# taz.de -- #MeToo bei Berliner Tageszeitung: Belästigung beim „Tagesspiegel… | |
> Ein Reporter soll Kolleginnen bedrängt und gestalkt haben. Die Zeitung | |
> bemüht sich um den richtigen Umgang. | |
Bild: Der „Tagesspiegel“ in Berlin ist nicht das erste deutsche Medium mit … | |
Berlin taz | Nach Belästigungsvorwürfen gegen einen Reporter verspricht der | |
Tagesspiegel Maßnahmen, damit Mitarbeiterinnen sich künftig schneller an | |
eine Vertrauensperson wenden können. Angedacht sind eine externe | |
Ombudsfrau, interne Ansprechpartnerinnen sowie ein anonymer „Briefkasten“. | |
Die Berliner Tageszeitung reagiert damit auf die mutmaßliche körperliche | |
und emotionale Belästigung mehrerer Mitarbeiterinnen, über die die | |
Newsseite Buzzfeed geschrieben hat. | |
Buzzfeed zitiert [1][in der Geschichte vom Donnerstag] anonym | |
Tagesspiegel-Mitarbeiterinnen, die einem Reporter aus dem Haus Belästigung | |
und Stalking vorwerfen. Der Beschuldigte bestreitet das. Manche der | |
Vorwürfe sollen im Tagesspiegel schon 2012 bekannt gewesen sein. Die | |
Zeitung hat den Beschuldigten vorläufig freigestellt und verspricht | |
Klärung. | |
Die Leiterin der Meinungsredaktion, Anna Sauerbrey, sagte am Freitag der | |
taz, dass sich in Gesprächen mit einzelnen Mitarbeiterinnen die Geschichte | |
von Buzzfeed zum Teil bestätigt habe. Kolleginnen hätten von einem | |
bestimmten „Muster“ gesprochen, nach dem der Beschuldigte vorgegangen sein | |
soll. „Neuen Mitarbeiterinnen wurde zunächst Hilfe angeboten, dann wurde | |
versucht eine Beziehung aufzubauen und bei Zurückweisung kam es dann zu | |
unangemessenem Verhalten.“ Sauerbrey sagt, es würden auch Hinweise auf | |
mögliche Übergriffe seitens weiterer Männer im Haus überprüft. Allerdings | |
hätten diese nicht dasselbe Ausmaß wie die Vorwürfe gegen den suspendierten | |
Reporter. | |
Seitdem die Buzzfeed-Redaktion am Mittwoch Personen im Tagesspiegel-Verlag | |
kontaktiert und um Stellungnahmen gebeten hat, bemüht sich der Verlag | |
darum, den richtigen Umgang mit der Affäre zu finden. Am Donnerstag habe | |
man ein Treffen mit den Frauen aus Redaktion und Verlag einberufen, sagt | |
Anna Sauerbrey. „Es ist uns wichtig, dass hier nichts von oben dekretiert | |
wird, sondern dass wir uns nach den Bedürfnissen der Kolleginnen richten“. | |
Zusammen mit Geschäftsführerin Ulrike Teschke habe sie die Mitarbeiterinnen | |
angehört und Wünsche notiert. | |
## Nicht das erste #MeToo in der Medienbranche | |
Die angekündigte Ombudsfrau, die Ansprechpartnerin bei Fällen von | |
Belästigung sein wird, soll von außerhalb des Hauses kommen. „Damit keine | |
freundschaftliche Beziehung zu möglichen Tätern besteht“, sagt Sauerbrey. | |
„Bei den vorliegenden Fällen hat der betreffende Kollege den Frauen | |
gegenüber immer wieder Andeutungen gemacht, er sei im Haus gut vernetzt. | |
Das stimmte zwar nicht, aber er hat es als Druckmittel eingesetzt.“ | |
Aber auch im Haus soll es Ansprechpersonen geben. „So lässt sich ein Fall | |
auch mal zwischendurch im kurzen Gespräch schildern, ohne dass man das | |
Gefühl hat, man beschreitet einen offiziellen Weg.“ Und schließlich ist ein | |
anonymer „Briefkasten“ im Gespräch. Das könnte etwa ein besonders | |
gesicherter elektronischer Kanal sein, an den Betroffene sich wenden können | |
ohne ihre Namen zu nennen. Kolleginnen sollen die Möglichkeit haben, frei | |
zwischen den verschiedenen Verfahren zu wählen. Ebenfalls im Gespräch ist | |
eine Handreichung für neue Kolleginnen, in der diese darüber informiert | |
werden, an wen man sich wenden kann. | |
Der Tagesspiegel-Fall ist nicht die erste #MeToo-Geschichte in der | |
deutschen Medienbranche. Nach den Vorwürfen gegen Fernsehregisseur | |
[2][Dieter Wedel] wurden im vergangenen Jahr auch Anschuldigungen gegen den | |
WDR-Programmleiter [3][Gebhard Henke] publik. Henke wurde Ende Mai von dem | |
Sender entlassen. Und auch in der Redaktion von Vice [4][sprachen im Zuge | |
der #MeToo-Debatte] einige ehemalige Mitarbeiterinnen von einer | |
„Macho-Kultur“, die dort zumindest zeitweise bestanden haben soll. | |
Wer die neuen Ansprechpersonen beim Tagesspiegel sein sollen, steht noch | |
nicht fest. Unter anderem muss zuerst noch geklärt werden, wer diese | |
bestimmt: ob sie zum Beispiel durch die Redaktion gewählt oder anderweitig | |
berufen werden. | |
25 May 2019 | |
## LINKS | |
[1] https://www.buzzfeed.com/de/pascalemueller/tagesspiegel-metoo-belaestigung-… | |
[2] /Medienbericht-ueber-sexuelle-Uebergriffe/!5479969 | |
[3] /Belaestigung-beim-WDR/!5503590 | |
[4] /Nach-New-York-Times-Recherche/!5473338 | |
## AUTOREN | |
Peter Weissenburger | |
## TAGS | |
Schwerpunkt #metoo | |
sexuelle Belästigung | |
Tagesspiegel | |
Berlin | |
Toxische Männlichkeit | |
Buzzfeed | |
Buzzfeed | |
Schwerpunkt #metoo | |
WDR | |
WDR | |
WDR | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Buzzfeed Deutschland: Käufer gesucht | |
Der deutsche Ableger des US-amerikanischen Medienunternehmens wird | |
verkauft. Greift niemand zu, ist es das Aus für die Redaktion. | |
Unternehmenskultur der Deutschen Welle: Ein Gesprächsangebot | |
Nach interner Kritik reagiert die Leitung der Deutschen Welle mit einem | |
Brief an die Mitarbeitenden. Sie will mit den Betroffenen sprechen. | |
Sexuelle Belästigungen im WDR: Mehr als #MeToo | |
Steile Hierarchien und große Abhängigkeiten: Ein Gutachten attestiert dem | |
WDR Strukturprobleme, die Machtmissbrauch begünstigten. | |
Belästigungsvorwürfe beim Fernsehen: WDR entlässt Korrespondenten | |
Zwei Frauen hatten einem WDR-Korrespondenten sexuelle Belästigung und | |
Machtmissbrauch vorgeworfen. Nun heißt es vom Sender, er sei fristlos | |
entlassen. | |
Belästigung beim WDR?: Vorwürfe von sechs Frauen | |
Dem freigestellten WDR-Fernsehfilm-Leiter Gebhard Henke werfen sechs Frauen | |
Belästigung vor. Unter ihnen ist auch die Autorin Charlotte Roche. |