# taz.de -- Gartenprojekt in Kreuzberg: Grünes schaffen im Schatten der taz | |
> Auf einer Brache an der Friedrichstraße wird in einem | |
> Urban-Gardening-Projekt gegärtnert – direkt neben dem neuen Haus der taz. | |
Bild: Es grünt so grün, gleich neben dem taz-Haus | |
Seit Anfang April wird auf dem Brachgelände neben dem neuen taz-Haus ein | |
Garten von gleich drei Urban-Gardening-Projekten angelegt, die taz hilft | |
mit Wasser und Strom aus. Zunächst haben die Aktivisten an den Wochenenden | |
Unmengen Holz angeschleppt beziehungsweise von „Sponsoren“ aus der | |
Holzbranche geliefert bekommen. Damit bauten sie jede Menge Tiefbeete und | |
Hochbeete, Pergolas, Bänke und Einfassungen. An denen zur Friedrichstraße | |
hin schrieben Kritiker des Gartenvorhabens mit dickem Pinsel und in Rot: | |
„Wohnungen statt Gurken!“ | |
Gelegentlich kamen Gebrauchtwagenhändler vorbei und erkundigten sich bei | |
den Gärtnern: „Wie kommt man an das Grundstück ran?“ Die Antwort: Gar | |
nicht, man habe das dem Land gehörende Gelände vom Bezirk zur Verfügung | |
gestellt bekommen und werde es bis zur Bebauung – der Errichtung eines | |
weiteren „Mixed-Use-Komplexes“ – gärtnerisch nutzen. | |
Die enttäuschten Gebrauchtwarenhändler stutzten: Garten? Es sah bis zu dem | |
Moment eher nach einem Übungsgelände von Architekturstudenten oder von | |
Lehrlingen des Holzbaugewerbes aus. Aber dann kam Erde in die Holzbeete und | |
es wurden die ersten Büsche und Blumen gepflanzt. | |
Von den ganzen wunderbaren chinesischen Götterbäumen hatte die vorherige | |
Beräumung des Grundstücks mit schwerem Gerät nur einen einzigen Sprössling | |
am Leben gelassen, weil der zu nahe an der Straße stand. Auch der trieb nun | |
wie all das neu Angepflanzte um ihn herum Blätter aus. Gleich daneben | |
tauchte eine weitere Kritikerparole auf: „Bezahlbare Wohnungen statt | |
Nachbarschafts-Müllplatz!“ Sie wurde von den Gärtnern übermalt. Und es | |
entstanden weitere Pergolas, die mit Rankgewächsen bepflanzt wurden. | |
## Was mit menschlicher Dimension | |
Mitte Mai war es dann so weit: Alle Passanten in der Friedrichstraße, die | |
von den absonderlichsten Architekturprojekten gesäumt ist (allein schon das | |
brandneue Öko-Glas-Stahl-Haus der taz), blieben doch, wenn überhaupt, vor | |
dem Urban-Gardening-Projekt stehen und schauten sich die Sache genauer an; | |
Kinder zogen ihre Eltern quasi gewaltsam von der anderen Straßenseite zum | |
Garten rüber. | |
Ein Vater meinte: „Das ist das einzige Bauprojekt in der ganzen | |
Friedrichstraße, das menschliche Dimensionen hat. Meine Tochter kuckt jeden | |
Tag, wie und wo was Neues dazugekommen ist. Ich denke manchmal, dass die | |
Leute auf dem Gelände lieber basteln als gärtnern, aber das Ergebnis kann | |
sich sehen lassen. Und vielleicht sind sie ja irgendwann fertig und | |
konzentrieren sich nur noch auf die Pflanzen. Obwohl …“ Er zeigte auf einen | |
großen Stapel von Brettern und Balken am Rande des Gartens: „Wenn die das | |
auch noch alles verbauen wollen, dann sind sie nächstes Jahr noch nicht | |
fertig damit.“ | |
Eine Feministin widersprach ihm: „Sehen Sie das nicht – die geschlechtliche | |
Arbeitsteilung?! Die Frauen gärtnern und die Männer basteln mit Holz, nur | |
das Wässern der Pflanzen erledigen sie zusammen.“ „Quatsch“ sagte eine F… | |
mit russischem Akzent, „Ich komme hier öfter vorbei, das ist heute ein | |
reiner Zufall, morgen machen vielleicht ganz andere weiter.“ „Wer sind die | |
denn überhaupt?“, wollte ein junger Mann wissen. „Freiwillige!“, bekam er | |
zur Antwort – und wie die Russin das sagte, hatte es einen etwas bitteren | |
Beigeschmack. „Wir sind aufgefordert, uns zu beteiligen,“ fügte sie hinzu … | |
und zeigte auf eine Art Bauschild: „Da steht’s!“ | |
Schwang da Entrüstung mit? | |
19 May 2019 | |
## AUTOREN | |
Helmut Höge | |
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