Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Urteil gegen Ex-„Cumhuriyet“-Mitarbeiter: Angst erzeugen
> Mitarbeiter der Zeitung müssen wieder ins Gefängnis. Damit wird der Druck
> auf die demokratischen Kräfte der Türkei aufrecht erhalten.
Bild: Die Beschuldigten Ex-Mitarbeiter der Cumhuriyet
Sechs Mitarbeiter der türkischen Tageszeitung Cumhuriyet mussten am
Donnerstagnachmittag zurück ins Gefängnis, nachdem ein Gericht in Istanbul
entschieden hatte, dass ihre Haftstrafen rechtmäßig sind. Der Karikaturist
Musa Kart, die Journalisten Güray Öz und Hakan Karader und ein Buchhalter,
ein Rechtsanwalt und ein Vorstandsmitglied müssen ihre verbleibende
Haftstrafen verbüßen. Dem Urteil zufolge haben sie terroristische
Organisationen unterstützt. Doch die ganze Welt weiß, worum es eigentlich
ging: um ihren Journalismus.
Die Cumhuriyet-Mitarbeiter waren im November 2016 das erste Mal verhaftet
worden. Der Cumhuriyet-Prozess im Jahr 2017 wurde in ganz Europa mit großer
Aufmerksamkeit verfolgt. Das Verfahren gegen die Journalisten wurde zum
Symbol für alles, was seit dem Putschversuch 2016 in der Türkei schieflief:
Medien, die per Dekret geschlossen wurden, Massenverhaftungen wegen
Terrorvorwürfen, der unaufhaltsame Rutsch in den Autoritarismus unter
Erdoğans Herrschaft. Für manche wurde die Cumhuriyet zum Zeichen für alles,
worum es sich in der Türkei zu kämpfen lohnt. Doch in der Zwischenzeit
scheint die Hoffnung auf eine demokratische Türkei etwas schwächer und von
der alten Cumhuriyet nicht viel übrig zu sein.
Wie in einem schlechten Film erfuhren die Gefangenen, die im Juli 2017
zunächst freigelassen worden waren, dass es ihre Zeitung so nicht mehr gab:
Ein alter Chef der Zeitung, der gegen sie ausgesagt und ihre Verhaftung mit
veranlasst hatte, hatte inzwischen die Cumhuriyet per Gerichtsentscheid
übernommen.
Die aus dem Gefängnis Entlassenen kündigten, einige suchten anderswo
Arbeit, andere zogen sich zurück und verbrachten jede Minute mit ihrer
Familie. Denn sie wussten, dass sie zurück ins Gefängnis müssten, wenn ihre
Haftstrafen vom Revisionsgericht bestätigt werden würden. Und so kam es.
## Meinungsfreiheit des Lynchmobs
Bevor er zurück ins Gefängnis ging, verabschiedete sich der Karikaturist
Musa Kart in einem Tweet: „Der Mann, der mit der Faust zuschlug, ist frei,
der Karikaturist und die Journalisten sind im Gefängnis.“ Er bezog sich auf
den Mann, der am Sonntag den Oppositionsführer Kemal Kılıçdaroğlu auf einem
Soldatenbegräbnis in Ankara angegriffen hatte. Der Parteichef der CHP war
von der Menschenmenge fast gelyncht worden.
Ein Täter, der festgenommen wurde, wurde wenig später freigelassen und von
Erdoğan-Anhängern zum Helden erklärt. Die Angriffe des Lynchmobs wurden mit
Meinungsfreiheit gerechtfertigt. Denn das, nicht Journalismus, ist die neue
Definition von Meinungsfreiheit in der Türkei.
26 Apr 2019
## AUTOREN
Ali Çelikkan
## TAGS
Türkei
Pressefreiheit in der Türkei
Cumhuriyet
Recep Tayyip Erdoğan
Türkei
Schwerpunkt Türkei
taz.gazete
## ARTIKEL ZUM THEMA
Urteil gegen Ex-„Cumhuriyet“-Mitarbeiter: Journalisten im Knast
Frühere Mitarbeiter der regierungskritischen Zeitung müssen nach einem
aktuellen Urteil Haftstrafen antreten. Ihnen wird ihre journalistische
Arbeit vorgeworfen.
ROG-Vertreter vor Gericht: Prozess gegen Önderoğlu vertagt
Erol Önderoğlu, Vertreter von Reporter ohne Grenzen, ist wegen
„Terrorpropaganda“ angeklagt. Die Verhandlung wurde auf Juni vertagt.
Anklage nach 477 Tagen in U-Haft: Rache für Gezi-Proteste
Die Istanbuler Staatsanwaltschaft fordert lebenslange Haft für den
Kulturmäzen Osman Kavala und 15 weitere Personen. Sie sollen die
Gezi-Proteste organisiert haben.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.