# taz.de -- Afroamerikanische US-Open-Siegerin: Königin in Weiß | |
> Althea Gibson war die erste afroamerikanische US-Open-Siegerin. Eine | |
> Skulptur in Flushing Meadows erinnert nun an sie. | |
Bild: Althea Gibson mit der Siegertrophäe im Jahr 1957 | |
NEW YORK taz | Als die US Open 1997 ein neues, großes Stadion bekamen, kam | |
der Name der Arena überall gut an; sie wurde nach Arthur Ashe benannt, dem | |
ersten und bis heute einzigen afroamerikanischen Tennisspieler, der je in | |
Wimbledon gewann. Der Name einer Frau, die solche Taten schon früher | |
vollbracht hatte, fehlte bisher, doch diese Lücke ist nun geschlossen. Am | |
Montag wurde im Billie Jean King National Tennis Center in Flushing Meadows | |
eine Skulptur enthüllt, die an das Leben und das Vermächtnis von Althea | |
Gibson erinnert, die in den fünfziger Jahren im Sport der Weißen Erfolge | |
feierte, die elf Grand-Slam-Titel gewann, fünf im Einzel und sechs im | |
Doppel. | |
Jeder weiß, wie lang der Weg ist, den [1][die Williams-Schwestern Venus und | |
Serena aus der finsteren Ecke in Compton, Kalifornien,] bis hinauf zu den | |
höchsten Gipfeln ihres Sports überwanden. Aber bei Althea Gibson ging es | |
noch weiter, noch härter, oftmals auf und ab. Sie fasste es selbst in einem | |
Satz zusammen, der wie ein ganzes Drehbuch klingt. „Der Königin von England | |
die Hand zu schütteln war ziemlich weit entfernt von der Erinnerung, im Bus | |
nach Downtown Wilmington, North Carolina, in den Reihen der Farbigen zu | |
sitzen.“ | |
Gibson wurde 1927 in Silver, South Carolina, geboren und wuchs in Harlem im | |
Norden New Yorks auf. Es dauerte lange, bis sie in jenem Sport, den sie | |
liebte, leidlich akzeptiert und zugelassen wurde. Als sie bei den | |
amerikanischen Meisterschaften 1950 in Forest Hills, dem Vorgänger der US | |
Open, mit 23 endlich zum ersten Mal mitspielen durfte, sah es ganz so aus, | |
als gebe der Himmel seinen Kommentar dazu. Bei einem Spiel gegen | |
Wimbledon-Siegerin Louise Brough wurde einer der steinernen Adler des | |
Stadions während eines heftigen Gewitters vom Blitz getroffen und krachte | |
auf den Boden, und Gibson kommentierte den Einschlag so: „Das war | |
vielleicht ein Omen für den Beginn anderer Zeiten.“ | |
Sechs Jahre danach gewann sie bei den Internationalen Meisterschaften von | |
Frankreich in Paris ihren ersten ganz großen Titel, im Jahr danach | |
triumphierte sie sowohl im Einzel als auch im Doppel zum ersten Mal in | |
Wimbledon, und die Trophäe überreichte die junge Königin Elizabeth II. – | |
mit ebenjenem Handschlag, den Althea Gibson später oft als Symbol für | |
Ankunft in einer anderen, weißen Gesellschaft beschrieb. | |
Bei ihrer Rückkehr in die Heimat standen 100.000 Menschen an den Straßen | |
New Yorks, als sie in einem offenen Wagen mit einer Konfettiparade gefeiert | |
wurde. | |
Doch selbst als sie im Jahr danach wieder in Wimbledon und danach auch ein | |
zweites Mal in Forest Hills gewann, blieb ihr Leben weiter eine | |
Herausforderung. Die Siegprämien jener Tage waren im Vergleich zu dem, was | |
Serena und Venus Williams später gewannen, verschwindend gering. „Im Tennis | |
die Königin zu sein ist schön und gut“, stellte sie fest, „aber eine Krone | |
kannst du nicht essen.“ | |
1958 trat Gibson zurück, schrieb ihre Autobiografie und versuchte, mit | |
ihren zahlreichen Talenten Geld zu verdienen. Sie trat als Jazzsängerin auf | |
und spielte in John Fords Klassiker „Der letzte Befehl“ eine Rolle, und mit | |
37 schrieb sie noch mal Geschichte als erste schwarze Profigolferin. Was | |
manche Golfclubbesitzer unmöglich fanden; oft genug wurde ihr die Teilnahme | |
an Turnieren nicht erlaubt. „Ich wollte immer jemand sein“, schrieb sie in | |
ihrer Biografie, „und falls ich es geschafft habe, dann deshalb, weil ich | |
zum einen ein verrücktes Maß an Strafen entlang des Weges ausgehalten habe | |
und weil es zum anderen wirklich viele Leute gab, die besorgt um mich waren | |
und mir halfen.“ | |
Genauso war es, als sie so gut wie nichts mehr besaß und ihre | |
Tennisfreundin aus früheren Zeiten, die britische Wimbledonsiegerin Angela | |
Buxton, Spenden organisierte, um sie zu unterstützen; auch Billie Jean King | |
kümmerte sich. Nach einem Schlaganfall und Herzproblemen fehlte Althea | |
Gibson die Kraft, sie starb im September 2003. Eine langjährige Freundin | |
sagt, man solle sich an diese ungewöhnliche, vielfach begabte | |
Tennisspielerin, die Grenzen überwand und Schmähungen ertrug, erinnern als | |
eine Frau, die stark und hart und schnell gewesen sei. | |
In ihren letzten Jahren konnte sie noch sehen, was Venus und Serena | |
Williams aus ihrem Erbe machten, und es hätte ihr ganz sicher gefallen, | |
dass zu den 128 Kandidatinnen der US Open 2019 sieben schwarze Spielerinnen | |
aus den USA gehören. | |
27 Aug 2019 | |
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## AUTOREN | |
Doris Henkel | |
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