# taz.de -- Keramik aus Marwitz: Schlicht, zeitlos, formschön | |
> Hedwig Bollhagen stellt Geschirr und Dekorobjekte her. In den | |
> HB-Keramikwerkstätten können sie gekauft und bewundert werden. | |
Bild: Vasen-Rohlinge in den Hedwig-Bollhagen-Werkstätten für Keramik in Marwi… | |
Viele denken bei HB an Zigaretten. Nicht so in Brandenburg, wo die | |
Buchstaben für hochwertige Keramik stehen. Produziert wird sie in den | |
[1][HB-Keramikwerkstätten in Marwitz] nordwestlich von Berlin, in denen | |
Hedwig Bollhagen jahrzehntelang Geschirr und Dekorobjekte von Hand | |
fertigte: „ Kunst? Ach ja, manche nennen es so. Ich mache Teller, Tassen | |
und Kannen“, so ihr eigener Zugang zu ihrer Arbeit. | |
Klassiker sind ihre mit blau-weißen Streifen bemalten Tassen, Teller und | |
Schalen aus Fayence, ebenso wie die Gießkannen, die anstatt von Henkeln | |
seitlich zwei dellenartige Vertiefungen haben oder die Teekannen mit | |
Rohrbügelhenkel, in deren gerundeten Körper sich der knauflose Deckel | |
einschmiegt. | |
Fast alles ist schnörkellos zeitloses Alltagsgeschirr, das heute genauso | |
gefragt ist wie vor vier, fünf oder sechs Jahrzehnten. Vielleicht sogar | |
noch mehr. Denn inzwischen ist die 2001 verstorbene Keramikerin, die kurz | |
vor ihrem Tod noch mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt und als wegweisende | |
Designerin gefeiert wurde, auch international bekannt. Selbst wenn sie den | |
Kult um ihre Person mit lakonischen Sprüchen wie „Das sind doch bloß Töppe… | |
abtat. | |
Im Jahr 1907 in Hannover geboren, erlernte HB an unterschiedlichsten Orten | |
das Töpfern, Entwerfen und Keramikbemalen und begründete 1934 zusammen mit | |
einem Freund in einer alten Keramikfabrik in Marwitz die HB-Werkstätten. | |
Damals entstanden bereits die ersten erfolgreichen Entwürfe. Sie verraten | |
den Einfluss des Bauhauses. | |
Mit den Bauhaus-Keramikern Theodor Bogler und Werner Burri, die auch für | |
ihre Werkstätten arbeiteten, war sie befreundet. 1937 erhielt sie bei der | |
Weltausstellung in Paris die Goldmedaille für ihre Enghalsvase mit | |
rhythmisch versetztem Streifendekor. | |
Selbst die Not der Kriegs- und Nachkriegszeit machte sie erfinderisch: | |
Infolge des Mangels an Glasuren entwickelte sie eine raffinierte | |
Ritztechnik, die viele Objekte kennzeichnet. Nachdem der Betrieb 1972 | |
verstaatlicht wurde, konnte HB zwar weiter als künstlerische Leiterin an | |
der Erfolgsgeschichte von Marwitz mitwirken. Doch wurde das Geschirr | |
hauptsächlich zur Devisenbeschaffung ins kapitalistische Ausland | |
exportiert. Erst nach der Reprivatisierung der Firma im Jahr 1992 führte | |
Bollhagen als älteste Jungunternehmerin der Bundesrepublik die Werkstätten | |
wieder in Eigenregie. | |
Wer sich heute dorthin begibt, kann nicht nur im Showroom stark verbilligte | |
Stücke zweiter Wahl erwerben, sondern auch an Werksführungen teilnehmen und | |
sich im Keramikbemalen versuchen. Mindestens ebenso lohnend ist ein Besuch | |
des preisgekrönten [2][Ofen- und Keramikmuseums Hedwig Bollhagen im | |
Nachbarort Velten,] das im Besitz des HB-Nachlasses ist und den | |
Schaffensprozess der Keramikerin auch anhand von ausgefallenen Unikaten | |
nachzeichnet. | |
11 Sep 2019 | |
## LINKS | |
[1] http://www.hedwig-bollhagen.de/ | |
[2] http://okmhb.de/ | |
## AUTOREN | |
Ulrike Wiebrecht | |
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