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# taz.de -- Neues Album von Yeasayer: Melodiöse Sozialkritik aus Brooklyn
> Mit „Erotic Reruns“ melden sich Yeasayer zurück. Die Musik ist heiter bis
> tanzbar, die Texte sind überaus (selbst-)kritisch.
Bild: Erotisch ja, Wiederholung nein: Yeasayer haben ein neues Album
Ihr letztes Lebenszeichen ist eine ganze Weile her, doch schon nach drei
Sekunden Musik ist klar: Bei Yeasayer ist kein Platz zum Fremdeln, dafür
klingen die Stimmen von Anand Wilder und Chris Keatings einfach zu
vertraut. Tatsächlich muss man sich als Fan der New Yorker Band immer
wieder in Geduld üben: Zwischen „Erotic Reruns“, dem aktuellen Album, und
dem Vorgänger „Amen & Goodbye“ liegen drei Jahre. Für eine noch junge
Popkarriere ist das lang.
Doch die Zeit haben Wilder, Keatings und Ira Wolf Tuton – der Dritte im
Bunde – fleißig für neue Songideen genutzt. Das Ergebnis klingt vor allem
tanzbar, ein Mix aus Synthiepop, unterlegt mit elektronischen Klängen, und
den für den Wiedererkennungswert der Band so unverzichtbaren
psychedelischen Tönen. Doch so heiter die Musik von „Erotic Reruns“ klingt,
in ihren Texten verarbeiten Yeasayer ihren Alltag – und der ist oft gar
nicht so „funky“, wie man meint.
Neben der kritischen Auseinandersetzung mit der aktuellen politischen Lage
in den USA flossen auch persönliche, vorrangig selbstkritische Aspekte in
die Songtexte ein. So handelt der Auftakt „People I Loved“ von der Suche
nach Empathie und Mitgefühl für die, die einem am Herzen liegen. Statt
kleinlich und nachtragend zu reagieren, so appelliert Wilder, solle man
mehr Großzügigkeit walten lassen – anderen verzeihen.
Es sei wichtig, die eigenen autoritären Tendenzen zu überwinden und Dinge,
die einen nachhaltig irritieren, anzusprechen. Im Zweifelsfall müsse man
sich auch von Menschen in seinem Leben verabschieden können.
## Ekstatisch, zwischen Indie und Pop
„Ecstatic Baby“, der zweite Song, zeigt schon: Das neue Album hat mehr
Groove, ist insgesamt tanzbarer als seine Vorgänger. Die Intros sind
kürzer, die Refrains eingängiger geraten. Damit treten Yeasayer zwar
endgültig über die Schwelle zwischen Indie und Chartspop, liefern aber auch
die schönsten Ohrwürmer.
Trotz einprägsamer Melodien lassen es sich die drei Brooklyn-Boys nicht
nehmen, dabei ernsthafte Themen zu behandeln. Politisch wird es etwa bei
„Let Me Listen In On You“, einem Song, der das Herzstück des neuen Albums
bildet. Mit Zeilen wie „I can make your dreams come true/If you let me
listen in on you“ geht Wilder auf die Absurdität des US-Überwachungsstaats
ein. Auch eine emanzipatorische Rückentwicklung von PolitikerInnen wird
angesprochen.
Geheimwaffe von „Erotic Reruns“ ist Bassist Ira Wolf Tuton, der den Songs
mit seinem Sound, zudem mit Streicharrangements, aber auch als
Backgroundstimme diesen unverwechselbaren Klang einhaucht, für den Yeasayer
bereits seit 2006 bekannt sind. Dennoch ist „Erotic Reruns“ keine bloße
Reproduktion früherer Werke. Trotz des unverkennbaren Sounds, der ein wenig
an das zweite Album, „Odd Blood“, erinnert.
## Gegen Wiederholungen
Überhaupt ist das ein seltsamer Albumtitel, öde erotische Wiederholungen
gibt es bei Yeasayer jedenfalls gerade nicht zu hören. Alles sich
Wiederholende sei altmodisch, lasse keinen Raum für Erotik, erklärten
Yeasayer. Vielleicht hat man sich deshalb bei diesem Album auch gegen die
Zusammenarbeit mit einem großen Label entschieden.
Stattdessen setzen Wilder, Tuton und Keatings zum ersten Mal auf
Eigenregie. Jeder der drei Musiker hat sich in den vergangenen Jahren ein
Heimstudio gebaut – mit jeweils unterschiedlichem Fokus, was Aufnahme- und
Produktionstechniken betrifft.
Herausgekommen ist eine Kreuzung aus sommerlichen Popsongs fürs Tanzbein
und soziopolitischer Gesellschaftskritik. Yeasayer klingen dabei weder
pathetisch noch billig. Eine Europatour ist noch nicht angekündigt,
Festivalauftritte sollen für den Sommer reichen.
21 Jun 2019
## AUTOREN
Sophia Zessnik
## TAGS
Yeasayer
Musik
Indie
Brooklyn
Musik
Psychedelic-Rock
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