Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kommentar Foltervorwürfe gegen Türkei: Bitten reicht nicht
> Die Türkei weist die Vorwürfe des Journalisten Deniz Yücel zurück und
> beschuldigt das Folteropfer der Verleumdung. Die Bundesregierung hält
> still.
Bild: Auf dem Weg zur Aussage: Deniz Yücel am vergangenen Freitag vor dem Amts…
Es war nicht anders zu erwarten. Nachdem [1][Deniz Yücel] am Freitag
vergangener Woche detailliert beschrieben hatte, wie und von wem er während
seiner U-Haft in der Türkei gefoltert worden war, wies das türkische
Außenministerium die Beschuldigungen kategorisch zurück. Bei uns doch
nicht. Niemals. Das hätte doch die türkische Staatsanwaltschaft auch im
Falle Yücels längst festgestellt. Wie immer in solchen Fällen setzte
Präsident Erdogans noch eins drauf und beschuldigte seinerseits das Opfer,
es wolle nur die Türkei verleumden.
Wie gesagt, diese Reaktion war genau das, was zu erwarten war. Spannender
ist deshalb die Frage, wie die deutsche Bundesregierung angesichts der
glaubwürdigen Erklärung eines ihrer Staatsbürger, in einem Land, das
angeblich mit Deutschland partnerschaftlich verbunden ist, gefoltert worden
zu sein, reagiert. Um es klar zu sagen, bislang hat die Bundesregierung so
gut wie gar nicht reagiert. Die zaghafte Bitte in Richtung Ankara, das
dortige Regime möge sich doch bitte ganz grundsätzlich an die
Verpflichtungen halten, die sich aus der Anti-Folter Konvention der UN
ergeben, ist ein schlechter Witz.
Um Erdogan zu einer ernsthaften Reaktion zu zwingen, müsste man dem
Despoten vom Bosporus, mit ganz anderen Schritten drohen, als einem
freundlichen Briefchen, das in Ankara umgehend im Papierkorb landet. Wenn
der Bundesregierung ernsthaft daran liegen würde, dass [2][Foltervorwürfe
in der Türkei] untersucht und Folter geahndet wird, müsste man die
[3][Hermesbürgschaften streichen], Investoren vor dem Willkürregime
Erdogans warnen und die Handelsgespräche auf EU-Ebene auf Eis legen. Mit
anderen Worten, Merkel und Maas müssten ein richtiges Fass aufmachen.
Warum passiert das nicht? Weil Merkel und Maas wissen, dass sich die
Aufregung nach zwei drei Tagen ritualisierter Empörung schon wieder legen
wird, weil es doch andere Probleme gibt, die angeblich viel wichtiger sind,
siehe Trump und Iran oder die Europawahlen und so weiter. Schließlich geht
es ja auch noch um große Aufträge von Siemens und anderen, die Erdogan zu
vergeben hat und die drei Millionen Syrer in der Türkei gibt es ja auch
noch. Vor allem aber, auch die Wähler und Wählerinnen vergessen schnell.
Wer sieht, wie deutsche Urlauber angesichts der Schwäche der türkischen
Lira zu Schnäppchenpreisen in Millionenscharen an die türkischen Strände
drängen, kann sich gut vorstellen, wie sehr dem deutschen Michel die Folter
in der Türkei auf der Seele liegt.
13 May 2019
## LINKS
[1] /Tuerkei-Korrespondent-Deniz-Yuecel/!5594386
[2] /Journalistin-ueber-ihre-Freilassung/!5552312
[3] /Wirtschaft-in-der-Tuerkei/!5576477
## AUTOREN
Wolf Wittenfeld
## TAGS
Schwerpunkt Protest in der Türkei
Deniz Yücel
Putschversuch Türkei
Recep Tayyip Erdoğan
Außenpolitik
Deniz Yücel
Deniz Yücel
Deniz Yücel
Schwerpunkt Türkei unter Erdoğan
taz.gazete
## ARTIKEL ZUM THEMA
Journalist zu Unrecht inhaftiert: Schadensersatz für Yücel
Das türkische Verfassungsgericht gibt „Welt“-Reporter Deniz Yücel recht.
Seine einjährige Untersuchungshaft war rechtswidrig.
Deniz Yücel im Frankfurter Literaturhaus: Von der Freiheit in Haft
Der Journalist spricht mehr als ein Jahr nach seiner Freilassung über seine
Zeit in türkischem Knast. Sein Buch soll im Oktober erscheinen.
Türkei-Korrespondent Deniz Yücel: „Ich wurde gefoltert“
Der in der Türkei angeklagte Journalist Deniz Yücel hat vor Gericht
ausgesagt. Er erhebt schwere Vorwürfe gegen Präsident Erdoğan.
Kommentar deutsch-türkisches Verhältnis: Die neue Normalität
Die deutsch-türkischen Beziehungen sind noch immer angespannt. Das ist
nicht überraschend, denn an den Ursachen hat sich nichts geändert.
Journalistin über ihre Freilassung: „Ich staune über den Optimismus“
Nach acht Monaten Haft ist sie frei. Andere Deutsche bleiben in der Türkei
inhaftiert. Meşale Tolu über die Taktik der türkischen Regierung.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.