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# taz.de -- Olympia 2020 in Japan: Besser früh raus
> Ein Jahr vor den olympischen Spielen: Als sicher kann gelten, dass es in
> Tokio im Sommer heiß ist. Den Rest finden wir noch heraus.
Bild: Kinder erfrischen sich im Areal der Olympischen Spiele 2020 in Odaiba an …
Japan ist wegen seiner insularen Lage und nationaler Eigenheiten so etwas
wie die Terra incognita der westlichen Hemisphäre. Auch ich habe bisher
mein Wissen aus eher unvollständigen Quellen bezogen. Mein – schiefes –
Japan-Bild haben in erster Linie [1][Akira Kurosawa („Die sieben
Samurai“)], Doris Dörrie („Kirschblüten-Hanami“) und Alexander von der
Groeben („Sumo auf Eurosport“) geprägt.
In Erinnerung geblieben ist mir auch die eine oder andere Doku, die Affen
im Schnee zeigte, Schwertschmiede, Papierschöpfer und interessante
Kulinaria („Natto“), die, sollte ich einmal in Japan weilen, zu kosten ich
mir vorgenommen habe. Neulich sprach ich mit einer Japan-erfahrenen Dame,
und sie sagte mir, dass man dieses Land entweder hassen oder lieben werde.
Danach sprach ich mit einer halben Japanerin, und sie rühmte die Zivilität
des japanischen Volkes, seine Dezenz und Zurückhaltung, nicht ohne sich von
diesen Eigenarten ironisch zu distanzieren. Dann las ich im jüngsten Roman
von Michel Houellebecq („Serotonin“) Folgendes: „Vom Engländer wird man …
freundlich aufgenommen, der Engländer ist fast so ein Rassist wie der
Japaner, von dem er eine Art Light-Version darstellt.“ Ich habe das Gefühl,
mein Japan-Puzzle besteht aus tausend Teilen, die ich blind zusammenfügen
muss.
Die beste Art, sein Halbwissen und seine Vorurteile einem harten Test zu
unterziehen, ist der Kontaktsport Fernreise. Man begebe sich also zum
Beispiel nach Tokio, wo die kommenden Olympischen Sommerspiele stattfinden
werden, und schaue sich vor Ort an, wie sich die Lage gestaltet. Viele
Olympioniken und solche, die es noch werden wollen, reisen derzeit in
Japans Riesenmetropole (38 Millionen Einwohner im Großraum) und absolvieren
ein Jahr vorm Großereignis ihre Testwettkämpfe.
Das ist in der Vergangenheit stets ein sehr heikles Unterfangen gewesen,
weil so mancher Sportler sein Können auf Baustellen oder jedenfalls in
unfertigen Sportstätten zeigen musste. Entsprechend ätzend fielen die
Reiseberichte der Athleten nach Rückkehr in die Heimat aus. Der Ausbau der
Tokioter Sporttempel ist erfreulich weit gediehen, wenn nur nicht diese
infernalische Hitze über der Stadt läge, eine klimatologische Plage, von
der auch schon meine Gesprächspartnerinnen zu berichten wussten.
Im Sommer, sagten sie, mieden sie Tokio lieber. Das können die Sportler,
Zuschauer und Medienfuzzis natürlich nicht, sie müssen sich den 36 Grad bei
markerweichender Schwüle stellen wie ein Ninja-Kämpfer dem übermächtigen
Gegner.
[2][Die Veranstalter versuchen Vorsorge zu treffen]. So werden zum Beispiel
die Marathonläufer schon um 6 Uhr oder sogar noch früher auf die Strecke
geschickt, und bei den 50-Kilometer-Gehern werden die Wecker auch sehr früh
klingeln. Aber die internationale Sportszene ist aufgeschreckt nach
Berichten über 57 Tote, die die Hitze landesweit allein im Juli gefordert
hat. Über 18.000 Japaner, heißt es, wurden im zurückliegenden Monat im
Krankenhaus behandelt. Und auf einer olympischen Baustelle ist kürzlich ein
50-jähriger Bauarbeiter bei Kabelarbeiten bewusstlos aufgefunden worden; er
verstarb später im Hospital.
Bei der Juniorenweltmeisterschaft der Ruderer mussten mehrere Sportler mit
Hitzschlag behandelt werden. Beobachter berichten davon, dass die
Medaillengewinner auf dem Podest umhertorkelten wie Matrosen bei hartem
Seegang. Der tunesische Langstreckenschwimmer Oussama Mellouli fühlte sich
bei einem Testevent in Tokios Odaiba Marine Park nach fünf Kilometern
angeschlagen, obgleich sein Rennen von 10 auf 7 Uhr vorverlegt worden war.
Ich lerne also: In Tokio ist es im Sommer heiß, aber wie sagte einst schon
ein weiser Mann aus Nippon: „Was schnell heiß wird, kühlt rasch ab.“
18 Aug 2019
## LINKS
[1] https://www.youtube.com/watch?v=Kxs-N-eAX5c
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Olympische_Sommerspiele_2020#Zeitplan
## AUTOREN
Markus Völker
## TAGS
Kolumne Olympyada-yada-yada
Tokio
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