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# taz.de -- Touristen-Hotspot in Ungarn: Budapest, wild und weiß
> Die ungarische Hauptstadt ist voll mit Touristen. Eine „wilde Mischung“,
> sagt der Gastgeber, doch Vielfalt auf den Straßen sucht man vergebens.
Bild: Die Ungarn feiern sich selbst: Nationalfeiertag in der Hauptstadt
Ja, Budapest ist eine wilde Mischung“, sagt mein Gastgeber nachsichtig
lächelnd. Als finde er wilde Mischungen nicht besonders ungewöhnlich oder
beeindruckend, als könne ihn überhaupt grundsätzlich nicht viel aus der
Entspannung locken. Der ältere Herr, bei dem ich übernachte, ist Ungar und
lebt in einem Vorort von Budapest, in einem großzügigen Haus. Bücherregale
vom Boden bis zur Decke, Thomas Mann auf Deutsch, er spricht allerhand
Sprachen und lebt gelegentlich in China, bunte Einrichtung, ein
intellektueller Hippie eher. Menschen gehen hier ein und aus.
Aktuell lebt die Freundin einer seiner Töchter in dem Zimmer, in dem ich
schlafe, aber, versichert er, die tauche wahrscheinlich nicht auf. „Sie
schläft nur ein paarmal im Monat hier.“ Der nicht ausgepackte Koffer deutet
an, dass er recht hat.
Peter, der Gastgeber, und Budapest, die Stadt, beides widerstrebt in
mancher Hinsicht dem öffentlichen Bild von [1][Viktor-Orbán-Land]. Budapest
ist manchmal alternativ und cool, mit runtergerockten Kneipen und besetzten
Häusern, mit europäischen Flaggen und kleinen Märkten. Eine Art Berlin, wie
es war, bevor seine Schäbigkeit zu einer kalkulierten, herausgeputzten
Fassade der Bürgerlichkeit wurde.
Im jüdischen Viertel sind Türen mit Street-Art bedeckt, verkaufen Künstler
alles von selbst designtem Schmuck bis zu altsozialistischem Ramsch, und
die gehypte Ruinenbar Szimpla Kert, in der ich zufällig lande, ist
irgendwas zwischen Touristen-Hotspot und lässigem Ort, wo man sich
wunderbar betrinken kann.
## Keine aufgesetzte Andersartigkeit
Alles schon im Begriff, erobert zu werden von den Massen, schon auf dem Weg
zum Produkt. Und manchmal noch unabsichtlich schnoddrig. Die anderen
Budapests existieren ungerührt parallel: das herausgeputzte
Postkartenidyll mit dem Burgviertel links der Donau, alles fein
restauriert, eine Aneinanderreihung von Vorzeigekirchen und teuren
Restaurants, überflutet von Touristen. Überhaupt, Menschenmassen ersticken
diese Stadt. Junggesellenabschiede, Saufgruppen, Selfie-Sticks.
Weiter draußen noch zwei andere Budapests: eines der großzügigen Vororte –
mein Haus, mein Garten, mein Auto – und eines der verbliebenen
Plattenbauten und trinkenden alten Männer, die kein Englisch oder Russisch
sprechen, aber sehr nett bei der Orientierung weiterhelfen. Vermutlich ist
es Orbán und Kumpanen recht so, dass die Europäer hierherkommen und
anschließend schwärmen, wie cool und ganz anders Ungarn doch sei.
Aufgesetzt ist manche Andersartigkeit nicht. Bei meinem Gastgeber kleben
daheim Amnesty-International-Sticker und Regenbogenflaggen, und wenn er
eine ironische Bemerkung über die Regierung macht, dann mit dem
nachsichtigen Lächeln, mit dem er die Welt aushält. Eine Besonderheit nur
bleibt sichtbar, in der Tram, in den Straßen und Gassen: keine Araber,
keine erkennbaren Muslime, keine Schwarzen.
14 Jul 2019
## LINKS
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## AUTOREN
Alina Schwermer
## TAGS
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