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# taz.de -- Historiker zu deutscher Fußballgeschichte: „Das DFB-Museum schli…
> Der Historiker Diethelm Blecking hält die DFB-Wahl einer Jahrhundertelf
> nach ethnischen Kriterien für „gefährlich“. Er wirbt für ein offenes
> Konzept.
Bild: Ja, Mesut Özil gehört auch zum Weltmeisterteam des Jahres 2014
taz: Herr Blecking, in Dortmund gibt es schon ein Fußballmuseum mit einer
künftigen „Hall of Fame“, und Sie entwerfen jetzt zusammen mit Daniel Huhn
ein Podcastkonzept, das die Geschichte des Fußballs in Deutschland
bearbeitet. Warum?
Diethelm Blecking: Wir nutzen einen neuen Podcast mit dem Arbeitstitel
„Bunte Nationalmannschaft“, um speziell das Konzept einer Hall of Fame zu
erweitern, die dort in Dortmund entworfen wurde. Dort werden nämlich
Fußballer auf das Podest gestellt, von denen es auf der Website des Museums
heißt, sie müssten „deutscher Herkunft“ sein. So sind es dann bisher auch
die üblichen Verdächtigten, die geehrt werden: Herberger, Beckenbauer,
Seeler, Matthäus.
Das Fußballmuseum sagt, es sei ja keine Hall of Fame, sondern eine
Jahrhundertelf des deutschen Fußballs: elf Spieler, ein Trainer …
Dieses Konstrukt einer Jahrhundertelf ist offensichtlich das Vorspiel zu
einer Hall of Fame. Weitere Aufnahmen in diesen Kreis sollen ja folgen.
Und was genau ist Ihre Kritik daran?
Was dort geplant wird, sieht schon aus wie eine ethnische Verengung des
deutschen Fußballs, der aber nie nur „weiß“ bzw. ethnisch homogen war. Das
so auch nur anzudenken, ist gerade in heutigen Zeiten, in denen sich auch
die AfD dem Fußball widmet gefährlich. AfD-Chef Gauland hat ja am Beispiel
von Jérôme Boateng formuliert, dass er sich einen weißen Fußball wünscht.
Nennen Sie Namen, wer fehlt?
Für eine zukünftige, vielfältige Repräsentanz ganz viele. Etwa Ernst
Kuzorra, dessen Vater aus Masuren stammte. Oder Ernst Willimowski,
Nationalspieler für Polen und Deutschland, der aus Schlesien kam. Auch ein
Walter Bensemann könnte vermisst werden, der jüdische Sportpublizist, der
den Kicker begründet hat oder auch Emanuel Schaffer, der jüdische Spieler
und Trainer, in Deutschland und Polen aufgewachsen, konnte den Holocaust
überleben, machte in Köln seinen Trainerschein und führte Israel ins
WM-Turnier 1970. Oder auch eine Frau: Fatmire Alushi, die für Paris
Saint-Germain spielt und aus dem Kosovo stammt, eben nichtdeutscher
Herkunft. Wir öffnen unseren Laden also viel weiter, „Nationalmannschaft“
ist ein bisschen boshaft gemeint.
Das Konzept des Fußballmuseums sieht aber vor, dass die besten Spieler,
gewählt von einer Fachjury, ernannt werden.
Das Problem ist doch nicht die Jury. Das Problem ist das naive Konzept, in
dem es explizit heißt, dass die Kandidaten „deutscher Herkunft“ sein
sollen. Damit ist ein Ausschlusskriterium formuliert, das für viele, die
das Herz des deutschen Fußballs ausmachen, gilt.
Was passiert noch in Ihrem Podcast?
Unser erstes Thema [1][ist Mesut Özil]. Wie der zum Sündenbock für die
vergeigte WM gemacht wurde, daran lässt sich zeigen, dass der deutsche
Fußball noch nicht in der Moderne und noch nicht in einer
ethnisch-heterogenen Gesellschaft angekommen ist.
Özil ist in Gelsenkirchen geboren. Für den gilt doch das
Ausschlusskriterium, das Sie beklagen, nicht.
Doch. Der Begriff „deutsche Herkunft“ – und nicht deutscher Pass – macht
nur dann Sinn, wenn ethnisch deutsch gemeint ist. Das Fußballmuseum wurde
schon mehrfach in den vergangenen Monaten darauf hingewiesen, aber es steht
immer noch auf der Website.
31 Aug 2019
## LINKS
[1] /Mesut-Oezil/!t5038556
## AUTOREN
Martin Krauss
## TAGS
Deutscher Fußballbund (DFB)
Mesut Özil
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Fußball und Politik
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DFB-Präsident
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