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# taz.de -- Einigung auf EU-Mercosur-Vertrag: Größte Freihandelszone entsteht
> Die Europäer und Südamerikaner kooperieren ökonomisch: Eine gemeinsame
> Freihandelszone ist nun beschlossene Sache. Die Kritik bleibt.
Bild: Frachtgut in Buenos Aires, Argentinien
Brüssel/Buenos Aires dpa | Die EU und der südamerikanische Staatenbund
Mercosur wollen gemeinsam die größte Freihandelszone der Welt aufbauen.
Nach jahrelangen Verhandlungen sei eine politische Einigung erzielt worden,
bestätigte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker am Freitagabend. Er
sprach von einem „historischen Moment“ und großartigen Nachrichten für
Unternehmen, Arbeitnehmer und die Wirtschaft auf beiden Seiten des
Atlantik.
Zum Mercosur gehören Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay. Auch
Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro nannte das Abkommen historisch. „Dies
wird eines der wichtigsten Handelsabkommen aller Zeiten sein und unserer
Wirtschaft enorme Vorteile bringen. Großartiger Tag“, twitterte er.
Das Abkommen berührt nach Angaben der EU-Kommission 780 Millionen Menschen
in beiden Staatengruppen. Es soll Unternehmen in der EU jährlich vier
Milliarden Euro an Zöllen ersparen und so Exporte ankurbeln. So wurden
bisher zum Beispiel 35 Prozent Zoll auf Autos fällig, die in den Mercosur
geliefert wurden. Auch die Abgaben auf landwirtschaftliche Produkte sollen
beschnitten werden.
EU-Landwirtschaftskommissar Phil Hogan räumte ein, das werde einige
Herausforderungen für europäische Bauern bringen. Doch würden die Märkte
für Produkte aus dem Mercosur nur mit „sorgsam gemanagten Quoten“ geöffne…
Das werde verhindern, dass der EU-Markt überflutet und der Wohlstand der
Bauern hier bedroht werde.
Auch hohe Umweltstandards würden gesichert, betonte die Kommission. Beide
Seiten verpflichteten sich in dem Abkommen, das Pariser Klimaschutzabkommen
wirksam umzusetzen. Ein eigenes Kapitel zu nachhaltiger Entwicklung regle
Themen wie nachhaltiger Nutzung und Erhaltung von Wäldern.
## Grüne und Greenpeace erneuern Kritik
Sorge um die Ausbeutung des brasilianischen Regenwalds durch den
rechtspopulistischen Präsidenten Bolsonaro war einer der vielen
Kritikpunkte während der Verhandlungen mit dem Mercosur, die sich mit
Unterbrechungen seit dem Jahr 2000 hingezogen hatten. Umweltschützer
befürchten, dass die neuen Absatzmärkte für Fleisch- und Sojaexporte aus
Brasilien dazu führen könnten, dass Anbauflächen erweitert und dafür der
Amazonas-Regenwald weiter abgeholzt wird. Die Grünen und Greenpeace
erneuerten nach der Bekanntgabe des Deals ihre Kritik.
Lange umstritten waren auch mögliche Abmachungen zu Agrarimporten aus
Südamerika, die in Europa zu fallenden Preisen führen könnten. Viele
europäische Landwirte befürchten, dem Wettbewerb mit den Agrargroßmächten
aus Südamerika nicht gewachsen zu sein. Zum einen wird im Mercosur in
deutlich größerem Maßstab produziert, was Kostenvorteile mit sich bringt.
Zudem gehen die Landwirte in der Region sehr großzügig mit
Pflanzenschutzmitteln und Gentechnik um, was viele Verbraucher in Europa
kritisch sehen.
Die Streitpunkte könnten während der Ratifizierung des Abkommens in den 28
EU-Staaten wieder hochkommen und Hindernisse aufbauen.
EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström betonte aber, es gebe viel
Zustimmung. Sobald der Text des Abkommens in allen Einzelheiten
ausgefertigt sei, werde er veröffentlicht. Die Mitgliedsstaaten würden
unterrichtet, dann werde das lange Ratifizierungsverfahren starten. „Ich
bin zuversichtlich, dass dies ein sehr, sehr guter Deal ist“, sagte
Malmström am Freitagabend in Brüssel.
Die Exporte von EU-Unternehmen in die vier Mercosur-Staaten beliefen sich
2018 auf rund 45 Milliarden Euro, in die andere Richtung waren es Ausfuhren
im Wert von 42,6 Milliarden Euro. Für den lateinamerikanischen Staatenbund
ist die EU bereits heute der wichtigste Handels- und Investmentpartner.
## Wirtschaftliche und politische Dimension
Die Mercosur-Staaten exportieren vor allem Nahrungsmittel, Getränke und
Tabak in die EU. Von dort gehen wiederum vor allem Maschinen,
Transportausrüstungen sowie Chemikalien und pharmazeutische Produkte nach
Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay.
„Der Vertrag hat ein enormes Potenzial, um die Investitionen zu erhöhen.
Das ist fundamental, um nachhaltiges Wachstum und Arbeitsplätze zu schaffen
sowie die Armut in unserem Land zu bekämpfen“, schrieb der argentinische
Finanzminister Nicolás Dujovne am Freitagabend auf Twitter.
Neben der wirtschaftlichen Dimension hat das geplante Abkommen auch eine
politische. Die EU will angesichts der aktuellen Politik der USA ein
Zeichen für freien und fairen Handel setzen – vor allem, nachdem
US-Präsident Donald Trump die Pläne für das transatlantische
Freihandelsabkommen TTIP einstampfte und auch die US-Beteiligung am
Pazifik-Handelsabkommen TPP aufkündigte. „Inmitten internationaler
Handelsspannungen senden wir das starke Signal, dass wir für regelbasierten
Handel stehen“, schrieb Juncker.
29 Jun 2019
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