Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Hannover 96 kabbelt sich mit Fans: Der Stromhäuschen-Battle
> Fans und der Verein Hannover 96 kämpfen um das letzte Wort: Der eine
> malt, der andere streicht drüber. Wieder mal geht es um Tradition und
> Zukunft.
Bild: Von Fans und Verein bemalt: Stromkasten am Anfang und nach zweifacher Üb…
Hamburg taz | An einem Trafohäuschen in unmittelbarer Nähe des
Fußballstadions von Hannover 96 wird ein Konflikt ausgetragen, der schon
lange zwischen Fans und Vereinsführung schwelt. Im Prinzip geht es darum,
wer hier das letzte Wort hat. Seit Pfingsten wird die Wand des
Trafohäuschens in schöner Regelmäßigkeit bemalt – und wieder überstriche…
Los ging diese Geschichte um Pfingsten herum, als sich Fans aus der
Ultra-Szene mit Erlaubnis des Vereins trafen, um das Stromhaus zu
verschönern. Doch es dauerte nicht lange, da ließ Hannover 96 die Wand
wieder grau tünchen, denn dem Verein passte der grün-weiße Schriftzug
nicht: „Niedersachsenstadion wird auf ewig dein Name sein“, hatten die Fans
geschrieben und waren damit der Vereinsführung und dem aktuellen
Namensgeber des Stadions, der HDI-Versicherung, auf die Füße getreten.
Die Fans hätten sich angeblich nicht an die Vereinbarungen gehalten,
erklärte der Verein. In einer Stellungnahme heißt es: „Als Motiv wurde das
96-Logo vereinbart. An diese unmissverständlich kommunizierte und auch
schriftlich fixierte Vereinbarung hat sich die Fangruppierung leider nicht
gehalten.“
Laut Stephan Riedel, einem 96-Fan und Mitveranstalter der Aktion, war aber
nie von einem Logo die Rede: „Die Absprache war nur, das es in
Vereinsfarben gehalten werden soll.“ Den Fans sei telefonisch mitgeteilt
worden, dass die Aktion beim HDI aufgestoßen sei. Er hält das in der kurzen
Zeit für unglaubwürdig und spricht von „vorauseilendem Gehorsam“ aus den
Etagen des Vorstandsvorsitzenden und ungeliebten Ex-Prasidenten Martin
Kind.
## Statement mit Traditionsbezug
Die Fans aus der Ultra-Szene fühlen sich von der Vereinsführung unfair
behandelt, denn sie malten einen Tag lang an dem ursprünglichen Wandbild
und bezahlten die Farben selbst. Dabei war, „durch den jahrelangen Konflikt
zwischen Fans und Verein, die Motivation überhaupt etwas zu machen, schon
gering“, sagt Riedel. Sie hätten ein Statement mit Traditionsbezug gesucht,
um auf die Geschichte des Vereins aufmerksam zu machen, der 1896 gegründet
wurde. Er habe gedacht, dass „auch der Verein da Wert drauf legen würde“,
sagt Riedel. Dennoch ist er nicht überrascht von dem Konflikt, denn schon
lange gibt es Streit um den Grad der Mitbestimmung im Verein.
Er spricht damit die jahrelange Auseinandersetzung um die
Kommerzialisierung des Vereins an. Der Verkauf der Namensrechte an dem
Stadion im Jahr 2002 war hierbei nur ein Schritt, der vielen
Vereinsmitgliedern missfiel. Letztes Jahr kam es zwischen Kind und den
Mitgliedern zum Eklat, als er die sogenannte 50+1 Regelung für seinen
Verein außer Kraft setzten wollte. Die von der Deutschen Fußball-Liga (DFL)
aufgestellte Reglung besagt, dass mindestens 50 Prozent plus ein
Stimmanteil bei den Mitgliedern eines Profivereins liegen müssen.
Weil Kind jedoch gern Mehrheitseigner wäre, zog er vor Gericht – bisher
ohne Erfolg. Mitglieder und Fans fürchten dennoch den Ausverkauf des
Vereins. „Solche Auswüchse wie in Leipzig soll es hier nicht geben“, sagt
das aktive Mitglied und Fan-Podcaster Tobias Groebner.
Auch Stephan Riedl, der an dem ursprünglichen Bild mitgemalt hatte, will am
alten Namen Niedersachsenstadion festhalten. Ein Stadionname könne nicht
verkauft werden. Ein weiterer Fan, der ungenannt bleiben möchte, sieht den
Verkauf der Namensrechte als Identitäts- und Traditionsverlust: „Das ist
so, als würden dich deine Eltern anders nennen, weil sie von Milka 1.000
Euro im Monat bekommen.“
Die Malerei an der Wand kann deshalb auch als Kritik an der Vereinsführung
von Hannover 96 gelesen werden – kein Zweifel daran ließ in jedem Fall die
zweite Bemalung. Unbekannte sprayten mit weißer Farbe nicht nur „Für immer
Niedersachsenstadion!!!“ auf die graue Wand, sondern auch „Kind muss
weg!!!“ Der Verein ließ das nicht auf sich sitzen und malerte noch einmal
darüber. Derzeit ist die Wand wieder grau – noch.
26 Jul 2019
## AUTOREN
Inga Kemper
## TAGS
Hannover 96
Fans
Tradition
Fußballvereine
Profi-Fußball
Fußballfans
Hannover
Hannover 96
50+1-Regel
Hannover 96
Hannover 96
50+1-Regel
## ARTIKEL ZUM THEMA
Personalentscheidungen von Hannover 96: Zum Gespött gemacht
Auf den geschassten Hannover-96-Sportdirektor Jan Schlaudraff folgt Gerhard
Zuber. Mit ihm hat der Verein eigentlich Streit.
Privatisierung des Fußballs: Kind macht Rückzieher
Nach jahrelangem Streit bei Hannover 96 hat Martin Kind den Antrag für eine
Ausnahmeregelung von der 50+1-Regel zurückgezogen. Bisher ohne Erklärung.
Nazi-Suche bei Hannover 96: Rechte Geister im Stadion
Es gibt Gerüchte, dass sich rechte Fans bei Hannover 96 ausbreiten. Der
Verein widerspricht. Die Kampagne „Hannover Rechtsaußen“ sammelt Belege.
Rebellion bei Hannover 96: Fans gegen den Präsidenten
Kritische Mitglieder von Hannover 96 wollen Martin Kinds Unterstützer auf
einer außerordentlichen Mitgliederversammlung abwählen lassen.
Fans kritisieren Hannover 96: Gesinnungscheck bei Neumitgliedern?
Hannover 96 führt mit Interessenten persönliche Gespräche, bevor sie in den
Verein eintreten dürfen. Die Initiative Pro Verein vermutet einen
Gesinnungscheck.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.