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# taz.de -- Sexualisierte Gewalt in El Salvador: Eine Fehlgeburt ist kein Mord
> 33 Monate saß Evelyn Beatriz Hernández in Haft – wegen einer angeblichen
> Abtreibung nach einer Vergewaltigung. Nun wurde sie freigesprochen.
Bild: „Gott sei Dank“: Evelyn Beatriz Hernández nach dem Freispruch
Ciudad Delgado ap | Das Justizdrama um ein Vergewaltigungsopfer in El
Salvador sorgte weltweit für Betroffenheit – und hat nun ein glückliches
Ende gefunden: Nach fast drei Jahren in Haft ist eine nach einer Fehlgeburt
wegen Abtreibung angeklagte Frau vom Vorwurf des Mordes freigesprochen
worden. „Gott sei Dank, der Gerechtigkeit wurde Genüge getan“, rief Evelyn
Beatriz Hernández am Montag nach der Urteilsverkündung vor Dutzenden
wartenden Frauen in Ciudad Delgado, einem Vorort der Hauptstadt San
Salvador. Die Unterstützerinnen brachen in Jubel aus und skandierten: „Ja,
wir haben es geschafft!“
Hernández war nach einer Vergewaltigung im Jahr 2016 in der 32.
Schwangerschaftswoche, als sie starke Schmerzen im Bauch spürte und auf
einer Außentoilette eine Fehlgeburt erlitt. Später wurde der Fötus in einem
Klärtank leblos aufgefunden. Hernández' Mutter sagte damals, sie habe ihre
Tochter ohnmächtig neben dem Klo entdeckt. Die junge Frau selbst erklärte,
sie habe von der Schwangerschaft nichts gewusst.
Staatsanwälte glaubten der Darstellung von Mutter und Tochter jedoch nicht,
dass sie keine Ahnung gehabt hätten, dass ein Fötus in der Klärgrube
gelandet sei. Die Justiz erhob Anklage. Gerichtsmediziner konnten nicht
feststellen, ob der Fötus in der Gebärmutter oder im Klärtank starb.
Hernández wurde [1][zu 30 Jahren Gefängnis verurteilt], 33 Monate ihrer
Strafe saß sie bereits ab. Im Februar jedoch wurde der Schuldspruch aus
Mangel an Beweisen gekippt und ein neues Verfahren angeordnet.
Es war das erste Mal, dass ein solcher Fall in El Salvador wieder
aufgerollt wurde. Die Staatsanwaltschaft warf Hernández im neuen Prozess
vor, ihren Fötus nicht geschützt zu haben. Ihre Anwältin Bertha Mará Deleón
sprach von einem „sehr fairen“ Urteil des Richters. „Er hat gesagt, dass …
keinen Weg gegeben habe, um ein Verbrechen nachzuweisen, und deswegen hat
er sie freigesprochen.“
## Totales Abtreibungsverbot
In [2][El Salvador] werden Frauen, die nach Fehlgeburten staatliche
Krankenhäusern aufsuchen, oft der vorsätzlichen Tötung des Fötus bezichtigt
und angeklagt. Darauf können 30 bis 40 Jahre Haft stehen. Von solchen
Strafen sind häufig arme, junge Frauen und Opfer von Vergewaltigung
betroffen. Im zutiefst religiösen El Salvador gilt ein totales
Abtreibungsverbot. Frauen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen lassen,
drohen zwei bis acht Jahre Gefängnis.
Schätzungen zufolge werden im mehr als sechs Millionen Einwohner zählenden
zentralamerikanischen Land jedes Jahr 25.000 Frauen nach sexueller Gewalt
schwanger. Es wird angenommen, dass Jahr um Jahr Tausende heimliche
Abtreibungen in El Salvador ausgeführt werden.
Menschenrechtler begrüßten den Freispruch im Fall Hernández. „Das ist ein
überwältigender Sieg für die Rechte von Frauen in El Salvador“, erklärte
Erika Guevara-Rosas, für den amerikanischen Kontinent zuständige Direktorin
bei Amnesty International. Das Urteil stelle klar, dass keine Frau zu
Unrecht des Mordes beschuldigt werden dürfe, nur weil sie einen
Geburtsnotfall erlitten hätte. El Salvadors Regierung müsse ein für alle
Mal die „Kriminalisierung von Frauen stoppen, indem sie die drakonischen
Anti-Abtreibungsgesetze des Landes aufhebt“, forderte Guevara-Rosas.
20 Aug 2019
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## TAGS
El Salvador
Schwerpunkt Abtreibung
Schwerpunkt Paragraf 219a
Sexismus
Lesestück Recherche und Reportage
El Salvador
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