Kreutzfeldt
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