Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Rassismus in Tschechien: Politiker wegen Hautfarbe attackiert
> Der populäre tschechische Politiker Dominik Feri wurde rassistisch
> angegriffen. Im Internet wird der 22-Jährige deswegen mit Häme überzogen.
Bild: Dominik Feri zog 2017 als jüngster Abgeordneter ins tschechische Parlame…
Prag taz | Mit einem hämischen „selbst schuld“ erhob sich an Ostermontag
das halbe tschechische Internet über eine Prügelattacke auf den
Parlamentsabgeordneten Dominik Feri. Der mit 22 Jahren jüngste
Volksvertreter Tschechiens war vor einem Festzelt im Südosten von Mähren
brutal zusammengeschlagen worden. Mit einem „Neger gehören nicht in die
Politik“ trat ein Vater-Sohn-Duo vor dem Festzelt auf Feri ein, dessen
Großvater aus Äthiopien stammt, und verursachten ihm eine Schnittverletzung
am Rücken. „Hey, wir können politisch verschiedener Meinung sein, aber wir
müssen uns nicht körperlich angreifen“, postete Feri auf Instagram.
Die sozialen Netzwerke sind das Revier Feris, der sich selbst als
„nordböhmischer Patriot“ bezeichnet. Und das mit einer gehörigen Prise
Humor. Denn Nordböhmen ist seit 1945 das Stiefkind des Landes: bis heute
gezeichnet von Industrie, Tagebau, Arbeitslosigkeit, Drogenküchen,
Prostitution und Roma-Ghettos. Politisch dominieren traditionell die
Kommunisten, nur in den letzten Parlamentswahlen 2017 mussten sie sich
gegenüber den Rechtspopulisten der „Partei der direkten Demokratie“
geschlagen geben.
Hier liegen die Wurzeln Dominik Feris: geboren in Kadaň, einer alten Stadt,
die früher mal Kaaden hieß und deren gotischer Kirchturm von der Landstraße
aus zu sehen ist, die die Kohlekraftwerke der Region mit den
Braunkohlegruben verbinden. Aufgewachsen ums Eck, im einst mondänen Kurort
Teplice am Fuße des Erzgebirges, engagiert sich Feri schon früh politisch.
Hochgewachsen und aufgeweckt, kommentiert er schon als Gymnasiast das Leben
im wilden Norden. Oft mit viel Selbstironie, die er besonders gerne auf den
sozialen Netzwerken preisgibt.
Er spricht die Sprache seiner Generation. Mit nur 18 Jahren rückt Feri 2014
in den Stadtrat von Teplice nach. Parteipolitisch gibt er sich anfangs
unabhängig, aber nahe der liberal-konservativen TOP 09. Im Jahr nach seiner
Wahl zum Ratsherrn tritt er in die Partei ein. Sofort findet er dort seinen
politischen Mäzen in der grauen Eminenz der Partei, Karel Schwarzenberg.
Der heute 81-jährige Aristokrat, der 2013 knapp das Präsidentenamt
verpasste, gilt als moralischer Nachlassverwalter des 2011 verstorbenen
Präsidenten Václav Havel. Dominic Feri machte Schwarzenberg im Alter von
nur 19 Jahren zu seinem Berater.
Ein guter Schachzug, wie sich in den Wahlen 2017 zeigte. Mit einem
Stimmanteil von nur 5,31 Prozent schaffte es die TOP 09 buchstäblich in
letzter Minute über die Fünf-Prozent-Hürde. Unter den sieben Mandaten, die
die Partei im 200-köpfigen Abgeordnetenhaus erlangte, war auch Dominic
Feri. Er hatte den Sprung vom letzten Listenplatz des Wahlbezirks
geschafft: genau 15.003 Prager Wählerinnen und Wähler nutzten das Angebot
des tschechischen Wahlgesetzes, Favoriten unter den Kandidaten mit so
genannten Präferinzstimmen zu wählen. Ein Wahlergebnis, das auch nach dem
Angriff für sich spricht: 15.003 Wähler gegen zwei besoffene Schläger.
24 Apr 2019
## AUTOREN
Alexandra Mostyn
## TAGS
Schwerpunkt Rassismus
Karel Schwarzenberg
Dominik Feri
Tschechien
Karel Schwarzenberg
Tschechien
Schwerpunkt #metoo
Andrej Babis
Holocaust
Schwerpunkt Rassismus
## ARTIKEL ZUM THEMA
Nachruf Politiker Karel Schwarzenberg: Der Geist des alten Mitteleuropas
Karel Schwarzenberg bemühte sich, dass Stimmen osteuropäischer Dissidenten
gehört werden. Am Samstag starb Tschechiens ex-Außenminister in Wien.
Polizeigewalt in Tschechien: Tschechiens George Floyd?
Ein Rom stirbt nach der Festnahme. Ein Polizist soll ihm sein Knie ins
Genick gedrückt haben. Laut Autopsie haben Drogen den Tod des Mannes
verursacht.
Tschechiens Politstar Dominik Freri: Vorwurf der Vergewaltigung
Der junge, aufstrebende Politiker Freri soll mehrere Frauen beleidigt und
sexuell missbraucht haben. Immer mehr Betroffene berichten.
Proteste in Tschechien: Frustrierte, vereinigt euch!
Zehntausende gehen gegen Premier Babiš auf die Straße. Die Unzufriedenheit
mit dem Mann, der zwei Millionen Euro EU-Gelder abgezweigt hat, wächst.
Diskriminierung von Roma in Tschechien: Plötzliche Liebe zu den Toten
Auf dem Gelände des ehemaligen Arbeitslagers Lety soll eine Gedenkstätte
für im NS ermordete Roma entstehen. Das ganze Land diskutiert mit.
Essay Roma in Osteuropa: Illusion der ethnisch reinen Nationen
Viele osteuropäische Staaten glauben, Roma gehörten nicht dazu, und stecken
sie in Ghettos. Dabei waren die Länder schon immer multikulturell.
Kommentar Rassimus in Ostereuropa: Melden und wegsehen
Medien und Politiker schauen gern weg, wenn es um den Rassimus im Osten
Europas geht. Brüssel müsste darauf bestehen, dass die Situation der Roma
verbessert wird.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.