# taz.de -- Polizeipräsident entlässt LKA-Chef: Verfehltes Führungsverhalten | |
> Der Chef des Hamburger Landeskriminalamts, Frank-Martin Heise, muss | |
> seinen Hut nehmen. Hintergrund sollen die Versäumnisse der Soko „Cold | |
> Cases“ sein. | |
Bild: War bis Montag Chef des Landeskriminalamts: Frank-Martin Heise | |
Hamburg taz | Der Chef des Landeskriminalamtes (LKA), Frank-Martin Heise, | |
muss gehen. Polizeipräsident Ralf Martin Meyer enthob Heise am Montag | |
seines Amtes. Grund dafür sei das fehlende Vertrauen für eine weitere | |
Zusammenarbeit. Hintergrund soll die Affäre um die Polizeieinheit „Cold | |
Cases“ sein. | |
Die Soko Cold Cases wurde eingerichtet, um Mord- und Vermisstenfälle | |
aufzuklären, die schon Jahre zurückliegen, jedoch nie abgeschlossen werden | |
konnten. Mithilfe neuer Methoden, besonders bei der DNA-Analyse, ist es | |
mittlerweile möglich, den kleinsten Spuren nachzugehen. Heise hatte die | |
Polizeieinheit selbst eingesetzt. | |
Allerdings wurden Vorwürfe gegen die Ermittlungsarbeit der Soko laut. Eine | |
externe Arbeitsgruppe befasste sich deshalb nun mit deren Arbeitsweise. | |
Die Arbeitsgruppe sei laut Meyer in ihren Untersuchungen zu dem Ergebnis | |
gekommen, „dass das Führungsverhalten von Frank-Martin Heise auf | |
verschiedenen Ebenen zu so erheblicher Kritik geführt hat, dass ich die | |
weitere Verwendung von Herrn Heise in dieser – für die Polizei Hamburg | |
besonders herausragenden – Funktion nicht länger verantworten kann.“ Das | |
hat Meyer laut Deutscher Presse-Agentur in einem internen Schreiben an | |
seine Kolleg*innen formuliert. | |
„Mir fehlt als Amtsleitung das notwendige Vertrauen für eine weitere | |
Zusammenarbeit“, heißt es weiter. Die Kritik an Heises Führungsstil ginge | |
über den engeren Untersuchungsgegenstand der Cold Case Unit hinaus, er habe | |
sich etwa über die Ratschläge von Beratern hinweggesetzt. Heise solle nun | |
zeitnah auf einen anderen Dienstposten versetzt werden. | |
Auch Steven Baack, der ehemalige Leiter der Soko Cold Cases, musste bereits | |
das Feld räumen. Er arbeitet nun in der Innenbehörde. Gegen ihn wurde ein | |
Disziplinarverfahren eingeleitet. | |
Ausgangspunkt für die Kritik war die Verhandlung eines Falles im Jahr 2018. | |
Unter Baacks Leitung hatte die Soko einen Verdächtigen wegen eines | |
Mordversuchs von 1980 festgenommen. Vor 38 Jahren hatte ein Unbekannter | |
versucht, eine 16-Jährige zu erstechen, und anschließend ins Gebüsch | |
gezerrt, um sie zu vergewaltigen. | |
Doch dafür, dass es sich bei dem Festgenommenen um jenen unbekannten Täter | |
handelte, fehlten letztlich die Beweise. Das Landgericht Hamburg sprach den | |
Beschuldigten frei. In ihrem Urteil warf die Richterin den Ermittlern | |
suggestive Bearbeitung des Opfers und Täuschung von Zeugen vor. Zudem | |
hätten die Ermittler den Hauptbelastungszeugen mit einer Belohnung zur | |
Aussage gedrängt. Die Staatsanwaltschaft stellte später zwar handwerkliche | |
Fehler, jedoch keine absichtlichen Straftaten fest. | |
## Überforderung durch Erfolgsdruck | |
Laut Baack habe die Soko Cold Cases als Hamburgs Vorzeigeprojekt massiv | |
unter Erfolgsdruck gestanden. Dies habe zu Überforderung geführt. Die | |
Einheit mit vier Beamt*innen sollte laut Mopo 343 alte Fälle neu aufrollen, | |
keiner von ihnen hatte Erfahrung mit Mordfällen. | |
Baacks Anwalt Gerhard Strate machte die LKA-Führung – also Heise – | |
mitverantwortlich. Dass die Sonderkommission personell und technisch | |
schlecht ausgestattet gewesen sei, sei der LKA-Führung bewusst gewesen: | |
„Alle in dem Urteil bemängelten Sachen waren den Vorgesetzten vor der | |
Verfahrenseröffnung durch das Landgericht bekannt, das steht sogar in dem | |
Untersuchungsbericht der LKA-Führung“, sagte Strate damals zu den Vorwürfen | |
gegen seinen Mandanten. | |
Zur Aufklärung wichtige Zeugen wurden laut Baack nicht befragt und | |
entlastende Angaben von ihm seien von der LKA-Führung bewusst ignoriert | |
worden. Baack wurde laut Strate „zum Sündenbock“ für Versäumnisse der | |
Führung gemacht. | |
Der ehemalige LKA-Chef Heise ist seit 1987 Polizist. Er war erst Chef der | |
Wache Rotherbaum, Leiter des Präsidialstabs und der Wasserschutzpolizei und | |
zuletzt seit drei Jahren Chef des LKAs. | |
Der Verein Weißer Ring, der als Hilfsorganisation für Kriminalitätsopfer | |
und ihre Familien eintritt, forderte mehr spezialisierte Ermittler und | |
bessere Einbindung der Angehörigen und nennt Hamburg als Vorbild bei der | |
Aufklärung von Cold Cases. Was die Ablösung Heises für das Bestreben des | |
Vereins bedeutet, solche Polizeieinheiten auch in andere Bundesländer zu | |
tragen, dazu wollte sich der Verein zunächst nicht äußern. Auch die | |
ansonsten um keine Wortmeldung verlegenen Polizeigewerkschaften äußerten | |
sich bis zum Redaktionsschluss nicht. | |
13 Aug 2019 | |
## AUTOREN | |
Katharina Gebauer | |
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