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# taz.de -- Undichte Ölbohranlage in Niedersachsen: Schadensgröße ungewiss
> Noch immer ist unklar, wie stark die Umwelt in Emlichheim belastet ist.
> Jahrelang war giftiges Wasser aus einer Ölbohranlage ausgetreten.
Bild: Wie viel Gift kam ins Grundwasser? Bohrkern einer Erkundungsbohrung in Em…
Göttingen taz | Die größte Sorge von AnwohnerInnen und UmweltschützerInnen
in Emlichheim gilt derzeit dem Trinkwasser. Und zwar wegen des giftigen
Lagerstättenwassers, das im niedersächsischen Kreis Grafschaft Bentheim
[1][ausgetreten ist] und bei Ölbohrungen entstanden war. Hinweise auf eine
Beeinträchtigung des Trinkwassers gebe es bislang nicht, sagte Heinke
Traeger, Sprecherin des Landesamts für Bergbau, Energie und Geologie
(LBEG), nun am Montag der taz.
Zuvor ging es im Kreishaus in Nordhorn um genau jene Fragen: Wie groß ist
der Schaden, der durch das Auslaufen von Lagerstättenwasser entstanden ist,
tatsächlich? Wie und wann startet die Sanierung? Beteiligt an dem Treffen
waren Vertreter des LBEG, des Landkreises, der Samtgemeinde Emlichheim
sowie des Erdölproduzenten Wintershall Dea, der in der Region seit
Jahrzehnten Erdöl fördert.
„Das Schadensausmaß steht immer noch nicht fest“, sagte LBEG-Sprecherin
Traeger. Zumindest habe eine gegenwärtig ins Erdreich getriebene
Kontrollbohrung bis zu einer Tiefe von 99 Metern keine
gesundheitsgefährdenden Kohlenwasserstoffe im Grundwasser aufspüren können.
Die Bohrung soll zu einer Grundwassermessstelle ausgebaut werden, später
könnte sie auch zur Sanierung des Schadens genutzt werden.
„Wir haben den Betreiber aufgefordert, das Monitoring von oberflächennahem
Grundwasser zu intensivieren“, betonte Traeger. Wintershall Dea habe
zugesagt, bis Ende August ein Konzept dafür vorzulegen. Einen Monat später,
also bis Ende September, will der Konzern zudem den Entwurf eines
Sanierungsplans präsentieren.
Ende Juli war bekannt geworden, dass aus der Einpressbohrung Em 132 in der
Gemarkung Emlichheim zwischen 2014 und 2018 unter der Erde etwa 140.000 bis
220.000 Kubikmeter sogenanntes Lagerstättenwasser ausgetreten sind.
Lagerstättenwasser ist ein natürlicher Bestandteil in Erdgas- und
Erdöllagerstätten. Es besteht aus Wasser, gelösten Salzen und
Kohlenwasserstoffen, kann aber auch Schwermetalle oder radioaktive Stoffe
enthalten. Die genaue Zusammensetzung hängt von der jeweiligen Lagerstätte
ab. Bei den Bohrungen wird das Lagerstättenwasser mit Erdgas oder Erdöl
automatisch an die Oberfläche gefördert. Erst dort wird es dann wieder vom
Rohstoff getrennt.
## Giftiges Wasser wird zurückgepresst
In Niedersachsen wird das Lagerstättenwasser mittels Pressbohrungen wieder
zurück in die Lagerstätte gedrückt. Dieses Verfahren darf laut LBEG aber
nur angewendet werden, wenn das Lagerstättenwasser aus diesem Kreislauf
nicht entweichen kann – in Emlichheim ist das aber geschehen. In
Niedersachsen gibt es insgesamt 220 solcher Press- oder Einpressbohrungen,
im Erdölfeld Emlichheim sind es sechs.
Die Bohrung Em 132 besteht aus zwei Stahlrohren: einem Innenrohr, durch das
Lagerstättenwasser eingepresst wird, und einem Außenrohr zur Abdichtung der
Bohrung. Beide Rohre sind korrodiert. Das wurde laut Wintershall Dea
zunächst bei einer routinemäßigen Wartung festgestellt und dann bei
weiteren Untersuchungen. „Auffälligkeiten“ gab es demnach auch bei der
Bohrung Em 51. Auch dort sind Rohre korrodiert. Drucktests hätten bislang
jedoch keine Hinweise auf den Austritt von Lagerstättenwasser gezeigt,
teilte die Samtgemeinde Emlichheim mit.
Wintershall Dea gab die Schadenstiefe bei Em 51 mit mehr als 500 Metern an.
Deshalb und wegen der Tatsache, dass sich mehrere Hundert Meter dichtes
Gestein darüber befänden, sei von einer Gefährdung für das Oberflächen- und
Grundwasser sowie Menschen und Umwelt nicht auszugehen. Beide Bohrungen
sind zurzeit außer Betrieb. Nach derzeitigem Kenntnisstand sei das
Lagerstättenwasser in einer Tiefe von 150 Metern ausgetreten, berichtete
das LBEG.
## Ministeriumsbericht deutet auf großen Schaden hin
Umweltverbände und Grüne haben sich nicht zuversichtlich gezeigt, was
mögliche Gefahren betrifft. Die Grünen-Landtagsfraktion sprach gar vom
möglicherweise größten Schaden in der Geschichte der niedersächsischen
Ölförderung. Sie berief sich dabei auf Angaben aus dem
Landeswirtschaftsministerium. In dem Ministeriumsbericht hieß es, dass in
dem von der Leckage „vermutlich betroffenen oberen Tiefenbereich“ der Wert
für das krebserregende Benzol um den Faktor 423 überschritten wurde. Die
Werte für die ebenfalls als gesundheitsschädlich eingestuften Elemente
Barium und Bor lagen jeweils um nahezu den Faktor 300 über der
Geringfügigkeitsschwelle. Für andere Kohlenwasserstoffe gab das Ministerium
die Faktoren 35 beziehungsweise 22 an.
Dem Naturschutzbund (Nabu) ist ein Fall ähnlichen Ausmaßes auch bundesweit
nicht bekannt. Er fordert eine vollständige Sanierung des betroffenen
Gebietes durch den Betreiber. Dieser müsse darüber hinaus für etwaige
Folgeschäden haften.
Inzwischen prüfen auch die Staatsanwaltschaft Osnabrück und die Polizei
Lingen, ob möglicherweise ein Umweltvergehen vorliegt. Eine entsprechende
Anzeige stammt nach Angaben der Ermittlungsbehörde von Wintershall Dea
selbst.
13 Aug 2019
## LINKS
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## AUTOREN
Reimar Paul
## TAGS
Ölindustrie
Ölförderung
Niedersachsen
Erdöl
Umweltvergiftung
Grundwasser
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