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# taz.de -- Alte Bremer Villa muss weichen: Abriss dem Palaste
> Das „Medienhaus“ in Bremen hat keine Zukunft – das Bauwerk soll für ein
> Appartementhaus Platz machen. Der Widerstand ist breit, aber wohl
> zwecklos.
Bild: Pompös, aber bald platt: Das Medienhaus im Bremer Stadtteil Schwachhausen
Bremen | taz | 1.808 Denkmäler hat Bremen. Das Medienhaus an der
Schwachhauser Heerstraße ist keines davon – dabei ist die etwas
zurückgesetzte Villa mit ihrem parkähnlichen Garten, der repräsentativen
Vordertreppe und den hohen Säulen sicher eines der auffälligsten Gebäude
dort. Dem Haus von 1911 droht nun der Abriss: Ein Investor will an seiner
statt ein Appartementhaus mit 31 Wohnungen setzen.
Wie schön das Gebäude ist, darüber lässt sich streiten – laut
Landesdenkmalschützer Georg Skalecki haben andere Bauwerke der Architekten
einen höheren kunsthistorischen Wert. Dass es das Stadtbild prägt, scheint
aber Konsens – es regt sich Widerstand.
Seitdem es erst Gerüchte über eine neue Bauplanung gab, habe das Ortsamt in
Schwachhausen „alles versucht, um den Abriss zu verhindern“, so
Ortsamtsleiterin Karin Mathes – erfolglos. Auch Skalecki, unter dessen
Verantwortung das Haus nicht in die Liste der Kulturdenkmäler aufgenommen
wurde, bedauert den Verlust.
Selbst der neue Eigentümer stimmt in das Bedauern ein: „Natürlich fällt es
uns nicht leicht, ein optisch so markantes Gebäude aus dem Stadtbild zu
entfernen“, sagt Mareike Dittrich vom Planungsbüro Italiano. Allerdings
sei die alte Bausubstanz marode und daher nicht erhaltenswert.
Auch Bürger*Innen setzen sich für den alten Bau ein: 1.100 Unterschriften
gegen den Abriss sind bereits durch eine Onlinepetition zusammengekommen.
Eine Bürgerinitiative will am kommenden Montag vor dem Haus eine
Protestaktion starten.
Aussicht auf Erfolg hat ihr Anliegen laut Bauressort aber wohl nicht mehr.
„Wenn der Investor entschlossen ist, dort zu bauen, wird dort gebaut“,
erklärt Jens Tittmann, Sprecher der Bausenatorin. Der Bauantrag ist so gut
wie durch. Die letzten Mieter [1][sind schon 2018 ausgezogen]. Nicht einmal
eine Abrissgenehmigung müssen die Investoren beantragen.
2001 war geprüft worden, ob das Gebäude unter Denkmalschutz kommt – doch
die Prüfung fiel negativ aus: Das Innere des Hauses war bereits mehrfach
umgebaut worden. „Das Gebäude hat die Prüfung relativ knapp nicht
bestanden“, erklärt der Landesdenkmalschutzbeauftragte Georg Skalecki.
Froh sein können die Anwohner, dass nicht die Vorgabe aus dem alten
Bebauungsplan umgesetzt wird: Der kam aus den Sechzigerjahren und hätte an
dieser Stelle kurioserweise eine Tankstelle oder Garagen vorgesehen.
Der Neubau nun muss einige Vorgaben erfüllen: Die Dachform wurde den neuen
Eigentümern, die das Grundstück 2017 erworben haben, vorgegeben. Und auch
der parkähnliche Charakter muss erhalten bleiben – so können die 150 Jahre
alten Blutbuchen stehen bleiben.
Das Planungsbüro des Eigentümers Thorsten Italiano sieht nun ein
U-förmiges, zur Straße offenes [2][dreistöckiges Gebäude] vor. 31 Wohnungen
sollen entstehen – die Sozialwohnungsquote zieht nach aktueller
Gesetzeslage in Bremen [3][erst bei über 49 Wohneinheiten].
Denkmalschützer Skalecki sieht das Ganze skeptisch. Ein Zugewinn werde der
neue Bau sicherlich nicht sein. Doch lässt sich nachträglich die
Denkmalswürdigkeit des jetzigen Gebäudes anders einschätzen? Schon 2001
wurde das Haus als nicht denkmalsgeschützt eingestuft – und 2015 angesichts
der Bauvoranfrage bestätigte Georg Skalecki diese Einschätzung.
## Neues Denkmalschutzgesetz
Ein Punkt hat sich allerdings seit der letzten Bewertung verändert: Anfang
des Jahres ist ein [4][neues Denkmalschutzgesetz] in Bremen in Kraft
getreten. Seitdem können auch „städtebauliche Gründe“ dafür sorgen, dass
die „Erhaltung im öffentlichen Interesse“ liegt.
Doch es ist unwahrscheinlich, dass die Behörden über diesen Ansatz
versuchen, den Bauantrag zu stoppen: Schließlich, so gibt Tittmann zu
bedenken, habe auch ein Privatinvestor Rechte. „Der Investor hat das Haus
gekauft unter der Maßgabe, dass er dort abreißen, was hinstellen und Geld
verdienen kann. Er muss sich darauf verlassen, dass er das auch machen
kann“, so der Sprecher der Bausenatorin.
In Zukunft soll früher gehandelt werden. „Ich werde mich künftig dafür
einsetzen, dass in Bremen solch schöne Altbausubstanz wie das Bremer
Medienhaus mehr erhalten bleibt“, sagt [5][Bremens neue Bausenatorin Maike
Schaefer]. Natürlich müsse man den Einzelfall prüfen, aber grundsätzlich
gelte: „Historische Bausubstanz prägt das Gesicht einer Stadt und gilt es
zu erhalten.“
Auch Skalecki betont: „Es ist uns ein Anliegen, dass von uns [6][nicht
irgendetwas Schützenswertes] übersehen wird und dann in Gefahr kommt.“ Man
arbeite seit Jahren daran, alle Gebäude zu erfassen – „aber es gibt sehr
viele historische Gebäude, und wir haben ein Personaldefizit.“
23 Aug 2019
## LINKS
[1] https://www.weser-kurier.de/bremen/bremen-stadt_artikel,-ein-ort-fuer-kreat…
[2] https://pbi-bremen.de/projekt-m78/
[3] /Sozialer-Wohnungsbau-in-Bremen/!5556161/
[4] https://www.transparenz.bremen.de/sixcms/detail.php?gsid=bremen2014_tp.c.12…
[5] /Rot-gruen-rote-Regierung-in-Bremen/!5615704/
[6] /!5333602/
## AUTOREN
Lotta Drügemöller
## TAGS
Denkmalschutz
Investoren
Wohnungsbau
Maike Schaefer
Protest
Mieten Bremen
Mietenwahnsinn
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