# taz.de -- Nachfolge von Theresa May: Zehn Tory-Politiker nominiert | |
> Im Rennen um die Nachfolge von Regierungschefin May haben zehn Kandidaten | |
> die erste Runde geschafft. Exaußenminister Boris Johnson gilt als | |
> Favorit. | |
Bild: Gilt als Favorit, leistet sich aber viele Fehler: Boris Johnson | |
London dpa | Insgesamt zehn von elf Bewerbern sind für die Nachfolge der | |
britischen Premierministerin Theresa May nominiert. Das teilte ein Komitee | |
der regierenden Konservativen Partei am Montag in London mit. Wer von ihnen | |
tatsächlich neuer Parteichef und damit auch Premierminister wird, soll erst | |
Ende Juli feststehen. | |
Als Favorit gilt der [1][umstrittene frühere Außenminister Boris Johnson]. | |
Er ist zwar als Chefdiplomat in etliche Fettnäpfchen getreten. Viele trauen | |
ihm aber zu, enttäuschte Brexit-Wähler, die sich von den Konservativen | |
abgewendet haben, zurückzugewinnen. | |
Nominiert sind ebenfalls Außenminister Jeremy Hunt, Umweltminister Michael | |
Gove, der frühere Brexit-Minister Dominic Raab, Innenminister Sajid Javid, | |
Gesundheitsminister Matt Hancock, Entwicklungshilfeminister Rory Stewart, | |
die frühere Ministerin für Parlamentsfragen Andrea Leadsom, | |
Ex-Arbeitsministerin Esther McVey und der EU-freundliche Abgeordnete Mark | |
Harper. Jeder Kandidat brauchte die Unterstützung von mindestens acht | |
Abgeordneten. Nur der frühere Hochschul-Staatssekretär Sam Gyimah hatte | |
diese Hürde nicht geschafft. | |
Johnson sorgte mit neuen Plänen sogleich wieder für Aufsehen. Er kündigte | |
an, die vereinbarte Schlussrechnung für den EU-Ausstieg in Höhe von 39 | |
Milliarden Pfund (rund 44 Milliarden Euro) vorerst zu stoppen. Auch eine | |
deutliche Senkung der Einkommensteuer für gut verdienende Briten stellte er | |
in Aussicht, sollte er Regierungschef werden. Schottlands Regierungschefin | |
Nicola Sturgeon bezeichnete die Pläne des Brexit-Hardliners umgehend als | |
eine „Horrorshow“. | |
## Ein Wendehals als Herausforderer | |
Bei der Brexit-Schlussrechnung handelt es sich um langfristige Lasten wie | |
Pensionszahlungen für EU-Beamte. Johnson sagte der Sunday Times, er würde | |
das Geld so lange nicht bezahlen, bis es bessere Bedingungen und „mehr | |
Klarheit“ über das weitere Vorgehen gebe. | |
Seine Äußerungen stießen in Brüssel umgehend auf Protest: „Das schadet | |
nicht nur der Glaubwürdigkeit Großbritanniens als internationaler Partner, | |
sondern ist absolut inakzeptabel“, twitterte der Brexit-Beauftragte des | |
Europaparlaments, Guy Verhofstadt. | |
Vor allem Außenminister Hunt könnte Johnson noch gefährlich werden. Er hat | |
eine Wandlung vom EU-Befürworter zum Brexit-Anhänger durchgemacht. Viele | |
glauben, dass er sich damit schon in Position bringen wollte als | |
potenzieller Premierminister. | |
Die Aussichten für Gove, May beerben zu können, dürften sich hingegen | |
verschlechtert haben: Der Umweltminister gab am Wochenende zu, vor mehr als | |
20 Jahren mehrmals Kokain konsumiert zu haben – und wurde dafür von | |
verschiedenen Seiten scharf kritisiert. Er selbst sprach von einem großen | |
Fehler, wollte aber an seiner Kandidatur festhalten. | |
## Wie es weitergeht | |
Kritiker sehen in Gove auch einen Wendehals. Er gilt als bestens vernetzt – | |
im Parlament sowie bei den Mächtigen in der Welt der Medien. Als er nach | |
einem gescheiterten Versuch, Premierminister zu werden, kurzzeitig auf den | |
hinteren Bänken im Parlament Platz nehmen musste, arbeitete er | |
nebenberuflich als Journalist. Er gilt als Protegé des US-Medienmoguls und | |
Trump-Verbündeten Rupert Murdoch. | |
May hatte im Zuge des Brexit-Streits am vergangenen Freitag ihr [2][Amt als | |
Parteichefin aufgegeben]. Ihr war es nicht gelungen, das Parlament oder | |
auch nur ihre eigene Partei auf einen gemeinsamen Kurs zu bringen. Drei Mal | |
hatte das Unterhaus ihren mit Brüssel ausgehandelten Deal für den | |
EU-Austritt krachend durchfallen lassen. | |
Wie geht es in den nächsten Wochen nun weiter? Das Verfahren ist in zwei | |
Phasen geteilt. In der ersten Phase wird das Feld der Bewerber von den | |
Tory-Abgeordneten in mehreren Wahlgängen auf zwei reduziert. Diese beiden | |
müssen sich einer Stichwahl unter den rund 160.000 Parteimitgliedern | |
stellen. Bis Ende Juli soll der Sieger feststehen und May auch an der | |
Regierungsspitze ablösen. | |
Bei der ersten Abstimmungsrunde am kommenden Donnerstag (13. Juni) scheiden | |
alle Bewerber aus, die nicht mindestens 17 Stimmen erhalten. Weitere | |
Abstimmungsrunden sind am 18., 19. und 20. Juni vorgesehen. | |
11 Jun 2019 | |
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