# taz.de -- Skandal auf Schalke: Rassismus als Sommergrippe | |
> Alles nur Blabla: Nach dem Urteil im Fall Tönnies wirken die | |
> antirassistischen Bekenntnisse in der Vereinssatzung nur noch wie hohle | |
> Phrasen. | |
Bild: Tönnies lässt sein Amt ruhen: eine Art Sabbatical als Sanktion für ras… | |
Es gibt viele Menschen in diesem Lande, die hätten sich von Schalke 04 eine | |
kurze wie klare und wichtige Botschaft erwartet: Rassismus geht gar nicht. | |
Stattdessen teilte der fünfköpfige Ehrenrat des Vereins am sehr späten | |
Dienstagabend mit: „Das Gremium ist nach mehrstündiger Sitzung zu dem | |
Ergebnis gelangt, dass der gegen den Aufsichtsratsvorsitzenden des S04, | |
[1][Clemens Tönnies,] erhobene Vorwurf des Rassismus unbegründet ist.“ | |
Es gibt eben immer mehr Menschen in diesem Lande und leider sitzen sie auch | |
in den Führungsgremien von Schalke 04, die sich weniger um den Rassismus | |
und ihre Opfer sorgen als um die Täter und den Rassismusverdacht. So als | |
könne von ihm jeder jederzeit zufällig geplagt werden wie von einer | |
Sommergrippe. Deshalb haben die Schalker Ehrenratsmitglieder bis in die | |
Nacht hinein lange am Begriff Rassismus herumgeschnitzt, bis nichts | |
Substanzielles übrig blieb und nahezu alle Deutschen als Antirassisten | |
durchgegangen wären. Denn Nichtrassisten gibt es nicht – nur Rassisten und | |
Antirassisten. | |
Aufgrund des immensen Empörung, die Tönnies Klimarettungsvorschlag bei | |
einem Vortrag in Paderborn ausgelöst hatte, Afrika gratis mit 20 | |
Kohlekraftwerke zu versorgen, „dann würden die Afrikaner aufhören, Bäume zu | |
fällen, und sie hören auf, wenn’s dunkel ist, Kinder zu produzieren“, | |
mussten sich die Schalker allerdings einen Kniff einfallen lassen. Tönnies | |
wurde zwar vom Rassismus freigesprochen, wegen der Verletzung des | |
Diskriminierungsverbots jedoch, das sowohl in der Vereinssatzung als auch | |
im Leitbild verankert sei, für schuldig befunden. Aber selbst dieser | |
Verstoß wurde irrsinnigerweise nicht sanktioniert. Tönnies hat sich sein | |
Strafmaß selbst ausgesucht, indem er sein Vergehen eingestand und eine | |
temporäre dreimonatige Niederlegung seines Amts anbot. Eine Art Sabbatical | |
sozusagen, das vor allem dazu dient, die Öffentlichkeit zu beruhigen. Der | |
Ehrenrat fand die Idee prima. | |
Die Unterscheidung zwischen Rassismus und Diskriminierung ist an | |
Dämlichkeit kaum zu überbieten. Denn Diskriminierung ist nichts weiter als | |
ein Überbegriff und Rassismus wiederum eine Form von Diskriminierung. Die | |
Antidiskriminierungstelle des Bundes unterscheidet Diskriminierung aus | |
Gründen von Alter, Behinderung, Geschlecht, Religion, sexueller Identität | |
und eben von Rassismus. Zumindest nach dem Ausschlussverfahren hätte man | |
bei Schalke 04 darauf kommen können, dass Tönnies' Äußerungen rassistisch | |
diskriminierend waren, eine Herabwürdigung von Menschen aufgrund ihrer | |
Herkunft. | |
Das Problem ist: Man wollte partout nicht darauf kommen. Natürlich spielt | |
bei den Verrenkungen des Schalker Gremiums die persönliche Nähe zum | |
Kreditgeber und Großunternehmer Tönnies eine Rolle. Nicht umsonst wird von | |
Vereinen oft das Bild der Familie, die zusammenhält, beschworen. | |
Die Dimension des Falls ist allerdings zu groß, als dass sie mit | |
vereinsmeierischen Winkelzügen aus der Welt zu schaffen wäre. Nach dem | |
Urteil im Fall Tönnies wirken die antirassistischen Bekenntnisse in der | |
Vereinssatzung nur noch wie hohle Phrasen. Statt Tönnies auszugrenzen, | |
grenzt der Verein nun diejenigen aus, die sich seit Jahren für | |
Antirassismus engagieren und sich auch deshalb ein klare Reaktion des Klubs | |
gewünscht hatten. Und der Versuch des Ehrenrats, [2][Rassismus zu | |
relativieren, hat eine fatale Signalwirkung] weit über Schalke hinaus. | |
7 Aug 2019 | |
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## AUTOREN | |
Johannes Kopp | |
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