Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Freispruch für Ex-Minister Tapie: Überraschung in der Adidas-Aff�…
> Der ehemalige Minister Tapie wird in der Adidas-Affäre freigesprochen.
> Damit ist die designierte EZB-Chefin Lagarde die einzige Verurteilte.
Bild: Bernard Tapie wurde in der Adidas-Affäre überraschend freigesprochen
Paris taz | Das Pariser Strafgericht hat am Dienstag den Ex-Minister und
Geschäftsmann Bernard Tapie und vier Mitangeklagte in der Adidas-Affäre vom
Vorwurf des Betrugs und der Veruntreuung öffentlicher Gelder
freigesprochen. Für die Staatsanwaltschaft ist der umfassende Freispruch
eine Totalniederlage – sie hatte für den Hauptangeklagten nämlich Anfang
April nach einem sehr strengen Plädoyer eine maximale Haftstrafe von fünf
Jahren beantragt.
Das Gericht kam nun zum Schluss, es gebe keine Beweise für die
Anschuldigungen. Damit bleibt die bisherige IWF-Chefin und designierte
EZB-Präsident Christine Lagarde die einzige Verurteilte [1][in der
komplizierten Geschichte].
Der frühere Chef des Fußballklubs Olympique Marseille hatte sich beim
Verkauf von Adidas-Anteilen Anfang der 1990er Jahre von der damaligen
Staatsbank Crédit Lyonnais geprellt gesehen und geklagt. In einem
Schiedsverfahren bekam Tapie 2008 mehr als 400 Millionen Euro Entschädigung
zugesprochen. Um Veruntreuung öffentlicher Mittel geht es, weil die
Entschädigung letztlich aus der Staatskasse kam.
Der heute 76-Jährige liegt mit Magen- und Speiseröhrenkrebs im Krankenhaus.
Am Telefon soll Tapie seinem Anwalt gesagt haben, der Freispruch sei für
ihn „die beste Chemotherapie“. Im März hatte er noch sehr aktiv am Prozess
teilgenommen. „Es ist der Kampf meines Lebens“, hatte er dazu gesagt.
## Schiedsgericht urteilte für französischen Staat nachteilig
Trotz des Freispruchs muss Tapie nun das Geld zurückzahlen. Es geht um
insgesamt 403 Millionen Euro, die ihm das Schiedsgericht 2008 zugesprochen
hatte, samt Zinsen sowie 45 Millionen Euro, die ihm als „moralische
Genugtuung“ zugesprochen worden waren. Denn dieser Entscheid ist im Jahr
2015 zivilrechtlich wegen Unstimmigkeiten und Zweifeln an der
Unparteilichkeit eines Richters für ungültig erklärt worden.
Von enormer Bedeutung war der Freispruch auch für den derzeitigen
Vorsitzenden des Mobilfunkanbieters Orange, Stéphane Richard. Ihm war
Komplizenschaft vorgeworfen worden. Richard war 2008 Kabinettchef der
damaligen Wirtschaftsministerin Christine Lagarde – die in der vergangenen
Woche als EZB-Chefin nominiert worden ist. Lagarde wollte damals nichts
gegen ein Schiedsgericht einwenden, das für den französischen Staat einen
sehr nachteiligen und für den umstrittenen Financier Tapie sehr
vorteilhaften Entscheid fällte.
Weil die damalige Finanzministerin zudem keinen Rekurs einlegte, sondern im
Gegenteil Tapie eine steuerfreie Genugtuung gewährte, wurde sie 2016 von
einem Sondergericht für Regierungsmitglieder für schuldig befunden,
fahrlässig zur Veruntreuung von Staatsgeldern beigetragen zu haben. Sie
blieb zwar straffrei – ist aber in dieser komplizierten Affäre die Einzige,
die strafrechtlich verurteilt wurde. Ihr Anwalt teilte mit, sie erwäge
einen Revisionsverfahren.
Trotz der verständlichen Erleichterung der freigesprochenen Angeklagten
bleibt nach einem seit 25 Jahren dauernden Streit um den Verkauf des
Sportartikelkonzerns Adidas durch Tapie und die Staatsbank Crédit Lyonnais
ein schaler Nachgeschmack. In Frankreich hatte die Adidas-Affäre für große
Empörung gesorgt: Tapie, der vor Gerichten erfolglos auf Schadenersatz
geklagt hatte, weil er behauptete, seine Bank habe ihn hinterrücks um einen
Mehrwert beim Verkauf von Adidas betrogen, unterstützte 2007 öffentlich die
Wahl von Staatspräsident Nicolas Sarkozy – dessen Kabinett und Ministerin
Lagarde danach dem Schiedsgericht zustimmten.
Da in Frankreich der Staatschef eine umfassende strafrechtliche Immunität
für eventuelle Vergehen während seiner Amtszeit genießt, konnte Sarkozy in
dieser Sache weder befragt noch belangt werden. Umgekehrt setzte sein
sozialistischer Nachfolger, François Hollande, alle Hebel in Bewegung, um
das Schiedsgericht für ungültig erklären zu lassen und gegen Tapie und
seine angebliche Begünstigung gerichtlich vorzugehen.
9 Jul 2019
## LINKS
[1] /Peinliche-Fragen-an-Christine-Lagarde/!5066768
## AUTOREN
Rudolf Balmer
## TAGS
Bernard Tapie
Christine Lagarde
Affäre
Bernard Tapie
Christine Lagarde
Christine Lagarde
## ARTIKEL ZUM THEMA
Nachruf auf Selfmademen Bernard Tapie: In Marseille bleibt er „le Boss“
Sein Leben war von steilem Aufstieg und freiem Fall bestimmt. Am Sonntag
erlag der französische Unternehmer Bernard Tapie einem Krebsleiden.
Urteil gegen Christine Lagarde: Die willige Marionette
Sie wurde zwar schuldiggesprochen, aber eine Strafe muss sie nicht zahlen.
Und Christine Lagarde bleibt wohl auch weiterhin IWF-Chefin.
Finanzaffäre um IWF-Chefin: Lagarde muss vor den Kadi
Die Direktorin des IWF, Christine Lagarde, hat Ärger mit der Justiz. Es
geht um 400 Millionen Euro an staatlichen Mitteln, die ein Geschäftsmann
bekam.
Porträt der französischen Finanzministerin: Sarkozys letzte Trumpfkarte
Christine Lagarde ist Wirtschafts- und Finanzministerin in Frankreich und
könnte die IWF-Nachfolge antreten. Doch auch ihr droht ein Prozess.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.