# taz.de -- Zunahme psychischer Diagnosen: Outing ist immer noch heikel | |
> Früher wurden seelische Beschwerden oft hinter anderen Diagnosen | |
> versteckt. Doch in der freien Wirtschaft ist ein Outing nach wie vor | |
> problematisch. | |
Bild: Psychische Krisen: Der Arbeitgeber muss nicht alles wissen | |
Die Zahl der [1][Fehltage wegen psychischer Diagnosen] hat sich in den | |
vergangenen 20 Jahren in Deutschland verdreifacht – und das ist auch | |
Zeichen einer Liberalisierung. Denn früher wurden seelische Beschwerden oft | |
hinter den Diagnosen von Rückenbeschwerden oder Magengeschwüren versteckt, | |
heute hingegen geht eine psychische Krise oftmals als „Depression“ durch. | |
Das ist gut, denn eine gewisse Entstigmatisierung seelischen Leidens ist | |
nötig. Erst recht in einem Land, in dessen Vergangenheit Durchhalteparolen | |
das Menschenbild prägten und psychisch Kranke sogar gezielt ermordet | |
wurden. | |
Aber man soll sich nicht täuschen lassen: Es ist nach wie vor sehr heikel, | |
sich einem Arbeitgeber mit einem seelischen Leiden zu offenbaren. Wer einen | |
sicheren Job hat im öffentlichen Dienst, am Ende seines Berufsweges steht | |
und – etwa im Schulbereich – auch von anderen KollegInnen weiß, die wegen | |
einer Depression ausfielen, für den oder die ist es vielleicht weniger | |
folgenreich, sich als seelisch angeknackst zu outen. | |
In jüngerem Alter und in der freien Wirtschaft hingegen ist ein Outing | |
durchaus immer noch problematisch, denn wenn der Arbeitgeber einen | |
Untergebenen erst mal als „wenig belastbar“ verortet hat, kann es mit den | |
Karrierehoffnungen eher mal vorbei sein. | |
Insofern ist es richtig, wenn Menschen in psychischen Krisen zwar die | |
Pflicht haben, über das Ausmaß ihrer aktuellen Arbeitsunfähigkeit zu | |
informieren, aber auch das Recht besitzen, nur das preiszugeben, was sie | |
wollen. | |
Der Begriff „Burnout“ als mündliche Begründung für einen Arbeitsausfall | |
kann da hilfreich sein. Denn „Burnout“ klingt nach Krise, aber offenbart | |
nichts Genaueres: ob man die Arbeit aus schierer Überlastung nicht mehr | |
schafft, ob man im Großraumbüro Angstattacken bekommt oder den Verlust des | |
Liebsten nicht verkraftet hat. Geht ja schließlich auch niemanden etwas an. | |
Gerade seelisch Vulnerable haben ein Recht auf ein schützendes Narrativ, | |
über das am Ende nur sie selbst entscheiden. | |
25 Jul 2019 | |
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## AUTOREN | |
Barbara Dribbusch | |
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