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# taz.de -- Journalistin Wibke Bruhns ist tot: Erste Nachrichtenfrau im ZDF
> Die Journalistin Wibke Bruhns ist im Alter von 80 Jahren gestorben. Sie
> sah sich selbst als „viel rauchende und viel trinkende“ Reporterin.
Bild: In den siebziger Jahren begann ihre „Heute“-Zeit: Wibke Bruhns, undat…
Berlin taz | Was da am 12. Mai 1971 in schwarz-weiß über bundesdeutsche
Mattscheiben flimmerte, schien unerhört. Ein Affront, ein Angriff auf die
Grundfesten des Landes: Eine Frau, 32 Jahre alt, moderierte erstmals die
Nachrichten im öffentlich-rechtlichen Fernsehen.
Wibke Bruns, die zwar vorher bereits als TV-Moderatorin, unter anderem für
die „Drehscheibe“ tätig gewesen war, wurde in einem Coup auf den Bildschirm
gehievt – nicht mal intern war ihr erster Sprecherinnen-Auftritt bekannt
gegeben worden, um die sendereigene Misogynie nicht auf die Probe zu
stellen.
Demensprechend fielen die Reaktionen aus: „Am zickigsten waren die Frauen“,
sagte Wibke Bruns einst in einem Interview, „die fanden, ich sollte nach
Hause gehen und mich um die Kinder kümmern“. Bruns wurde Opfer eines
analogen Shitstorms – im wahrsten Wortsinn: Jemand schickte ihr ein
Päckchen mit „einem Haufen Scheiße auf einem Heiligenbild“, inklusive der
Nachricht, dass „Gott diejenigen straft, die ihren angestammten Platz
verlassen“.
Doch die aus Sachsen-Anhalt stammende Bruns, die am Donnerstag im Alter von
80 Jahren verstarb, entwickelte eine pragmatische Haltung – und lehnte es
ab, sich für die Frauenbewegung vereinnahmen zu lassen. Stattdessen sprach
sie einfach weiter die Nachrichten – zunächst widerwillig, denn die
versierte Journalistin langweilte sich beim bloßen Vorlesen von Texten,
wollte aber das „Experiment“ mit den weiblich präsentierten Nachrichten
nicht gescheitert wissen. Erst nach 380 Sendungen zog sie sich für eine
Weile ins Privatleben zurück, um 1973 wieder auf den Bildschirm (als
Berichterstatterin für „Panorama“), ein paar Jahre später als
Israel-Korrespondentin des „Stern“ auch in den Printbereich zurückzukehren.
Da war gerade ihr Ehemann gestorben, Bruns blieb mit zwei Töchtern allein.
Ebenfalls 1973 wurde Bruns wiederum Opfer einer genderspezifischen
Hetzkampagne: Man dichtete ihr, die bereits als Schülerin der SPD beitrat,
eine Affäre mit Willy Brandt an, den sie bei einem Staatsbesuch in Israel
im Hotelzimmer getroffen hatte. Das konnte nach der herrschenden Logik nur
einen Grund haben. Der Klatsch verebbte erst, als Brandts Ehefrau eine
andere Journalistin als Liebhaberin ihres Mannes identifizierte.
Nach Berlin zog Bruns – über ein paar Zwischenstationen in Washington und
im Elsass – 1989, um den Fall der Mauer nah mitzuerleben. Mehrere Bücher
hat die sich selbst als „viel rauchende und viel trinkende“ Frau
beschriebene Reporterin verfasst, 2004 erzählte sie in „Meines Vaters Land“
von ihrem Vater – die Nazis hatten das ehemalige NSDAP-Mitglied, das seiner
damals sechsjährigen Tochter stets fremd geblieben war, 1944 als Mitwisser
des Hitler-Attentats hingerichtet. Bruns schrieb knapp, persönlich und
berührend: „Ich kenne seine Stimme nicht. Nie gehört, behaupte ich“,
räsonierte sie im Buch.
Dass sie im Jahr 2013 in einer Talkrunde bei Günther Jauch die
Frauenbewegung quasi als sinnlos definierte, weil „Männer nun mal Männer
und Frauen Frauen“ seien, darf man getrost auf frühere Erfahrungen mit
engstirnigen Kollegen schieben. Eine Vorkämpferin war sie dennoch. Aber
eben eine, die ihre Expertise mit einer amtlichen Portion
Selbstverständlichkeit garnierte.
21 Jun 2019
## AUTOREN
Jenni Zylka
## TAGS
Wibke Bruhns
ZDF
Journalismus
70er
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