# taz.de -- Nach der Übernahme durch Bayer: Monsanto versaut Ökobilanz | |
> Durch den Kauf von Monsanto belastet Bayer die Umwelt stärker als vorher. | |
> Aktivisten beantragen deshalb, den Konzernvorstand nicht zu entlasten. | |
Bild: Drum prüfe, wer sich ewig bindet: Das gilt auch für Unternehmen | |
BERLIN taz | Die Übernahme des US-Saatgut- und Pestizidherstellers Monsanto | |
hat die Umweltbilanz des Leverkusener Chemiekonzerns Bayer erheblich | |
belastet. Bayer habe 162 Monsanto-Standorte mit einem hohen Energiebedarf | |
übernommen, heißt es in einer bisher kaum beachteten Passage des | |
[1][Geschäftsberichts für 2018]. | |
„Dadurch erhöhen sich fast alle Umweltkennzahlen im Vergleich zum Vorjahr | |
deutlich.“ Die Aktionärin Christiane Schnura, Mitglied der Initiative | |
„Coordination gegen Bayer-Gefahren“, hat deshalb beantragt, den Vorstand | |
bei der Hauptversammlung am 26. April in Bonn nicht zu entlasten. | |
Allein der Ausstoß von Treibhausgasen ist laut dem Bericht 2018 im | |
Vergleich zum Vorjahr um 50 Prozent auf 5,45 Millionen Tonnen gestiegen. | |
Dabei beinhaltet die aktuelle Bilanz nur den Teil der Monsanto-Emissionen, | |
der seit dem 7. Juni anfiel, denn erst an dem Tag schloss Bayer den Kauf | |
der Firma offiziell ab. Über ein ganzes Jahr gerechnet wäre die Klimabilanz | |
also noch schlechter. | |
Der Grund für die gestiegenen Emissionen hängt laut Konzern vor allem damit | |
zusammen, dass Bayer nun Produktionsstätten für Saatgut und Pestizide von | |
Monsanto gehören. Diese würden viel Energie verbrauchen, erklärte das | |
Unternehmen. Die schlechtere Umweltbilanz könnte dazu beitragen, dass das | |
Image von Bayer nach dem Kauf von Monsanto weiter beschädigt wird. | |
## Schlechtere Reputationswerte | |
Die Reputationswerte sind laut Konzernangaben vor allem in Deutschland und | |
Frankreich zurückgegangen, nachdem Monsanto in den USA bereits in zwei | |
Fällen zu millionenschwerem Schadenersatz wegen Krebserkrankungen durch das | |
Pestizid Glyphosat verurteilt worden ist. | |
Vor der Übernahme sah sich Bayer klimapolitisch gesehen auf einem guten | |
Weg: Zwischen 1990 und 2015 hatte der Konzern seine absoluten | |
Treibhausgas-Emissionen nach eigenen Angaben reduziert – obwohl er | |
gleichzeitig mehr produziert hat. Weil Bayer das energieintensive | |
Kunststoffgeschäft schrittweise verkauft, sei der Ausstoß klimaschädlicher | |
Gase zwischen 2015 und 2018 nochmals um 26,8 Prozent gesunken. Das war noch | |
ohne Monsanto. | |
Auch die Energieeffizenz hat sich wegen der Übernahme der US-Firma | |
verschlechtert. „Während Bayer in den letzten Jahren den Energie-Einsatz | |
pro Außenumsatz-Einheit zu reduzieren vermochte, kehrt sich die Entwicklung | |
jetzt um“, schreibt Aktivistin Schnura in ihrem Antrag. | |
Außenumsatz sind die Einnahmen, die ein Unternehmen mit Kunden, nicht mit | |
Tochterfirmen erzielt. Verbrauchte Bayer 2017 noch 204,93 Kilowattstunden | |
pro 1.000 Euro Umsatz, waren es im vergangenen Jahr bereits 278. Das | |
Unternehmen hat also wegen Monsanto mehr Energie verbraucht, um 1 Euro | |
einzunehmen. | |
Zudem erzeuge Bayer immer mehr Energie mit klimaschädlichen | |
Flüssigbrennstoffen wie Heizöl oder Diesel, monierte Schnura. Der Verbrauch | |
erhöhte sich laut Unternehmen um den Faktor 15 auf 3.491 Terajoule an. Auch | |
gesundheitsschädlichen Feinstaub stößt der Konzern jetzt in noch größeren | |
Mengen aus. | |
Wegen der Monsanto-Standorte seien die „Staubemissionen deutlich von 60 | |
Tonnen auf 2.370 Tonnen“ gestiegen, heißt es im Geschäftsbericht. Das liege | |
zum einen an der „Förderung und Aufbereitung von Rohstoffen für | |
Pflanzenschutzmittelvorprodukte, zum anderen fallen bei der | |
Saatgutproduktion (Mais und Soja) größere Mengen Staub an.“ | |
Die gesundheitsschädlichen Stickoxid-Emissionen verdoppelten sich demnach | |
beinahe auf 4.360 Tonnen. Bayer stieß dem Bericht zufolge auch siebenmal | |
mehr giftiges Kohlenstoffmonoxid aus als im Vorjahr. Das „ist im | |
Wesentlichen“ auf die Fahrzeugflotte von Monsanto zurückzuführen, so das | |
Unternehmen. | |
## Mehr Schadstoffe in Gewässern | |
Die neue US-Tochter war laut Konzern auch maßgeblich dafür verantwortlich, | |
dass Bayer mehr Schadstoffe in die Gewässer leitete als 2017. Die | |
Phosphor-Menge verfünffachte sich fast auf 180 Tonnen. Stickstoff legte um | |
13 Prozent auf 450 Tonnen zu. Sind zu viele dieser Nährstoffe in Gewässern, | |
sterben Pflanzen- und Tierarten dort aus. | |
„Das alles interessierte das Management allerdings nicht, als es den Erwerb | |
von Monsanto erwog“, schreibt Schnura in ihrem Antrag weiter. „Die | |
verheerenden Auswirkungen des Deals auf die Umweltbilanz des Unternehmens | |
hat der Vorstand bewusst in Kauf genommen. Deshalb ist ihm die Entlastung | |
zu verweigern.“ Ein Bayer-Sprecher wollte sich auf taz-Anfrage nicht dazu | |
äußern. | |
Laut [2][Aktiengesetz] bedeutet die Entlastung, dass die Aktionäre das | |
Verhalten des Vorstands billigen. Eine Nichtentlastung hat keine | |
rechtlichen Folgen, gilt aber als symbolischer Misstrauensbeweis. Er würde | |
den Druck auf den Vorstand erhöhen, der wegen Glyphosat-Prozesse sowieso | |
schon unter Beschuss steht. | |
Auch der Verein der Coordination sowie zwei weitere Aktionäre haben bereits | |
beantragt, das Führungsgremium nicht zu entlasten. Die beiden großen | |
angelsächsischen Stimmrechtsberater ISS und Glass Lewis empfehlen den | |
Aktionären, solchen [3][Gegenanträgen] zuzustimmen. | |
Die 63 Milliarden Dollar schwere Übernahme von Monsanto im vergangenen | |
Sommer hat Bayer gut 37 Milliarden Euro an Börsenwert gekostet. Aktuell ist | |
der Konzern noch knapp 57 Milliarden Euro wert – und damit umgerechnet etwa | |
so viel, wie er für Monsanto gezahlt hat. Zwischenzeitlich war Bayer sogar | |
billiger. | |
In den USA sieht sich der Konzern mit mehr als [4][11.200 Klagen wegen | |
Krebserkrankungen] durch das glyphosathaltige Unkrautvernichtungsmittel | |
Roundup konfrontiert. Bayer hat zwar Berufung gegen die beiden | |
Verurteilungen zu Schadenersatz eingelegt, viele Expertinnen und Experten | |
gehen aber bereits von einem teuren Vergleich aus. (mit rtr) | |
15 Apr 2019 | |
## LINKS | |
[1] http://www.geschaeftsbericht2018.bayer.de/ | |
[2] https://www.gesetze-im-internet.de/aktg/__120.html | |
[3] https://www.bayer.de/de/hv-2019-gegenantraege.pdfx | |
[4] /Urteil-gegen-Glyphosat-in-den-USA/!5584009 | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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