# taz.de -- Internationaler Tag der Vermissten: Es gibt kein beschisseneres Gef… | |
> 11.300 Menschen suchen in Deutschland nach Angehörigen. Gesucht werden | |
> Tote aus dem Zweiten Weltkrieg und oft auch Verwandte in Syrien. | |
Bild: Tafete T. hat seinen Vater erst verloren und dann dank des DRK wiedergefu… | |
BERLIN taz | Zuletzt gesprochen hat Tafete T. seinen Vater vor einem Monat. | |
T. lebt in einer Unterkunft für Geflüchtete in Bayern, seinen Vater suchte | |
er seit seiner Ankunft in Deutschland im Jahr 2015 zunächst vergeblich. | |
Getrennt hatten sich ihre Wege im Sudan, dort musste sein Vater als | |
politischer Aktivist untertauchen. T. flüchtete mit seiner Frau nach | |
Deutschland – hier fand er heraus, wo sein Vater abgeblieben war. | |
2018 gingen beim Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) fast 11.300 | |
Anfragen zum Verbleib von Familienangehörigen ein, wie die Organisation zum | |
Internationalen Tag der Vermissten am Freitag mitteilte. Einen Großteil der | |
Suchmeldungen – fast 9.000 waren es – bezogen sich auf Tote im Zweiten | |
Weltkrieg. Inzwischen sind es aber auch viele Menschen aus Afghanistan, | |
Somalia, dem Irak und Syrien, die über das DRK den Kontakt zu ihren | |
Angehörigen suchen. | |
„Wir haben eine zutiefst humanitäre Aufgabe“, sagte DRK-Präsidentin Gerda | |
Hasselfeldt in Berlin. Allein im ersten Halbjahr seien etwa 4.800 | |
Suchanfragen bei der Organisation eingegangen. Mehr als 1.000 dieser Fälle | |
seien internationale Suchen nach Menschen gewesen, die aktuell durch | |
bewaffnete Konflikte und Migration voneinander getrennt worden seien. | |
Weltweit gelten nach Angaben des Internationalen Komitee vom Roten Kreuz | |
(IKRK) mehr als 70 Millionen Menschen als gewaltsam vertrieben. „Das sind | |
mehr als je zuvor in der Geschichte“, sagte der IKRK-Direktor für Europa | |
und Zentralasien, Martin Schüepp. Etwa 140.000 Menschen seien weltweit als | |
vermisst gemeldet. Dabei sind Schüepps Angaben zufolge in diesem Jahr | |
45.000 neue Fälle registriert worden, zu großen Teilen im Nahen Osten. | |
## Tafete T. hofft weiter | |
In Deutschland läuft die Finanzierung der Suche nach im Zweiten Weltkrieg | |
vermissten Menschen nach DRK-Angaben Ende 2023 aus. Bislang wird diese | |
Suche durch Gelder des Innenministeriums mitgetragen – 10,5 Millionen Euro | |
stellt der Bund nach Angaben der Organisation für diese Aufgabe zur | |
Verfügung. Für die Suche nach bei Konflikten und Flucht getrennten Menschen | |
soll in Deutschland auch künftig das DRK zuständig sein. | |
Diese Suche sei in vielen Fällen aber nicht leicht. „Für uns besteht die | |
größte Schwierigkeit darin, dass die suchenden Personen oftmals nicht sagen | |
können, in welchem Transit- oder Zielland sie ihre Angehörigen vermuten“, | |
sagt Dorota Dziwoki, Leiterin der Suchdienst-Leitstelle im | |
DRK-Generalsekretariat. In fast der Hälfte der Fälle konnte der | |
DRK-Suchdienst Angehörigen bei der internationalen Suche aber doch helfen, | |
wieder zueinanderzufinden. | |
So auch bei Tafete T. aus Bayern. Mit einem ehrenamtlichen Helfer des Roten | |
Kreuzes saß er zusammen und überlegte, wie er seinen Vater in Somalia | |
ausfindig machen könnte. Beim zweiten Treffen seien sie auf die Idee | |
gekommen, es über die Kirchengemeinde zu probieren, die der alte Mann in | |
Khartum besuchte. | |
Als Reaktion auf den Aushang des Roten Kreuzes in der Kirche bekam T. | |
Anfang des Jahres vom Suchdienst des Sudanesischen Roten Halbmonds eine | |
Handynummer zugeschickt – die seines Vaters. Seitdem telefonieren sie | |
regelmäßig. T.s Hoffnung ist aber, dass sein Vater zu ihm nach Deutschland | |
kann. | |
30 Aug 2019 | |
## AUTOREN | |
Cem-Odos Güler | |
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Schwerpunkt Flucht | |
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