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# taz.de -- Birnenschnaps im Syndikat: Striptease eines Immobilienriesen
> Stückweise werden das Immobilien-Geflecht um Pears Global und dessen
> Steuertricks entblößt. Das Syndikat hat inzwischen eine Räumungsklage.
Bild: Serviervorschlag Pears Global
Berlin taz | Vom Mieterprotest einer einzelnen Kneipe bis zur Aufdeckung
eines großen Skandals ist es manchmal gar nicht so weit. Zweifelsohne
bleibt es eine erstaunliche Geschichte in Zeiten von Verdrängung: Der
linken Szenekneipe Syndikat droht nach 30 Jahren Politik, Saufen und Kicker
die Räumung, nachdem eine eher unbekannte Immobilien-GmbH ihr Haus gekauft
hatte. Gewerbemietverträge sind jederzeit kündbar, inzwischen liegt die
Räumungsklage gegen die Kneipe vor – dennoch wollte das Syndikat nicht
einfach kapitulieren, sondern den Protest zu den Besitzern tragen.
Und tat das es durchaus erfolgreich: Auf der Suche nach dem Eigentümer
stieß das linke Kneipenkollektiv auf ein Netzwerk vieler GmbHs, die alle
zur selben Adresse im Steuerparadies Luxemburg führten. Eine dieser
Briefkastenfirmen, die auch in Dänemark ihr Unwesen treibt, ließ
schließlich über das strengere dänische Handelsregister Rückschluss auf die
wahre Identität der Eigentümer zu: die britische Milliardärsfamilie Pears,
die weltweit ihren Reichtum verschleiert und seit einiger Zeit auch in
Deutschland mit Wohnraum spekuliert.
Ihre Recherche dazu hatte das Syndikat bereits [1][vergangenen November
erstmals veröffentlicht] und Anfang April bei Birnenschnaps (Englisch pear,
höhö) nochmal mit allen Details vorgestellt.
Nun haben Tagesspiegel und Correctiv mit einer [2][Recherche weitere
interessante Erkenntnisse] über den dubiosen Immobilienriesen gewonnen:
Nachweislich 3.000 Wohnungen besitzen allein rund 25 von 76 Firmen, die
sich einen Briefkasten in Luxemburg mit recht großem Namensschild teilen.
Das geht aus 110 Grundbuchakten vor. Die Dunkelziffer dürfte noch höher
liegen: Pears hatte auf ihrer inzwischen vom Netz genommenen Website selbst
geschrieben, [3][dass sie rund 6.200 Wohnungen besitzt], den Großteil davon
in Berlin.
Hübsch ist in der Recherche noch einmal das Immobiliengeflecht
aufgedröselt: Angefangen bei den Briefkästen in Luxemburg, die wiederum
Holdings in Zypern gehören, welche ihrerseits Eigentum von Firmen auf den
britischen Jungferninseln sind. Profite schiebt die Milliardärsfamilie so
lange hin und her, bis kaum noch Steuern anfallen.
## 535 Euro Steuern
Und so hat der Briefkasten, dem das Syndikat gehört, im Jahr 2017 schlappe
1,2 Millionen Euro verdient und dafür nur 535 Euro Steuern gezahlt. Und
wenn man angesichts dieser Zahlen noch die schönen Yachten und Anwesen im
Hinterkopf hat, die das Syndikat in seiner Präsentation zeigte, ja, dann
kann das Gebaren der britischen Milliardärsfamilie schon ein wenig wütend
machen.
Ähnlich dürfte es der Steuerfahndung, Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD)
und auch der linken Senatsverwaltung für Stadtentwicklung gehen. Denn was
folgt eigentlich auf den ungewollten Striptease des unlauteren
Finanzriesen? Genau: erst mal wenig.
Denn während Kollatz von einer ländergenauen Gewinnabrechnung
(Country-by-Country-Besteuerung) träumt, dafür aber internationalen
Rückhalt bräuchte, der nicht einmal auf Bundesebene in der Groko besteht,
kann die linke Senatsverwaltung für Stadtentwicklung nicht mit Sicherheit
sagen, wie viele Wohnungen Pears Global eigentlich besitzt. Auf der
Senatsliste der Unternehmen, die von dem [4][Enteignungs-Volksbegehren]
betroffen wären, ist Pears jedenfalls noch immer nicht vertreten.
4 Jun 2019
## LINKS
[1] /Linke-Kneipe-enttarnt-Immobilienriesen/!5548679/
[2] https://interaktiv.tagesspiegel.de/lab/das-verdeckte-imperium/
[3] /Linke-Kneipe-enttarnt-Immobilienriesen/!5548679/
[4] https://www.dwenteignen.de/
## AUTOREN
Gareth Joswig
## TAGS
Syndikat
Verdrängung
Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin
Immobilien
Unternehmen
Enteignung
Syndikat
Syndikat
Neukölln
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